In den letzten Jahren hat der weltweite Markt für erneuerbare Energien einen Boom erlebt – und dieser Boom wird von Jahr zu Jahr größer. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur lag das jährliche Wachstum der erneuerbaren Energien zwischen 2011 und 2013 bei rund 116 Gigawatt Kapazität. Bis zum Zeitraum 2020-2022 wird dieser Zuwachs auf 276 Gigawatt pro Jahr ansteigen.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist jedoch nicht unproblematisch, insbesondere bei der Frage, wie diese erneuerbaren Energien gespeichert werden können. Forschungsteams und Organisationen experimentieren bereits mit der nächsten Generation von Großbatterien, für viele Zwecke sind jedoch herkömmliche Lithiumbatterien besser geeignet. Diese sind aber teuer, verwenden Schwermetalle aus endlichen Quellen und sind schwer zu recyceln.
Der britische Batteriespezialist AceOn hat sich nun mit dem Batterievorreiter AMTE Power zusammengetan, um die nächste Generation von Batterien für erneuerbare Energien auf Natriumbasis zu entwickeln. Aus dieser Zusammenarbeit ist die AceOnPES (Portable Energy Storage) Power Unit hervorgegangen, die als bahnbrechende, neue Technologie für die Speicherung erneuerbarer Energien gefeiert wird.
Der AceOnPES wird mit den von AMTE entwickelten Ultra-Safe-Natriumzellen betrieben und ist als zuverlässiger Primär- oder Backup-Speicher für Gebiete konzipiert, in denen die Strominfrastruktur unzuverlässig ist oder nicht ausreicht, um den lokalen Bedarf zu decken. Seit Oktober 2021 arbeiten AceOn und seine Mitarbeitenden mit dem nigerianischen Energie- und Stromversorgungsunternehmen Nevadic Limited zusammen, um ihre Batterien in der Region zu vertreiben. Die Hoffnung ist, dass das zweijährige, von der Regierung finanzierte Projekt dazu führt, dass Natrium als praktikable und kommerziell sinnvolle Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien anerkannt wird.
Natrium vs. Lithium
Natrium steht im Periodensystem direkt neben Lithium. Das bedeutet, dass sie ähnliche Eigenschaften in Bezug auf die Energieübertragung haben. Aber hier enden auch schon ihre Gemeinsamkeiten.
Lithium gehört zwar technisch gesehen nicht zu den Metallen der seltenen Erden, ist aber weltweit nur in begrenztem Umfang oder nur in bestimmten geografischen Gebieten verfügbar. Das Gleiche gilt für Kobalt, das häufig für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien verwendet wird. So werden etwa 50 bis 60 Prozent des gesamten Kobalts in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut; die Menschenrechtslage im Bergbau ist hier bedenklich.
Für Natriumbatterien, die Natrium als Ladungsträger verwenden und anstelle von Kobalt auch Eisen oder Mangan einsetzen können, ist keines dieser Elemente unbedingt erforderlich. Außerdem ist Natrium auf der ganzen Welt weit verbreitet und das 1.200-mal häufiger als Lithium. Diese große Verfügbarkeit bedeutet, dass die Kosten für Natriumbatterien, wenn sie auf breiter kommerzieller Basis hergestellt würden, niedriger wären als die von Lithiumbatterien.
Natriumbatterien gelten auch als sicherer als ihre Gegenstücke aus Lithium-Ionen. Sie können in einem breiten Spektrum variierender Temperaturen betrieben werden und sind nicht entflammbar. In Sicherheitsbriefings vor dem Flug werden häufig die Akkus von Handys und Laptops besonders erwähnt – bei diesen handelt es sich um Lithium-Ionen-Batterien, die bei Beschädigung, Verformung, hohen Temperaturen oder Druck leicht in Brand geraten können. Bei Natriumbatterien gibt es solche Gefahren nicht, weshalb sie viel einfacher und sicherer zu transportieren sind.
Wenn also Natrium-Ionen-Batterien so viel billiger und sicherer sind, warum sind sie dann nicht viel weiter verbreitet? Bislang wird in keinem Elektrofahrzeug eine Natrium-Ionen-Batterie verwendet, und es gibt nur eine Handvoll Unternehmen, die sie auf kommerzieller Basis verkaufen. Obwohl Lithium- und Natriumbatterien ähnliche Lade- und Entladeraten haben, bieten Lithium-Ionen-Batterien eine viel höhere Energiedichte, d. h. sie können mehr Ladung pro Gewichtseinheit speichern. Natriumbatterien arbeiten beispielsweise in einem Bereich von 75-165 Wattstunden pro Kilogramm, während Lithiumbatterien etwa 120-260 Wattstunden pro Kilogramm aufweisen (die AceOnPES liegt bei 135-140 Wh/kg). Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Natrium das dreifache Volumen von Lithium hat, was seine Energiedichte verringert.
Daher sind Natrium-Ionen-Batterien bei gleicher Leistung wie ihre Lithium-Gegenstücke, und trotz ihres geringeren Gewichts, derzeit größer. Das macht sie für Elektrofahrzeuge oder kleinere Geräte weniger geeignet. Sie sind auch nicht so formbar wie Lithium-Ionen-Batterien, die in viele verschiedene Formen gebracht werden können, um in unterschiedliche Geräte zu passen.
Der Grund, warum Lithium den Batteriemarkt so stark beherrscht, liegt jedoch vor allem in den etablierten Lieferwegen, der kommerziellen Präsenz und der einfachen Verwendung. So gut wie jedes moderne aufladbare und tragbare elektronische Gerät verwendet einen Lithium-Ionen-Akku und die Hersteller*innen steigen nur ungern auf eine andere, derzeit nicht kommerziell erprobte Technologie um.
Die Vorteile von Lithium-Ionen-Batterien könnten jedoch auf Natrium übertragen werden, wenn genügend Interesse – und Geld – für die Weiterentwicklung der Technologie vorhanden wäre. Und genau hier kommen Bemühungen wie die von AceOn ins Spiel. Wenn sie belegen können, dass Natrium die gleiche Arbeit wie Lithium sauberer, sicherer und billiger erledigen kann, ließen sich Hersteller*innen vielleicht vom Umstieg überzeugen. Ein Wandel wird zudem umso wahrscheinlicher, desto größer auch der öffentliche Druck in Richtung Natriumbatterien und weg vom ökologisch und sozial fragwürdigen Lithium wird.