Hamburger Hafen, Container-Terminal Altenwerder: Ein Verladekran hievt einen zwölf Meter langen Container auf eines der am Kai liegenden Schiffe, die Hyundai Force Panama. Darin befinden sich unter anderem Kleidung, Lebensmittel, Elektronikartikel, Autos und Zubehör für Maschinen. Hunderte weitere Container werden in den nächsten Stunden auf das riesige Containerschiff geladen, bevor es sich auf den Weg Richtung Los Angeles macht.
Schwarzer Rauch aus alten Schloten
Die Hyundai Force Panama ist nur eines der vielen Frachtschiffe, die auf den Weltmeeren unterwegs sind. Mehr als zwei Drittel aller Waren werden weltweit per Schiff transportiert – rund 45.000 Handelsschiffe befördern fast sieben Milliarden Tonnen Güter pro Jahr. Dabei pusten Ozeankolosse wie die Hyundai Force Panama für diese Transportwege etwa 850 Millionen Tonnen CO2 jährlich in die Luft und sind für 13 Prozent der weltweiten Emission an Schwefeloxiden und 15 Prozent der Stickoxide verantwortlich. Das sind zwar umgerechnet weniger CO2-Emissionen als an Land verbraucht wird, der Ausstoß an giftigem Schwefeloxid ist jedoch ungleich höher, da 90 Prozent aller großen Schiffe mit Schweröl fahren. Dieses darf derzeit bis zu 3,5 Prozent Schwefel enthalten, was dem 3.500-fachen des Grenzwertes für Tankstellen-Diesel entspricht. Alternativen dazu gibt es zwar, aber die Schifffahrtsunternehmen meiden aus Kostengründen den deutlich teureren Marinediesel.
Zum Glück kommt nun Druck von politischer Seite: Die internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) hat einen Grenzwert für Schwefel im Treibstoff eingeführt, der so bis zum Jahr 2020 von derzeit 3,5 auf 0,5 Prozent reduziert werden soll.
Die Reedereien reagieren bereits auf diese Änderungen, bauen größere und effizientere Schiffe, welche weniger Schweröl verbrauchen und somit Kosten sparen. Aber es gibt noch weitere Innovationen, die die Container-Schifffahrt nachhaltiger gestalten könnten. RESET stellt hier die spannendsten Entwicklungen vor.
Die Triple E-Klasse der Reederei Maersk
18.000 Container, 400 Meter lang, 60 Meter breit: Mit der Entwicklung ihrer Triple-E-Klasse hat die dänische Reederei A. P. Møller-Mærsk ein Containerschiff auf den Markt gebracht, das kosten- und energieeffizienter fährt. „Triple-E“ steht für „Economy of scale“ (Skaleneffekt), „Energy efficient“ (Energieeffizienz) und „Environmentally improved“ (verbesserte Umweltfreundlichkeit) und bedeutet, dass mehr Container pro Schiff und pro Liter Treibstoff transportiert werden können. Das macht den Transport rentabler und umweltfreundlicher.
Damit mehr Container auf dem Schiff Platz finden, wurde der Bug verbreitert, die Brücke nach vorne verlegt und die Maschinenanlage so weit wie möglich achtern angeordnet. Außerdem ersetzen zwei langsam drehende Propeller einen schneller drehenden Einzelpropeller, was zu einer größeren Propellerfläche insgesamt führt und damit einen höheren Wirkungsgrad ermöglicht. Die Triple-E-Klasse wurde zudem für langsames Fahren optimiert, d.h. bei niedrigeren Geschwindigkeiten verbraucht sie deutlich weniger Treibstoff als bei höheren. Mittlerweile sind alle 31 geplanten Schiffe der Triple-E-Klasse vom Stapel gelaufen.
Segel-Containerschiffe
Größere Containerschiffe zu bauen, um weniger Schweröl pro Container zu verbrauchen, ist gut. Noch besser ist es natürlich, schadstofffreie Windkraft zu nutzen. Die Firma Norsepower baut zylindrische Segel, die nachträglich auf Frachtschiffen angebracht werden können. Die Rotorsegeltechnologie nutzt den Magnus-Effekt: Wind trifft auf das Segel, die Differenz des Luftdrucks auf beiden Seiten bringt die Zylindersäule zur Rotation. Die Rotation des Segels wird dann zur Erzeugung von Strom genutzt, der dann das Schiff antreibt und den Treibstoffverbrauch reduziert.
Per Knopfdruck kann der Kapitän das Segel an- und ausschalten, während die segeleigene automatische Steuerung für eine optimale Leistung sorgt. Insgesamt ist das Rotorsegel deutlich effizienter als ein herkömmliches Segel, da das zylindrische Design bis zu zehnmal mehr Schub bei einer kleineren Oberfläche bietet. Gleichzeitig muss es kaum von der Crew kontrolliert werden, da es im Vergleich zum herkömmlichen Segel keine Takelagen o. ä. zur Stabilisierung benötigt.
