Die Nutzung von Elektrofahrzeugen in Norwegen ist in der letzten Zeit bemerkenswert angestiegen. Im Dezember 2016 fuhren mehr als 100.000 E-Autos auf dortigen Straßen. Bei einer Gesamtbevölkerung von fünf Millionen Menschen macht das Norwegen zu dem Land mit den allermeisten Elektroautos pro Kopf.
Angetrieben wurde diese Entwicklung durch ein stärkeres Bewusstsein in Bezug auf Luftverschmutzung, CO2-Emissionen sowie Klimawandel und – das Wichtigste – durch einen gemeinsamen politischen Willen, etwas dagegen zu unternehmen. Bis 2050 will das Land CO2-neutral werden – andere grüne Transport-Initiativen Norwegens haben ebenfalls dieses Ziel.
Warum sind E-Autos in Oslo so beliebt?
Allein im Osloer Stadtgebiet waren bereits im Sommer 2015 mehr als 19.000 Elektroautos unterwegs – bei einer Bevölkerungzahl von 650.000. Durch eine Fülle von Anreizen und durch die Anwendung des umweltrechtlichen Verursacherprinzips („polluter pays principle“) konnte die Stadt mehr und mehr Menschen dazu bewegen, elektromobil zu werden.
Kostenlose Parkplätze, kostenfreies Aufladen an öffentlichen Stationen, freier Zugang zu Busspuren, Mautbefreiungen und eine Befreiung von der Umsatzsteuer: Durch diese Maßnahmen konnten sich E-Fahrzeuge als gute Alternative zu Benzin- und Dieselfahrzeugen positionieren – diese wiederum sind von einer höheren Besteuerung betroffen. Die Stadt unterstützt die Infrastruktur und Ladestationen für E-Autos und öffentliche Gelder werden zudem in neue Ladegeräte privater Unternehmen gesteckt. All das zusammengenommen sind gute Gründe für den bemerkenswerten Anstieg von E-Mobilen in der norwegischen Hauptstadt.
Ein Schlüsselfaktor ist aber auch die Energiequelle. Norwegen ist reich sowohl an erneuerbaren als auch nicht-erneuerbaren Energiequellen, was es dem Land erlaubt, die Aufladung von E-Fahrzeugen an öffentlichen Ladestationen zu subventionieren. Aus ökologischer Sicht kann E-Mobilität jedoch nur dann als Erfolg angesehen werden, wenn der Strom für die E-Fahrzeuge ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt. In der norwegischen Hauptstadt funktioniert das gut: Die Osloer E-Auto-Flotte gehört zu den weltweit saubersten, da ein Großteil des Stroms, der die Stadt versorgt, durch Wasserkraft gewonnen wird.
Allerdings zeigen Studien zur Eletroauto-Nutzung in Norwegen, dass E-Fahrzeuge normale Autos oft nicht ersetzen, sondern zusätzlich angeschafft werden: Nur 21 Prozent der E-Auto-Fahrer verlassen sich ausschließlich auf ihr strombetriebenes Fahrzeug, wohingegen 71 Prozent zusätzlich ein Benzin- oder Diesel-Auto besitzen.
Obwohl also E-Fahrzeuge immer gesellschaftsfähiger werden, scheint es so, als wären die Leute noch nicht restlos überzeugt. Der Grund dafür könnten Bedenken bezüglich der Reichweite von E-Mobilen sein – und außerhalb der Stadtzentren, in den entfernteren Winkeln des dünn besiedelten Landes ist die Sorge, keine Ladestation zu finden, durchaus begründet.
Ist der E-Auto-Boom auch anderswo möglich?
Es scheint, als wäre der Erfolg der Elektromobilität in Oslo eine glückliche Mischung aus Anreizen für schadstofffreie Fahrzeuge, Subventionen von Ladestationen, Strafen auf Basis des Verursacherprinzips und ein Reichtum an erneuerbaren Energiequellen. Jedoch wäre es für Norwegen ohne den politischen Willen und das Engagement lokaler und nationaler Regierungsvertreter wohl nicht möglich gewesen, diesen neuen Weg so erfolgreich zu beschreiten.
Der Markt für erneuerbare Energien wächst weiter und E-Autos werden immer wettbewerbsfähiger – eine erfolgreiche Verkehrspolitik für schadstofffreien Transport, eine Verbesserung der Luftqualität und die Reduzierung von CO2-Emissionen könnte also durchaus auch andernorts erfolgreich umgesetzt werden.
Angesichts des Konsens’ zu Klimawandel und vom Menschen verursachten Emissionen, der wachsenden Bewegung um das Divestment fossiler Energieträger und das Aufsehen, das der VW-Abgasskandal erregt hat, war die Öffentlichkeit wohl noch nie so bereit, sich für elektromobile Konzepte und Alternativen zu öffnen. Auch wenn die etablierte Autoindustrie in Europa noch immer versucht, das Unvermeidliche hinauszuzögern, zeigt Oslo, dass eine mutige Politik auf lokaler Ebene wirken kann – und tatsächlich wirkt.