Nimmt die E-Mobilität endlich an Fahrt auf?

E-Mobilität gibt es nun schon seit vielen Jahren - aber noch immer haben in den meisten Ländern Verbrenner-Fahrzeuge den größten Anteil. Könnte sich das bald ändern? Und welchen Beitrag leisten neue, digitale Lösungen dabei?

Autor Lana O'Sullivan:

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut, 01.03.23

E-Mobilität ist kein neues Konzept. Schon seit Jahrzehnten wird Elektrizität zum Antrieb von Autos, Zügen bis hin zu Raumfahrzeugen genutzt. Das wachsende Bewusstsein für die Klimakrise, aber auch steigende Spritpreise haben die Entwicklung von Elektrofahrzeugen in den letzten Jahren beschleunigt und Anreize dafür geschaffen, dass immer mehr mit Strom betriebene Pkws, Lieferwagen, Mopeds und Fahrräder auf den Markt kommen. Es scheint also noch nie einen besseren Zeitpunkt für den Umstieg auf mit günstiger Energie betriebene Fahrzeuge gegeben zu haben.

Auch wenn das vielversprechend klingt: Nach wie vor kommt die Elektromobilität in den meisten Ländern nur schleppend in Fahrt. Das mag, neben fehlenden politischen Anreizen, auch damit zu tun haben, dass Zweifel angesichts der Reichweite, der Verfügbarkeit an Lademöglichkeiten und der Ökobilanz insgesamt bestehen. Zumindest in einigen Bereichen kommt Unterstützung von neuen, digitalen Lösungen.

Wo die E-Mobilität voranschreitet

Trotz einiger Herausforderungen schreitet die Entwicklung der Elektromobilität an manchen Orten schnell voran. China ist derzeit Marktführer bei Elektroautos, sowohl beim Absatz als auch bei der Herstellung, und hat 2021 etwa 57,4 Prozent der weltweiten Produktion von Elektroautos bestritten.

In Norwegen werden etwa 25 Prozent aller Elektroautos hergestellt. Und das Land knackte 2021 eine wichtige Marke: Erstmals lag der Anteil der neu angemeldeten Wagen mit einem rein elektrischen Antrieb bei über 54 Prozent. Dabei handelt es sich laut der norwegischen Straßenverkehrsbehörde um reine Stromer. Zählt man die Plug-in-Hydrid-Fahrzeuge hinzu, beträgt der Anteil der elektrisch betriebenen Wagen knapp 75 Prozent. In Oslo macht sich das mittlerweile bemerkbar: Die Luftqualität hat sich deutlich verbessert und es ist leiser geworden; das für E-Autos typische Sirren bestimmt mittlerweile die Geräuschkulisse der Stadt.

Herausforderungen der Elektromobilität

Da Norwegen seinen Strom überwiegend aus Wasserkraft gewinnt, ist auch der Strom für den Betrieb der Fahrzeuge nachhaltig. In Deutschland und England dagegen wird der Strom aus einer Mischung aus fossilen und erneuerbaren Brennstoffen gewonnen. In einer EU-Studie wird davon ausgegangen, dass „ein Elektroauto, das ausschließlich mit Strom aus einem Ölkraftwerk betrieben wird, nur zwei Drittel der Energie eines Benzinautos verbraucht, das die gleiche Strecke zurücklegt“. Auch wenn das eine Einsparung ist – Elektroautos, die immer noch zwei Drittel der Energie eines herkömmlichen Autos verbrauchen, werden weder Wissenschaftler*innen noch Umweltschützer*innen vor Freude in die Luft springen lassen. Eine wirklich nachhaltige E-Mobilität geht also Hand in Hand mit der Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien – denn je mehr grüne Energie im „Tank“ landet, desto besser fällt auch die Ökobilanz der Stromer aus.

Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität

Autonome Fahrzeuge, E-Mobility, intelligente Verkehrsplanung, multimodal durch die Stadt – wie sieht die Mobilität von morgen aus? Wir stellen nachhaltig-digitale Lösungen für eine klimaneutrale Fortbewegung und Logistik vor und diskutieren neue Herausforderungen der „digitalen“ Mobilität: Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität

Abgesehen von den Stromquellen wird immer wieder der Mangel an verfügbaren Ladestationen diskutiert. „Wir sehen seit einiger Zeit, dass die Zahl der Elektrofahrzeuge deutlich schneller als die öffentliche Ladeinfrastruktur ansteigt. Die Zahl der Fahrzeuge pro öffentlichem Ladepunkt steigt also zu Ungunsten der Nutzerinnen und Nutzer“, berichtet Dirk Uwe Sauer, Professor für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik an der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH). Doch damit Elektroautos eine realistische Option für den Umstieg von einem Verbrenner sind, müssen die Nutzenden darauf vertrauen können, dass sie von A nach B kommen, ohne dass ihnen der Strom ausgeht. „Es muss endlich klar durchdringen, dass die Elektrofahrzeuge kommen und gerade an den Autobahnen müssen neue sehr leistungsstarke Anschlüsse gelegt werden, die dann auch die MW-Ladeanlagen für Lkw ermöglichen“, fordert Sauer daher. Gleichzeitig ist es wichtig, dass auch Arbeitgeber*innen und Einkaufsmärkte Lademöglichkeiten anbieten und die Rahmenbedingungen im Bereich der Wohnbebauung so geändert, werden, dass Ladestellen flächendeckend möglich werden.

