Mit der zunehmenden Weltbevölkerung erhöht sich auch der Druck auf die Versorgung all dieser Menschen mit Wasser, Nahrungsmitteln und Energie. Gleichzeitig wächst auch der Bedarf an Wohnraum. Zement und Beton sind dabei oft die einfachste Lösung für die wachsende Stadtbevölkerung und die ausufernde Urbanisierung, insbesondere im globalen Süden.
Zement, der häufig als Markenzeichen schlecht geplanter Wohnsiedlungen oder kommunistischer Nachkriegsregime gilt, ist der Hauptbestandteil bei der Schaffung unserer „Beton-Dschungel“. Und während Psycholog*innen und Soziolog*innen über die gesellschaftlichen und psychologischen Auswirkungen von Beton debattieren, ist ein Punkt auf jeden Fall klar: die negativen Auswirkungen des Baustoffs auf die Umwelt.
Die Herstellung von Zement ist vor allem aus zwei Gründen umweltschädlich. Erstens erfordert der Herstellungsprozess viel Wärme, was sich in einem hohen Energiebedarf niederschlägt. Zweitens entsteht bei der Kalzinierung – dem Erhitzen von Kalkstein zur Herstellung von so genanntem Klinker – auch Kohlendioxid als Abfallprodukt. Rund 60 Prozent des CO2-Fußabdrucks von Zement resultieren allein aus diesem Prozess. Damit ist die Zementindustrie weltweit für rund acht Prozent aller Emissionen verantwortlich ist. Laut IEA stieg die direkte CO2-Intensität der Zementproduktion zwischen 2015 und 2020 um 1,8 Prozent pro Jahr. Um im Jahr 2030 bei Netto-Null-Emissionen anzukommen, ist daher ein jährlicher Rückgang um 3 Prozent erforderlich.
Die IEA schlägt vor, sowohl neue Zementmischungen, die weniger Klinker verbrauchen, als auch innovative Technologien einzusetzen, um dieses hochgesteckte Ziel zu erreichen. Auch das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) hat in zusammen mit der Heriot-Watt University Studien zu genau diesem Thema durchgeführt.
Die deutsch-schottische Zusammenarbeit hat sich mit dem Prozess der CO2-Mineralisierung befasst, um eine Form der Kohlenstoffabscheidung zu schaffen. Bei der Mineralisierung wird das abgeschiedene CO2 mit anderen Mineralien wie magnesium- oder kalziumreichen Silikaten umgesetzt, die unbegrenzt gelagert oder zur Herstellung anderer Produkte verwendet werden können. Das bringt viele Vorteile mit sich.
Versuche, die Bauindustrie mit anderen Technologien oder Materialien, wie zum Beispiel der Kohlenstoffabscheidung und Holz, zu dekarbonisieren, werden dadurch eingeschränkt, dass sie kaum durchführbar oder wirtschaftlich unzumutbar sind. Das Ergebnis der CO2-Karbonisierung kann jedoch entweder als separates Produkt verkauft oder in die Herstellung von Beton selbst zurückgeführt werden. Bestimmte Mineralisierungsverbindungen könnten zum Beispiel als Zusatzstoffe für Zement verwendet werden, wodurch neue, weniger ressourcenintensive Zementmischungen entstehen.
Laut den Autor*innen einer Studie, die in Communications Earth & Environment (Nature Portfolio) veröffentlicht wurde, könnte der resultierende Zement die CO2-Emissionen um acht bis 33 Prozent reduzieren und einen zusätzlichen Gewinn von 32 EUR pro Tonne Zement einbringen. Derzeit wird eine Tonne Zement für rund 120 EUR verkauft – ein Rekordhoch.
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Die Studie räumt jedoch auch ein, dass sich einige Dinge ändern müssen, damit der Mineralisierungsprozess für die Unternehmen rentabel wird. Die Vorschriften und der bürokratische Aufwand im Zusammenhang mit den Zementnormen müssen möglicherweise angepasst werden, um eine breitere Verwendung anderer Mischungen zu ermöglichen, während die Speicherung von CO2 in Mineralien auch für Gutschriften im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems oder ähnliches in Betracht kommen sollte. Und selbst wenn dies Realität wird, betonen die Autor*innen der Studie auch die Notwendigkeit von Subventionsprogrammen, wie sie bei den erneuerbaren Energien eingesetzt werden, um Anreize für alternative Verfahren zu schaffen.
Es gibt aber auch andere Alternativen und Methoden, die für die Sanierung von Zement entwickelt werden, wie zum Beispiel die Rückführung von Kohlenstoff in den Zement, um diesen zu verstärken und zu verfestigen. Oder in einem neueren Projekt werden Bakterien als Mittel zur Bindung von Zuschlagstoffen in Beton eingesetzt. Eine weitere potenzielle Lösung ist die Verwendung anderer Baumaterialien, wie zum Beispiel recycelte Kunststoffe.
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