Es gibt noch weitere innovative Segelkonzepte. Bei Yachten werden sie schon eingesetzt: Segel, die weit oben in Höhen von 100 Metern und mehr über dem Schiff schweben, um die dort stärkeren Winde zu nutzen. Die Zugdrachen-Konstruktion der Firma AirSeas hat eine Fläche von 1.000 Quadratmetern und erinnert an ein riesiges Kite-Segel. Entwickelt wurde das Projekt mit dem Ziel, den Treibstoffverbrauch bei Frachtschiffen um bis zu zwanzig Prozent zu senken. Der Luftfahrtkonzern Airbus testet diese Idee momentan bei vier konzerneigenen Frachtern mit dem Ziel, bis zu 8.000 Tonnen an Kohlenstoffdioxidemission zu sparen.
Das Hamburger Unternehmen SkySails Power hatte bereits 2001 eine ähnliche Idee, doch 2016 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden: Die Ölpreise waren zu niedrig, das Segel zu teuer. Es folgte der Umstieg auf Yachtschiffe.
Frachtschiffe mit Solarkraft
Auf See ist neben Wind natürlich noch eine weitere Energieressource frei verfügbar: Sonne. Der 100-Tonnen-Katamaran Tûranor PlanetSolar, das weltgrößte solarbetriebene Schiff, umsegelte zwar komplett ohne Treibstoff die Welt – allerdings bei einer Maximalleistung von 120 Kilowatt. Entsprechend brauchte der Koloss, dessen Lithium-Ionen-Akkus ein Gewicht von 11,7 Tonnen haben, für seine Weltumsegelung auch knapp 585 Tage. Gerade für große Schwerlast-Containerschiffe, die weite Strecken zurücklegen müssen, wäre ein reiner Solarantrieb daher wohl nicht zukunftsfähig. Hybridlösungen, die zusätzlich auf Solar- und/oder Windlösungen setzen, können aber durchaus dazu beitragen, CO2-Emissionen zu reduzieren.
So lief als weltweit erstes großes Überseeschiff, das teilweise mit Solarstrom angetrieben wird, Ende 2008 die Auriga Leader der japanischen Reederei NYK Line vom Stapel. Die 328 Solarpaneele an Deck versorgen das Schiffssystem direkt mit Solarstrom und helfen dabei, die Triebwerke, die Hydraulik und das Steuergerät des Schiffes anzutreiben.
In einer Pressemitteilung teilte die Reederei der Auriga Leader mit, dass während einer zweijährigen Testphase etwa 13 Tonnen Treibstoff und 40 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden konnten. Die Solarstromanlage habe 0,05 Prozent zum Antrieb des Schiffs beigetragen und ein Prozent des Strombedarfs an Bord abgedeckt. Das klingt nicht nach viel, ist aber definitiv ein Schritt in die richtige Richtung.
Autonome Elektro-Containerschiffe
Und es muss ja auch kein direkter Solarantrieb sein. Schon jetzt gibt es Schiffe mit Elektromotoren, die mit gespeicherter Wind-, Wasser- und Solarkraft angetrieben werden. Da die Transportwege jedoch oft zu lang sind, sind größere Schiffe bisher noch nicht allein mit E-Antrieb, sondern oft mit Hybridsystemen unterwegs.
Das soll sich demnächst ändern: 2020 soll das erste Containerschiff in See stechen, das vollständig autonom und mit elektrischem Antrieb fährt. Das Frachtschiff Yara Birkeland soll für rund 100 Container Platz bieten, sich mit einer Geschwindigkeit von zehn Knoten (ca. 18,5 km/h) fortbewegen und eine Reichweite von 65 Seemeilen (120 km) besitzen. Auftraggeber für die Konstruktion des Schiffes ist der norwegische Düngemittelhersteller Yara, der durch den Betrieb vor allem die Wege der dieselbetriebenen LKWs ersetzen will, die derzeit hauptsächlich die Produkte von Yara transportieren. Der Strom für die Motoren stammt von einem Akku, der dann an Land wieder geladen werden kann. Ohne Emissionen und sogar ohne Fahrer kommt der Frachter aus; stattdessen steuert der Kapitän das Schiff in einem Kontrollzentrum an Land.
Konkurrenz kommt ausgerechnet aus der Automobilbranche: Das Unternehmen Rolls-Royce arbeitet derzeit an einem autonomen Containerschiff, das ebenfalls 2020 in See stechen soll.
Auch in der Binnenschifffahrt kommen Schiffe mit Elektroantrieb für den Transport von Containern schon bald auf den Markt. Die niederländische Reederei Van Meegen Group Of Companies will ab Mitte 2019 mit dem ersten E-Containerschiff Port Liner EC110 in Produktion gehen. Das Schiff kommt nach Angaben des Unternehmens auf eine Reichweite von 14 Stunden Fahrt, der Strom soll dabei zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen stammen. Bis zu 280 Container könne der Portliner EC110 transportieren.
Weiterführende Links
Im Maritim-Transportbericht des Annual Report der UNCTAD (Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung) finden sich ausführliche Informationen, Zahlen, Daten und Fakten zum Thema Containerschifftransport: Review of Maritime Transport 2017 – United Nations Conference on Trade an Development
Zwar nicht im Wasser, dafür an Land: In unserem RESET-Spezial E-Mobilität zeigen wir aktuelle Entwicklungen, Trends und Innovationen rund ums elektrischen Fahren.
Autor: Thorge Jans/ RESET-Redaktion (März 2019)