Die Innovationen sind in vollem Gange

Auch wenn das „Reichenweitenproblem“ noch vielfach als eine Beschränkung der elektromobilen Fortbewegung genannt wird, widersprechen dem die schon heute möglichen Ladezeiten. „Bei den Oberklassefahrzeugen mit Reichweiten von 400+ Kilometern kann die 350 kW-Ladetechnik angewendet werden. Dabei wird in etwa drei Minuten die Energie für rund 100 Kilometer Reichweite nachgeladen. Da sich die Batterie in der Geschwindigkeit nicht vollständig aufladen lassen, würde das etwa alle 300 Kilometer einen Nachladestopp von 10 Minuten bedeuten. Wenn die Fahrzeuge effizienter werden, dann verkürzt sich die Nachladedauer für 100 Kilometer Reichweite bei gleicher Ladeleistung auf vielleicht zwei Minuten. Die allermeisten Nutzerinnen und Nutzer von Elektrofahrzeugen gewöhnen sich schnell an diesen Rhythmus und nehmen ihn in den wenigsten Fällen als lästig war“, sagt Sauer. Auch wenn bei Fahrzeugen mit etwas kleineren Batterien die maximale Ladeleistung – und damit auch die Reichweite – geringer sein wird, verlängern sich die Ladezeiten dann auf maximal fünf bis sechs Minuten pro 100 Kilometer Reichweite.

Wie induktives Laden die E-Mobilität revolutionieren könnte

Wie einfach wäre es, wenn Elektrofahrzeuge während der Fahrt aufgeladen werden könnten? Diese Welt könnte näher sein, als du denkst – Lkws, die ihren Strom direkt von Oberleitungen auf der Autobahn ziehen, werden bereits erprobt. Und das israelische Unternehmen Electreon testet derzeit seine „Ladespuren“ für kleinere Fahrzeuge, bei denen die Fahrzeuge mit Strom aus der Fahrbahn „betankt“ werden.

Für einen großflächigen Ausbau ist die Technologie aktuell jedoch noch zu teuer. Sobald die Technologie aus der Entwicklungsphase heraus ist, könnte sich das jedoch schnell ändern.

Dazu kommt: Es wird immer einfacher, verfügbare Ladestationen entlang der Route zu finden. Die Apps Plugsurfing und elvah zum Beispiel zeigen nicht nur verfügbare Ladestationen an, sondern geben auch an, wie zuverlässig und komfortabel die Stationen sind. elvah hat noch einen eigenen Score, der sich aus dem Feedback der Community und der ständigen Analyse tausender Ladevorgänge zusammensetzt. Die App listet bereits mehr als 250.000 Stationen in 40 Ländern.

Ebenso legen Konzepte wie Monta den Grundstein für eine skalierbare und nachhaltige Ladeinfrastruktur. Die Open-Source-App und Plattform ist eine B2B-Softwarelösung für Unternehmen, die in ihren Geschäftsräumen Lademöglichkeiten für E-Mobilität anbieten wollen.

Apps wie Plugsurfing und Co. ermöglichen damit eine neue, elektromobile Mobiliät: Statt sich wie bisher darauf zu verlassen, dass schon rechtzeitig eine Tankstelle kommt (was auch in der Vergangenheit nicht immer die beste Taktik war und zu dem ein oder anderen Marsch zur nächsten Tankstelle mit Benzinkanister in der Hand geführt hat), verlangt das Reisen mit einem E-Auto eine andere Art der Routenplanung; neben der Auswahl einer geeigneten Route müssen auch entsprechende Stopps eingeplant werden. Aber erstens sind die meisten gefahrenen Wege Kurzstrecken, so dass die Autos problemlos bei Parken einfach ans Netz gehängt werden können. Und zweitens steckt in zwangsläufigen Ladepausen auch die Chance auf Entschleunigung. Kann es nicht sogar angenehm sein, alle 300-500 Kilometer eine kleine Pause einlegen zu müssen..?

Was könnte der E-Mobilität auf die Sprünge helfen?

Während wir uns auf den Weg zu einer besseren Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge machen, ist es vielleicht an der Zeit, einen Blick in die Zukunft zu werfen, um zu sehen, welche weiteren Hindernisse abgebaut werden müssen, damit der Übergang zur E-Mobilität stattfinden kann.

