Elektromobilität verspricht lautlose Fortbewegung, die kaum Emissionen verursacht – ginge es nach den Plänen der Bundesregierung, dann sollen bis 2020 eine Million E-Autos auf unseren Straßen fahren. Doch davon sind wir bisher weit entfernt. Wenn sich Elektroautos bisher nicht durchsetzen konnten, dann liegt das laut Umfragen vor allem daran, dass den meisten potentiellen Nutzern in Deutschland die Anschaffungskosten (noch) zu hoch sind und bedenken bei der Reichweite bestehen. Was klar ist: Der Preis wird weiter fallen: Dadurch, dass sich die Technik weiterentwickelt und dass mit steigenden Verkaufszahlen auch die Produktionskosten sinken. Und an dem Problem mit der Reichweite sind bereits viele Startups und Initiativen dran.
Aus ökologischer Sicht gibt es aber noch ganz andere Vorbehalte, und die betreffen vor allem die Akkus und die Quelle des Stroms, der im „Tank“ landet.
Lithium-Ionen Akkus – Die Energiespeicher im Elektroauto sind Rohstoffschlucker
Ob E-Autos, Pedelecs oder Laptops, als Energiespeicher schlechthin haben sich Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ion-Akkus oder auch -Batterien) durchgesetzt. Im Vergleich zu Bleiakkus oder Nickel-Metallhydriden (NiMH) sind sie leichter und können mehr Energie speichern. Außerdem sind sie praktisch wartungsfrei und verlieren keine Kapazitäten bei häufiger Teilentladung (Memoryeffekt). Doch wie steht es um ihre Ökobilanz?
Aktuell werden in Elektroautos Lithium-Ionen-Akkus verbaut, die um die 300 kg auf die Waage bringen, um eine entsprechende Leistung und Reichweite garantieren zu können. Darin enthalte sind circa drei Kilogramm Lithium als Ladungsträger plus einige Kilo Nickel, Mangan und Kobalt als Elektrodenmaterialien. Bedenklich dabei ist die Gewinnung der Rohstoffe, wie z.B. die des Lithiums. Steigt die Produktion der E-Autos an, wächst damit auch der Bedarf des wertvollen Metalls sprungartig; ein Ansturm auf die Abbaugebiete in Bolivien, Argentinien und Chile (Lithium-Dreieck) ist zu erwarten. Da Lithium dort in bislang unberührten Salzseen lagert, ist ein massiver Raubbau auf Kosten von Menschen und Natur zu befürchten, zumal auch das Gewinnungsverfahren selbst mit hohen Umweltbelastungen verbunden ist.
Allerdings ist zu erwarten, dass sich hier in den nächsten Jahren ebenfalls einiges tun wird. Lithium-Ionen-Akkus werden immer effizienter, das heißt, dass die Akkus weniger Masse für die gleiche Leistung durch kontinuierliche Fortschritte in der Zellchemie brauchen werden. Bosch beispielsweise hat bereits einen neuen Akku entwickelt, der einen ökologischen Vorsprung hat: Es wird weniger Material eingesetzt und zugleich ein besseres Ergebnis erzielt, womit der energetische Rucksack aus der Produktion erheblich schrumpft.
Gleichzeitig wird auf verschiedenen Ebenen nach kostengünstigen Alternativen gesucht. Forscher der Empa und der ETH Zürich haben die „Katzengold-Batterie“aus Eisen, Schwefel, Natrium und Magnesium entwickelt. Der Vorteil: Diese Elemente sind in beliebig großen Mengen verfügbar und sehr günstig – anders als z.B. das endliche Lithium. Dieser Akku ist aktuell zwar nicht als Stromspeicher in E-Autos brauchbar, sondern wird eher als günstiger, stationärer Speicher innerhalb von Gebäuden oder neben Kraftwerken gebaut werden. Aber das Beispiel zeigt, dass im Bereich alternativer Batterietypen noch viel Potenzial schlummert.
Second Life für Batterien
Neben der Herstellung ist aber noch ein anderer Aspekt äußerst relevant für die Ökobilanz der Lithium-Ionen-Batterien: die Nutzungsintensität. Die Lebensdauer einer Batterie steht im direkten Zusammenhang mit der von ihr ausgehenden Umweltbelastung: Je mehr Ladezyklen möglich sind, desto weniger wertvolle Rohstoffe werden benötigt. Damit relativiert die Langlebigkeit den aufwendigen und umweltbelastenden Herstellungsprozess zumindest teilweise.
