Im Jahr 2012 hat das ambitionierte Projekt The Ocean Cleanup des holländischen Teenagers Boyan Slat große Kreise gezogen. Seine Mission: Unsere Ozeane von Plastikmüll zu befreien. Damals waren viele Wissenschaftler skeptisch, ob das in einem populären TEDx-Talk veröffentliche Konzept von Boyan Slat jemals Wirklichkeit werden könnte und zu einer praktikablen Methode zur Reinigung der Meere werden würde. Jetzt, sechs Jahre später, startet Slats innovatives Projekt eine Testphase…
Nachdem Slat 2012 von der Plastikepidemie in unseren Ozeanen erfahren hatte, beschloss er, seine akademische Laufbahn vorzeitig an den Nagel zu hängen und gründete stattdessen sein eigenes Unternehmen, The Ocean Cleanup. Ihm war klar, dass es allein schon aufgrund der gewaltigen Mengen an Plastikmüll unmöglich ist, mit einfachen Netzen unsere Ozeanen von den langwährenden, zivilisatorischen Überbleibseln zu befreien. Stattdessen hat er ein passives System ersonnen, das schwimmenden Kunststoff wesentlich effizienter und effektiver einfangen soll.
Das System kann man sich als eine aufblasbare Barriere vorstellen, die auf den Wellen reitet und große Mengen an Kunststoff einfangen kann. Dabei kommt sie ohne eine externe Stromversorgung oder eine Steuerung aus. Das System besteht aus vier Hauptkomponenten. Erstens, ein ein bis zwei Kilometer langes Polyethylenrohr mit einer hohen Dichte, die Kunststoff an der Oberfläche einfängt, während ein kurzes, undurchlässiges Sieb unter diesem Rohr Kunststoffe sammelt, die unter der Wasserlinie schwimmen. Hinter dem Rohr befindet sich ein großer Seeanker, der dafür sorgt, dass sich die Struktur langsamer bewegt als der zu fangende Kunststoff. Zusätzlich gibt es noch ein kleines Ladedock, auf dem Schiffe die Plastikbeute einsammeln und zum Recyceln an Land bringen können. Die Gewinne aus dem recycelten Kunststoff sollen wiederum den Betrieb des Unternehmens unterstützen.
Mit an Bord: Digitale Verstärkung
Das System ist energieneutral, da integrierte Solarpaneele die nötige Energie liefern, und soll so langlebig sein, dass es viele Jahre in den Ozeanen überleben kann. Auch digitale Verstärkung ist an Bord: Computeralgorithmen sollen dabei helfen, den optimalen Ort für den Einsatz der Rohre zu finden, während Echtzeit-Telemetrie- und Überwachungssysteme die Zentrale über den Standort und den Status der Rohre auf dem Laufenden halten.
In jüngster Zeit hat The Ocean Cleanup große Fortschritte gemacht und den ersten in einer Reihe von Tests an Prototypenrohren durchgeführt. Mitte Mai wurde ein 120 Meter langer Abschnitt des Systems – System 001 genannt – fünfzig Meilen außerhalb von San Francisco geschleppt, um seine Leistungsfähigkeit auf offenem Wasser zu testen. Nach zwei Wochen Wellenreiten wird der Prototyp des Systems 001 untersucht, um zu sehen, wie das Ganze funktioniert und was man lernen kann, bevor ein zweiter größerer Versuch auf hoher See durchgeführt wird.
The Ocean Cleanup hofft, dass bis August 2018 ein erstes funktionsfähiges System den Weg zum Great Pacific Garbage Patch – einer riesigen Insel aus Plastikmüll, der zwischen Kalifornien und Hawaii schwimmt – finden wird. Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass der Kreisel etwa die Größe von Texas hat, während andere so weit gehen, seine Größe mit der von Russland zu vergleichen – etwa 15 Millionen Quadratkilometer.
Slat erwartet, dass System 001 etwa fünftausend Kilogramm Plastik pro Monat sammelt. Um die Sammelquote zu erhöhen, ist geplant, eine ganze Flotte von Rohren einzusetzen. Die Vision: innerhalb von fünf Jahren fünfzig Prozent des Great Pacific Garbage Patch einzufangen und bis 2050 das Meer von Plastik befreit zu haben.
Abgesehen davon, dass das sehr optimistische Schätzungen sind, reicht es mit Sicherheit nicht aus, den Plastikmüll einfach einzusammeln, sobald er sich im Meer befindet, um die Epidemie zu beenden. Effektive Aufräumarbeiten für unsere Weltmeere werden auch davon abhängen, wie wir an Land mit dem Material umgehen. Dazu ist es wichtig, dass eine wirksame Gesetzgebung und die Politik verhindern, dass Kunststoffe überhaupt ihren Weg ins Meer finden. Und dann bleibt da ja noch die Sache mit dem Mikroplastik – kleine und kleinste Kunststoffpartikel befinden sich mittlerweile schon an allen unseren Gewässern. Und diese lassen sich nicht so einfach herausfiltern…
Es bleibt abzuwarten, was das System wirklich kann. Und natürlich sollten wir auch andere Lösungen im Auge behalten. Wir haben bereits über einige berichtet, z.B. einen Plastikmüll sammelnden Quadrimaran oder das Projekt Seekuh.
Dieser Artikel erschien im Original auf unser englischsprachigen Seite und ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut.