Papilio erzeugt den Strom selbst mit Windenergie und geht nur an, wenn jemand vorbei läuft.
Dass unsere Städte nachts nicht in Dunkelheit versinken, ist zweifellos aus vielen Gründen wichtig. Aber die Illumination hat ihren Preis, denn das künstliche Licht führt nicht nur zu Lichtverschmutzung, sondern der Energieverbrauch herkömmlicher Straßenlaternen, die jede Nacht brennen, trägt zur CO2-Bilanz der Städte bei. Dabei ließe sich mit Sicherheit in ruhigeren Straßen zu bestimmten Zeiten sogar ganz auf künstliche Lichtquellen verzichten.
Um einige dieser Probleme anzugehen, hat Tobias Trübenbacher, Designstudent an der Universität der Künste in Berlin, eine windbetriebene, bewegungsaktivierte Straßenlaterne entwickelt, die nicht nur Energie spart, sondern auch ein besseres Umfeld für die Artenvielfalt in der Stadt – und auch für Menschen – schaffen soll.
Seine Straßenbeleuchtung mit dem Namen Papilio verfügt über eine Windturbine in Form eines Nadelrads, das aus vier aerodynamischen Rotorblättern aus gefaltetem Blech besteht. Diese treiben einen 300-Watt-Generator an, der den Strom in einer wiederaufladbaren Batterie speichert. Die Rotorblätter sind so geformt, dass sie die komplexen und sich verändernden Luftströme in städtischen Umgebungen nutzen können, zum Beispiel natürliche Strömungen, von Gebäuden erzeugte Windkanäle und sogar den Luftstrom von Fahrzeugen. Idealerweise wird das Papilio-System in drei bis sechs Metern Höhe entweder an einem Mast oder an einer Wand montiert. Nach Angaben des Designers kann das Windrad so jederzeit etwa 12 Volt Strom erzeugen.
Der erzeugte Strom wird dann zum Betrieb der LED-Lampe sowie eines Bewegungssensors verwendet, damit die Lampe nur dann aktiviert wird, wenn jemand vorbeigeht. Das kleine Windrad könnte auch an das örtliche Netz angeschlossen werden, um überschüssige Energie in das Stromnetz zu speisen.
In Deutschland verbraucht die Beleuchtung von Straßen, Plätzen und Brücken derzeit so viel Strom wie etwa 1,2 Millionen Haushalte zusammen und stößt jährlich rund zwei Millionen Tonnen CO2 aus. Der Einsatz erneuerbarer Energien – wie eben auch Windenergie – könnte diese Emissionen aber deutlich reduzieren. Das Papilio-Windrad soll aber auch die andere Nebenwirkung der Straßenbeleuchtung eindämmen: die Lichtverschmutzung. Die Lampe selbst ist eine so genannte Full-Cutoff-Leuchte, d. h. sie ist gerade nach unten auf den Boden gerichtet und strahlt kein Licht nach oben ab. Gleichzeitig leuchtet sie in einer insektenfreundlichen Farbtemperatur von 2 800 Kelvin. Das könnte viele Insektenleben retten, denn angezogen vom hellen Schein der herkömmlichen Straßenlaternen werden sie dort zu einer leichten Beute oder es kommt zu tödlichen Zusammenstößen.
Die Lichtverschmutzung kann aber auch negative Auswirkungen auf andere Stadtbewohner haben. Nach Angaben von Globe at Night beeinträchtigt sie nachtaktive Tiere, Zugvögel und das Pflanzenwachstum und kann sich auch auf Menschen nachteilig auswirken. Künstliche Beleuchtung wird mit einer Störung der Melatoninproduktion in Verbindung gebracht, die den Schlaf behindert und zu Müdigkeit, Angstzuständen, Depressionen und sogar einigen Krebsarten führt.
Die nächtliche Illumination der Städte führt auch zu dem sogenannten „Skyglow“, also der Aufhellung des Nachthimmels über städtischen Gebieten, wodurch Stadtbewohner*innen kaum mehr Sterne sehen können. Auch wenn die Lichtverschmutzung damit vielleicht nicht so stark ins Gewicht fällt wie die anderen schädliche Einflüsse, so mindert sie doch die Lebensqualität in Städten.
Natürlich spielen Straßenlaternen auch eine wichtige Rolle in unseren Städten, insbesondere wenn es um die öffentliche Sicherheit geht. Und sie unter Umständen weitaus weniger an der Lichtverschmutzung beteiligt als bisher angenommen. Dennoch bringt die effizientere und nachhaltigere Gestaltung der Stadtbeleuchtung fraglos viele Vorteilen mit sich.
Derzeit wird das Papilio-System an mehreren Standorten in Berlin getestet und Trübenbacher hofft, mit seinem Design, sollte es in großem Maßstab eingeführt werden, dazu beitragen zu können,
Dass erneuerbare Energien für die Straßenbeleuchtung eingesetzt werden, ist nicht das erste Mal und vielerorts werden Laternen erprobt, die sich ausschalten, wenn niemand in der Nähe ist. In einer japanischen Kleinstadt werden alte Batterien aus Elektroautos für den Betrieb der Straßenbeleuchtung verwendet, und insbesondere in ländlichen Gebieten werden Sonnenkollektoren eingesetzt – aber sie haben auch ihre Nachteile, denn sie sind oft teuer, anfällig für Regen, Schnee und Staub und ihre Batterien müssen ausgetauscht werden. Wie gut die Papilio-Windräder im Feldeinsatz abschneiden, bleibt jedoch noch abzuwarten.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschien im Original auf unserer englischsprachigen Webseite.