Zum einen sind die Kosten für E-Fahrzeuge für viele immer noch unerschwinglich. Eine Sache, die Chinas Aufstieg zur E-Mobilität vorangetrieben hat, sind die zahlreichen politischen Anreize, die geschaffen wurden, um die Nutzung von E-Fahrzeugen zu erhöhen – wie großzügige Subventionen und Vergünstigungen – und so die ehrgeizigen Ziele der Regierung zur Verbesserung der Luftverschmutzung im Land zu erreichen. Auch Norwegen hat sich beeindruckende Ziele gesetzt, darunter die vollständige Abschaffung der mit fossilen Brennstoffen betriebenen Autos bis 2025 – und macht mit verschiedenen Maßnahmen die Elektromobilität erschwinglich. Beim Kauf eines E-Autos entfällt zum Beispiel die 25-prozentige Mehrwertsteuer und auch die Zulassungsgebühr, die für einen größeren Wagen rund 10.000 Euro betragen kann.

Aber sind E-Fahrzeuge die Antwort auf eine umweltfreundlichere Mobilität?

Es gibt viele Fragen dazu, ob E-Mobilität überhaupt nachhaltig ist, und viele weisen darauf hin, dass allein durch die Umstellung auf Elektroautos die Ziele des Pariser Klimaabkommens nicht erreicht werden. Und das globale Versprechen, bis 2030 kohlenstofffrei zu werden, ist nur noch sieben Jahre entfernt (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels).

Während sich Expert*innen weitgehend einig darin sind, dass E-Fahrzeuge während ihrer gesamten Lebensdauer einen geringeren CO2-Fußabdruck haben als herkömmliche Fahrzeuge, ist ihre Herstellung noch kohlenstoffintensiver als die ihrer herkömmlichen Pendants. „Die Herstellung von Elektrofahrzeugen verursacht deutlich mehr Emissionen als die Produktion von Benzinautos. Je nach Produktionsland sind es zwischen 30 und 40 Prozent mehr Emissionen, die hauptsächlich aus der Batterieproduktion stammen“, berichtet Florian Knobloch, Mitarbeiter am Cambridge Centre for Environment, Energy and Natural Resource Governance.

Und es ist nicht nur der Energieverbrauch, der Batterien für Elektrofahrzeuge problematisch macht. Die Bergbaupraktiken zur Gewinnung der für die Herstellung der Batterien verwendeten Rohstoffe haben sich in vielen Fällen als unethisch und ökologisch nicht nachhaltig erwiesen. Neue, bessere Recyclingverfahren, ein zweites „Leben“ und ein nachhaltigeres Design, in dem die Rückgewinnung der kostbaren Rohstoffe schon mitgedacht wird, sind also unerlässlich, um die Ökobilanz der Stromer zu verbessern.

Wie steht es um die Alternativen zum Elektroantrieb?

Es gibt noch weitere alternative Antriebe neben dem Elektroantrieb. Wie ist da der Status quo? Wir haben dazu mit Michael Müller-Görnert vom VCD gesprochen: „E-Autos sind ein wichtiger Baustein für eine ökologische Verkehrswende

Sharing is caring (für die Umwelt)

Das zunehmende Verkehrsaufkommen in unseren Städten, das auf die steigende Zahl der Fahrzeuge zurückzuführen ist, zwingt Planer*innen, mehr Straßen zu bauen, wodurch der Platz für Grünflächen in und um unsere Städte verringert wird. Grünflächen sind jedoch notwendig, um die Luft- und Lärmbelastung zu verringern und die städtische Artenvielfalt zu schützen. Wollen wir wirklich, dass unsere Städte und Gemeinden immer mehr zubetoniert werden?

Es ist klar, dass Elektroautos eine Verbesserung gegenüber herkömmlichen Fahrzeugen darstellen, aber ihr nicht nachhaltiger Herstellungsprozess und der Platz, den sie auf unseren Straßen und in den Städten benötigen bedeutet, dass sie niemals eine perfekte Alternative sein können. Zum Glück gibt es bessere Lösungen.

Was es braucht ist eine andere Form der E-Mobilität, zum Beispiel mehr gemeinsam genutzte Fahrzeuge. Teilen sich Menschen Fahrzeuge, verringert das den Bedarf an Autos, wodurch die Umweltbelastung reduziert wird. Dazu gehört auch, die Last-Mile-Logistik auf kleine, flexible E-Fahrzeuge und E-Lastenfahrräder für den traditionell schadstoffintensiven Transport auf der letzten Meile umzustellen. Parallel dazu hat eine bessere Infrastruktur für den öffentlichen Nahverkehr, einschließlich eines Netzes, das mit sauberem Strom betrieben wird, das Potenzial, Millionen von Autos von unseren Straßen zu holen und große Teile unserer CO2-Emissionen einzusparen.

Es bleibt also festzuhalten: Die E-Mobilität nimmt an Fahrt auf. Aber damit sie wirklich zu einer klimaneutralen Mobilität führt gilt es, sie in die richtige Richtung zu lenken.

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Dieser Artikel gehört zum Dossier „Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.

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Torge Peters
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