Wälder unterstützen nicht nur die Biodiversität und verschiedene Lebensräume, sondern sind auch entscheidend für den Schutz von Wassereinzugsgebieten und die Regulierung des Wasserkreislaufs. Sie stabilisieren außerdem das Klima, reinigen die Luft und bereichern den Boden. Warum also holzen wir sie ab? Das Ökosystem des Amazonas wird oft als der beste Schutz der Natur gegen die globale Erwärmung betrachtet, seine Bäume absorbieren riesige Mengen an Kohlendioxid. Das Gebiet beherbergt darüber hinaus mehr als 3.000 Gemeinschaften von indigenen Völkern, deren Zahl jedoch jedes Jahr sinkt.
Der amtierende Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, leistet nicht gerade einen Beitrag, um das Gebiet zu schützen. Nicht nur hat seine Politik die Abholzungsraten im Amazonasgebiet erhöht, ihm wird außerdem vorgeworfen, „antiindigene“ Politik zu betreiben. Einer seiner ersten Schritte nach dem Amtsantritt war die Abschaffung der Regierungsstellen, die für die Bildung und Gesundheit der indigenen Bevölkerung zuständig sind. Im brasilianischen Amazonasgebiet leben derzeit rund 900.000 Menschen, die 305 verschiedenen Stämmen angehören. Boslonaro übertrug außerdem die Entscheidungen über indigenes Land dem Landwirtschaftsministerium, um zuvor geschützte Gebiete des Amazonas für die großflächige Landwirtschaft und den kommerziellen Bergbau zu öffnen.
Die brasilianische NGO Imaflora mit Sitz im Bundesstaat Sao Paulo wehrt sich dagegen und setzt sich für den Erhalt des Waldes ein, indem sie die dort lebenden indigenen Gemeinschaften durch eine Reihe von Projekten unterstützt. Eines der Projekte, Origens Brasil, ist eine Kombination aus Marke, Zertifikat und digitaler Plattform, die Käufer mit nachhaltigen lokalen Produzenten im Amazonasgebiet verbindet. Es ist gleichzeitig aber auch ein Multi-Sektoren-Netzwerk aus Produzenten, Unternehmen und Verbrauchern.
Das Projekt wurde 2016 in Zusammenarbeit mit dem Socio-Environmental Institute, ISA, gestartet und aus dem Fonds für nachhaltige Entwicklung Fundo Amazônia finanziert. Imaflora wurde kürzlich international ausgezeichnet: Für das Projekt Origens Brasil erhielt die Organisation den FAO-Preis für Innovation und Digitalisierung nachhaltiger Lebensmittelsysteme. Ziel dieser Auszeichnung ist es, Innovationen mit positiven Auswirkungen auf die Lieferketten zu würdigen und die Verbindung zwischen Landwirten und Verbrauchern zu stärken.
Transparenz und Tradition
Die Produkte, die im Rahmen des Origens Brasil-Projekts verkauft werden, sind auf einer digitalen Plattform registriert und mit einem QR-Code versehen, der es sowohl Käufern als auch Verbrauchern ermöglicht, die Herkunft und Geschichte des Produkts zu verfolgen. Dies erhöht die Transparenz und hilft den Verbrauchern, Unternehmen und Produkte zu identifizieren, die in ihren Geschäftspraktiken die einheimische Bevölkerung und ihre Gebiete wertschätzen und respektieren. Neben der Öffnung der einheimischen Produkte für neue Märkte und der Förderung der wirtschaftlichen Beteiligung von Frauen und Jugendlichen werden auch ethische Handelsbeziehungen auf der Grundlage von Dialog, Transparenz und Ausgewogenheit sowie der Achtung der Vielfalt der traditionellen Lebensweisen der indigenen Bevölkerung unterstützt.
Durch das Scannen des QR-Codes (auch im Logo von Origens Brasil) erhält der Verbraucher Informationen über den Ursprung des Produkts, die Geschichte seiner Produzenten, Informationen über die Region, die Strecke, auf der die Produkte transportiert werden, und sogar, für welche Summe die Händler die Produkte gekauft haben.
Derzeit gibt es mehr als 40 verschiedene Produkte aus dem Origens Brasil-Portfolio. Die Produktpalette umfasst Lebensmittel, aber auch traditionelles Handwerk: Schokolade, Öle, Paranüsse, Pfeffer und Honig, traditionelle Webkörbe, Schuhe und bemalte Stoffe. Diesen kunsthandwerklichen Produkten wohnen naturgemäß eine Vielzahl von ökologischen Werten inne: Sie sind die Früchte einer nachhaltigen, traditionellen Rohstoffproduktion mit geringem Einfluss auf die natürlichen Ressourcen.
Origens Brasil ist derzeit in 36 Schutzgebieten tätig und arbeitet derzeit mit mehr als 1.500 Produzenten aus 34 verschiedenen ethnischen Gruppen, 14 Unternehmen und 40 Organisationen und lokalen Gemeinschaften zusammen.
Das Projekt wird hoffentlich in Zukunft weiter wachsen und noch mehr Communities positiv beeinflussen können – trotz der aktuellen politischen Situation des Landes. Allerdings hat die brasilianische Regierung kürzlich angekündigt, dass sie die Arbeitsweise von Fundo Amazônia (der Finanzierungsquelle des Projekts) ändern will. Die beiden europäischen Nationen, die das meiste Geld dafür spenden, Norwegen und Deutschland, reagierten mit der Ankündigung, dass sie, wenn sie mit den Änderungen unzufrieden sein sollten, keine Spenden mehr leisten oder sogar ungenutztes Geld zurücknehmen könnten. Insofern bleibt also zu hoffen, dass der Fonds auch in Zukunft solche Projekte unterstützen kann, die gegen den politischen Strich gehen und die natürliche Biodiversität des Amazonas und der dort lebenden Menschen schätzen.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.