Norwegische Universität entwickelt Stammzellen, um ausgestorbene Arten zu retten

Das weiße Nashorn, auch Breitmaulnashorn genannt, bildete die Grundlage für die Biobank der Universität Oslo.

In einer „Tiefkühlfarm“ sollen tierische Stammzellen für synthetisches Fleisch und vom Aussterben bedrohte Arten entwickelt werden.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 13.03.19

Forscher der Universität Oslo arbeiten derzeit am Aufbau einer Biobank, die die notwendigen Grundlagen für die zukünftige Produktion von im Labor gezüchtetem Fleisch legen soll und außerdem vom Aussterben bedrohte Tierarten schützen will. Die Idee hierzu wurde ursprünglich von Stammzellenforscher Dr. Gareth Sullivan entwickelt und soll als eine Art zelluläre „Arche Noah“ für bedrohte Tierarten dienen. Sullivan, der zuvor im Forschungsteam von Klonschaf Dolly mitgewirkt hatte, begann mit der Stammzellengewinnung des weißen Nashorns, einer Nashornunterart, die derzeit nur aus zwei lebenden Weibchen besteht und damit praktisch ausgestorben ist.

Ausgestorbene Tierarten können „wiederbelebt“ werden, indem der Kern einer erhaltenen Zelle einer ausgestorbenen Spezies entfernt und in das Ei einer eng verwandten lebenden Spezies eingesetzt wird. 2009 gelang in diesem Forschungsbereich der Durchbruch, als Wissenschaftler das genetische Material des ausgestorbenen Pyrenäen-Steinbocks einer Hausziege einpflanzten. Zwar starb das Jungtier an Geburtsschäden, die Studie wurde dennoch als wichtiger Schritt im Erhalt des Artenreichtums gefeiert.

Bei der Herstellung dieses Burgers wurden keine Tiere verletzt.

Kurz nach der Gründung der Biobank erhielt Dr. Sullivan viel Zuspruch von Unternehmen, die auf dem aufstrebenden Gebiet der synthetischen Fleischproduktion tätig sind, was ihn dazu veranlasste, sein Projekt zur sogenannten „Tiefkühlfarm“ weiterzuentwickeln. Diese Tiefkühlfarm soll als Aufbewahrungsort für Nutztierzellmaterial dienen, das von Fleischproduzenten genutzt werden kann.

Die Idee begeisterte die Fachwelt und brachte der Universität Oslo ein Preisgeld von 220.000 Euro ein. Als weltweit erste zentralisierte Biobank ihrer Art soll die Arbeit des Teams dazu beitragen, die Forschung zur Herstellung von synthetischem Fleisch zu beschleunigen und zu optimieren. Im Gegensatz zu den meisten Fleischproduzenten ist das Team von Sullivan dazu in der Lage, Stammzelllinien von Grund auf zu erzeugen.

Die Arbeitsgruppe rund um Sullivan hat ein Testkit entwickelt, das an Landwirte in ganz Europa geschickt werden soll, um genetisches Material zu sammeln. Dieses Material kann aus der Ohrmarke von Tieren gewonnen werden, einer gängigen Praxis, bei der Kennzeichnungs-Chips in die Ohren von Tieren eingeführt werden. Diese Vorgehensweise führt zu einigen Millimetern biologischem Probenmaterial, das normalerweise von den Landwirten entsorgt wird, aber für das Projekt von Sullivan von unschätzbarem Wert ist.

Aus diesen Proben können die Forscher induzierte pluripotente Stammzellen (iPSCs) entwickeln, die sich unbegrenzt vermehren und somit als Ausgangspunkt für synthetisches Fleisch dienen könnten. Derzeit bauen die meisten Fleischproduzenten ihre Produkte aus erwachsenen tierischen Stammzellen an. Diese weisen nur eine begrenzte Anzahl von Teilungen auf und müssen mit der Zeit erneuert werden. Dr. Sullivan hofft, dass sein Ansatz dazu beitragen kann, den Prozess zu optimieren und die Kosten und die Komplexität in der Entwicklung von gezüchtetem Fleisch zu senken, denn gerade diese Kosten sind derzeit eine der größten Hürden für Laborfleisch-Produzenten – insbesondere, wenn sie mit billigem Fleisch aus industrieller Massentierhaltung konkurrieren müssen. Glücklicherweise sinken die Preise für Laborfleisch rapide: Das niederländische Tierernährungsunternehmen Nutreco hat festgestellt, dass es im Jahr 2013 noch 250.000 Euro brauchte, um einen einzigen synthetischen Burger herzustellen – heute sind es nur noch rund 9 Euro. Das Team von Nutreco geht davon aus, dass synthetisches Fleisch ab 2020 auf breiter Ebene gehandelt werden kann.

Das sich noch in der Entwicklungsphase befindende Projekt von Dr. Sullivan könnte erhebliche Auswirkungen auf die globale Lebensmittelindustrie haben, da synthetisches Fleisch den Platzbedarf für Weideland reduziert und den Ausstoß von Treibhausgasen verringert. Das einzige Manko ist laut Überzeugung einiger Kritiker, dass der Anbau von synthetischem Fleisch sich negativ auf die Anzahl der Beschäftigten im Agrarsektor auswirken könnte.

Sullivan hofft, in den nächsten 18 Monaten 18 neue Zelllinien zu etablieren, um eine gute Grundlage für seine Gefrierfarm zu schaffen. Es bleibt zu hoffen, dass das Interesse der Produzenten von synthetischem Fleisch an seiner Biobank zu zusätzlichen Fördermitteln führt, die gleichzeitig zur Unterstützung seiner Naturschutzbemühungen eingesetzt werden können.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Thorge Jans. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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