Palmöl für die Energiewende: Die Ambivalenz der europäischen Biodieselpolitik

Palmöl-Plantagen in Malaysia.

Die Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe steigen in den kommenden Jahren massiv an. Neben der herkömmlichen Erdölproduktion treiben die Ausbeutung unkonventioneller Ölquellen wie Teersand oder Schwerstöl den Treibhauseffekt voran. Biokraftstoffe wie Palmöl gelten als eine Möglichkeit, Teile des weltweiten Kraftstoffverbrauchs klima- und umweltschonend zu decken - mit weitreichenden Folgen für die Landwirtschaft und Ökosysteme.

Autor*in RESET , 14.09.11

Die EU versucht nun, Mechanismen zur Regulierung der sogenannten Landnutzungsänderungen zu entwickeln, obwohl sie gerade durch gesetzliche Vorgaben erst die Grundlage für den massiven Ausbau der Palmölproduktion schafft.

Treibstoffe aus Pflanzen werden von der Politik immer noch als Wunderwaffe im Kampf gegen den Klimawandel angepriesen. Auch die EU will den Anteil an Agrotreibstoffen bis 2020 auf zehn Prozent steigern. Das Institut für Europäische Umweltpolitik (IEEP) hat errechnet, dass für dieses Ziel eine Fläche von sechs Millionen Hektar, die doppelte Größe Belgiens, nötig wäre. Schon jetzt reichen die einheimischen Rohstoffe in Europa nicht aus, um die aktuellen Beimischungsquoten zu erfüllen. Laut IEEP wird bei europäischem Biodiesel ein Importanteil von rund 41 Prozent erwartet.

Palmöl steht nach wie vor stark in der Kritik. Immer wieder werden illegale Rodungen von Regenwäldern aufgedeckt und seit Palmöl auch für die energetische Nutzung, also für Strom, Wärme und Kraftstoffe gefragt ist, scheint der Verursacher der zunehmenden Urwaldrodungen ausgemacht. 2010 wurden 53 Mio. Tonnen Palmöl genutzt. Davon fanden über 71 Prozent in der Nahrungsmittelindustrie Verwendung. Über 24 Prozent wurden für Seifen und andere kosmetische Industrieerzeugnisse benötigt und nur 4,7 Prozent dienten der energetischen Nutzung.

Indonesien und Malaysia sind mit einem Marktanteil von 44 Prozent und 43 Prozent die weltweit größten Palmöl-Produzenten. Palmöl wird vor Allem nach Indien, in die Europäische Union, China und Pakistan exportiert. Trotz der anteilig relativ geringen bioenergetischen Nutzung des Palmöls, steht gerade diese Form hinsichtlich der zunehmenden Flächennutzung und einhergehender Brandrodungen und Umweltbelastungen (z. B. „Haze“) in der Kritik. Im Fokus stehen die sogenannten Landnutzungsänderungen.

Bis zu einem Drittel Palmöl enthält in Europa die sogenannte Biodieselbeimischung. Dadurch tragen Europas Autofahrer beim Tanken zur Zerstörung der letzten Urwälder bei. Das ist das Ergebnis eines großangelegten Dieseltests von Greenpeace. Bei dem Test wurde der Biodieselanteil im Diesel auf seine Rohstoffe untersucht. Deutschland liegt mit je acht Prozent Palm- und Sojaöl in der Beimischung im Mittelfeld. In Italien wird der Agrodieselanteil aus durchschnittlich 37 Prozent Palmöl hergestellt, in Frankreich aus 28 Prozent Sojaöl.

Die Europäische Union überlegt nun, diese Landnutzungsänderungen über den ILUC-Faktor (Indirect Land Use Change) einzupreisen. Die ILUC-These besagt, dass die Biokraftstoffproduktion in Europa indirekt die Nahrungs- und Futtermittelproduktion auf bisher nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen außerhalb der EU verdrängen würde und somit dort erhebliche CO2-Emissionen verursache. Da der weltweite Bedarf an landwirtschaftlicher Biomasse aber generell ansteigt, wird die Wirksamkeit des CO2-Malus für die heimische Biokraftstoffproduktion kritisch gesehen.

Während dessen verdoppelten sich in Malaysia die Flächen zwischen 1986 und 1997 auf fast drei Mio. ha, bis 2005 wuchsen die Palmölplantagen weiter auf über 4 Mio. ha. In den letzten zehn Jahren haben Unternehmen vor allem in urwaldgeprägten Gebieten wie Sabah und Sarawak neue Plantagen errichtet. Mittlerweile machen Palmölplantagen zwei Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Fläche Malaysias aus. Und während die EU über Schutzmechanismen streitet, geht der Ausbau der Palmölindustrie weiter. Allein in Indonesien und Malaysia soll bis 2020 die Fläche von Palmöl-Plantagen auf rund 20 Millionen Hektar verdoppelt werden.

Besonders brisant ist dabei die durch die EU gesetzlich vorgeschriebene Beimischungsquote. Ist die bisherige Produktion von Diesel aus Palmöl noch eher bescheiden, erzeugt die Nachfrage aus Europa einen potentiell enorm großen Markt mit gesichertem Absatz. Nach Aussagen des malayischen Palmölverbands Malaysian Palm Oil Council (MPOC) würde mit der 10prozentigen EU-Agrodieselvorgabe ein jährlicher Bedarf von 15,7 Mio. Tonnen erzeugt, wovon der europäische Rapsanbau nur 6 Mio. befriedigen könne. Diese Lücke zu schließen, wollen sich Malaysia und Indonesien sicher nicht entgehen lassen.

Autor: energie-experten.org