Alles begann mit einem Ehepaar, welches den costa-ricanischen Nationalpark Àrea de Conservación Guanacaste schützen wollte. Weil Teile des Parks durch Überweidung und Rodung unfruchtbar geworden waren, schlugen die beiden Ökologen Daniel Janzen und Winnie Hallwachs dem nahe des Parks stationierten Safthersteller Del Oro einen besonderes Deal vor: Wenn er einen Teil seines Grundstücks an den Park abtreten würde, dürfe er im Gegenzug auf einem fest abgesteckten und brach liegenden Teil des Parks seinen Biomüll entsorgen.
Del Oro stimmte zu und durfte so in regelmäßigen Abständen seine Orangenreste auf einer Fläche, etwa so groß wie vier Fußballfelder, entladen. Ein Jahr später wurde dem Deal jedoch durch eine Klage von Del Oros Konkurrent TicoFruit ein Ende gesetzt. TicoFruit warf dem Orangensafthersteller vor, mit seinem Müll den Nationalpark zu verunreinigen – und gewann den Prozess. Die bis dahin bereits abgeladenen 12.000 Tonnen Orangenabfälle blieben jedoch liegen und gerieten in Vergessenheit.
Bio-Boom auf Biomüll
Erst 15 Jahre später geriet das Gebiet wieder in den Focus der Öffentlichkeit, als Timothy Treuer von der Princeton University nach einem Thema für seine Abschlussarbeit suchte. Auf einem anderweitigen Feldforschungstrip durch Costa Rica besuchte er kurzerhand das betreffende Gebiet und traute seinen Augen kaum: „Es war so komplett von Bäumen und Lianen überwuchert, dass ich nicht einmal mehr das gut zwei Meter große gelbe Schild erkennen konnte, das das Gebiet kennzeichnet“, sagt Treuer über seinen ersten Eindruck im Angesicht seines zukünftigen Forschungsobjektes.
Unter der Leitung von David Wilcove, Professor für Ökologie und Evolutionsbiologie am Princeton Environmental Institute, erforschten Treuer und sein Mitstudent Jonathan Choi wissenschaftlich den visuell bereits offensichtlichen Effekt des Biomülls auf seinen Untergrund: „Während ich in den angrenzenden Feldern über Felsen und totes Gras lief, müsste ich [hier] durch das Unterholz klettern und mich durch Wände aus Rebstöcken auf den Orangenschalen schneiden“, so Choi.
Und tatsächlich: Auch die Bodenproben und Pflanzenstudien erwiesen: Während die umliegenden Grasflächen nach wie vor stark erodiert waren, hatte der „Orangenhain“ reichere Böden, deutliche mehr Baumbiomasse und ein größeres Baumartenreichtum. Insgesamt registrierten die Biologen einen Zuwachs der Biomasse von 176 Prozent!
Bio-Abfälle – die Zukunft des Regenwaldes?
Der von den Forschern in Guanacaste entdeckte Effekt von Biomüll auf die Bodengüte ist ein interessanter Präzedenzfall dafür, wie landwirtschaftliche Abfälle sinnvoll und CO2-arm entsorgt werden könnten und dabei sogar noch die Renaturierung von brachen Waldflächen unterstützen könnten.
Co-Autor Wilcove sagt zu den Entdeckungen der Forschergruppe um Timothy Treuer: „Viele der durch den Konsum entstandenen Probleme könnten verringert werden, wenn der Privatsektor und der Umweltschutz enger zusammenarbeiten würden. Ich bin zuversichtlich dass wir noch mehr Gelegenheiten finden könnten, die Überreste der industriellen Lebensmittelproduktion zurück in die tropischen Wälder zu bringen. Das ist Recycling auf seine beste Art.“