Wenn die Batterien nach ca. sieben bis acht Jahren Einsatz im E-Auto nicht mehr die entsprechende Leistung erbringen, können sie an anderer Stelle durchaus sinnvoll eingesetzt werden, z.B. im Zusammenschluss mit hunderten anderen Akkus als riesiger stationärer Stromspeicher. Diese Art der Stromspeicher werden wir umso mehr brauchen, je mehr wir auf erneuerbare Energien setzen. Da Wind nicht immer weht und die Sonne nicht jeden Tag scheint, schwankt die Energieversorgung; damit kontinuierlich Strom fließen kann, braucht es vermehrt Zwischenspeicher. Aber auch im Auto verbaut können Lithium-Ionen-Batterien diese Aufgabe erfüllen, wie das Startup Blue Inductive zeigt: Elektroautos werden zu kleinen Bausteinen im Stromnetz, indem sie überschüssige Energie sowohl einspeisen als auch aufnehmen. Damit erhöhen sie die Netzstabilität und können Häuser mitversorgen.
Lithium auf dem Sportplatz?
Irgendwann ist auch die langlebigste Batterie erschöpft – das heißt aber nicht, dass die verbauten Rohstoffe aufgebraucht sind. Aktuell werden die Lithium-Ionen-Batterien in der Regel zerlegt und eingeschmolzen. Dadurch lassen sich – zumindest teilweise – hochwertige Metalle wie Kobalt oder Nickel wieder zurückgewinnen. Doch gerade Lithium wird nur zu einem Bruchteil wiedergewonnen und landet dann auf Sportplätzen oder im Straßenbau. Um nicht immer neue Rohstoffe aufwändig gewinnen zu müssen wäre es besser, durch ein verfeinertes Recycling die Rohstoffe wieder für neue Batterien verwenden zu können. Außerdem ließe sich mit entsprechenden Verpflichtungen der Hersteller die Recyclingrate weiter erhöhen.
Entscheidend ist, was im „Tank“ landet
Verschiedene Studien legen nahe, dass Herstellung, Nutzung und Recycling der Akkus weit weniger Einfluss auf die Ökobilanz der stromgespeisten Fortbewegung haben, als die Art des „Kraftsstoffs“ für den Betrieb. In einer Studie der Empa-Abteilung „Technologie und Gesellschaft“ haben die Forscher die Umweltbelastung eines E-Autos über eine erwartete Lebensdauer von 150.000 Kilometer errechnet. Das Ergebnis: Die größte Belastung verursacht das regelmäßige Laden der Batterie. Wird der in Europa übliche Strommix aus Atom-, Wasser- und Kohlekraftwerken „getankt“, wird die Umwelt dreimal mehr belastet als durch den Li-Ion-Akku an sich. Die Bilanz ändert sich allerdings schlagartig, wird mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen gefahren. Die Ökobilanz würde z.B. um 40 Prozent entlastet, wenn der Strom ausschließlich aus Wasserkraft stammt.
Martin Wietschel, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft beim Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), zufolge sind Elektroautos in der Produktion deutlich energieintensiver als herkömmliche Fahrzeuge, was vor allem auf die Herstellung der Batterien zurückzuführen sei. Die Treibhausgasemissionen lägen 30 bis 50 Prozent über denen von normalen Autos. Entsprechend müsse darauf geachtet werden, wie Elektrofahrzeuge genutzt und getankt werden.
Allerdings haben auch bei dem derzeitigen Strommix in Deutschland Elektroautos bereits einen Vorteil, was die Treibhausgase angeht. Ein Benzinauto müsste zwischen drei und vier Liter auf 100 Kilometer verbrauchen, um etwa gleich umweltfreundlich zu sein wie das untersuchte, mit europäischem Strommix aufgeladene Li-Ion-Elektroauto, so die Bilanz der Empa-Forschenden.
Ergo: Schon jetzt hat jedes Elektroauto auf deutschen Straßen im Hinblick auf Treibhausgase einen ökologischen Vorteil gegenüber klassischen Verbrennern. Und die Bilanz bessert sich sehr schnell, wenn die Energiewende weiter vorangetrieben wird.
Es bleibt noch viel zu tun…
…wenn Elektroantriebe eine maximal umweltschonende Alternative zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren sein sollen! Um kostbare Ressourcen zu schonen müssen die Batterien noch effizienter und Alternativen zu Li-Ion-Akkus, die weniger bis keine seltenen Rohstoffe brauchen, weiterentwickelt werden. Außerdem ist es nötig, Recycling plus Mehrfachnutzung der Batterien weiter zu verfeinern, um den Benzinern wirklich überlegen zu sein. Und wenn wir dann noch die Energiewende weiter vorantreiben, damit CO2-arm getankt werden kann, dann wird E-Mobilität eine wirklich runde Sache.