Muschel-Power: Können Mollusken helfen, das Mikroplastik-Problem in unseren Meeren zu lösen?

Steckt hierin die Lösung für unser Mikro-Plastikproblem?

Muscheln reinigen das Wasser - und sie können auch Mikroplastik aus Gewässern filtern. Wie effizient das ist, dem gehen Forschende nach.

Autor*in Ciannait Khan:

Übersetzung Ciannait Khan, 11.10.21

Muscheln können mehr, als auf den ersten Blick sichtbar ist. Als extrem widerstandsfähige Lebewesen können die Weichtiere auch in so verschmutzten Gewässern überleben, in denen viele andere Arten nicht mehr durchhalten. Und nicht nur das: Sie sind außerordentlich geschickt im Filtern von Wasser – eine Fähigkeit, die uns helfen könnte, Flüsse, Seen und Ozeane zu reinigen, wie die Forscher*innen des Plymouth Marine Laboratory (PML) hoffen.

Das Team an Wissenschaftler*innen hat daher Muscheln und ihre Fähigkeit, Mikroplastik zu filtern, ins Visier genommen. In einer einjährigen Studie wollen die Forschenden herausfinden, ob dies auch in größerem Maßstab möglich ist.

Plastic-Ocean – eine globale Herausforderung


Unsere Ozeane sind mit Plastik überschwemmt. Das Wichtigste, was wir dagegen tun können, ist, weniger Plastik zu verwenden, ganz klar. Aber wir brauchen auch umweltfreundliche Methoden, um die Menge an Plastik zu reduzieren, die sich bereits in den Meeren befindet.

Mikroplastik – also winzige Plastikteile, die kleiner als fünf Millimeter sind – stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Die Partikel entstehen als Abrieb von größeren Plastikteilen durch Wind, Wetter und Strömungen und lassen sich aufgrund ihrer winzigen Größe nur schwer einfangen. Bei dem Versuch, sie aus dem Wasser zu sieben, werden unweigerlich auch organisches Materialien und wertvolle Meereslebewesen eingesammelt.

Muscheln als natürliche Filtermaschinen sind daher vielversprechend. An einem einzigen Tag kann eine erwachsene Muschel mehr als 50 Liter Wasser filtern. Indem sie Wasser ansaugen und das Plankton und andere Nährstoffe heraussieben ernähren sich die wirbellosen Tiere. Die unerwünschten Partikel – darunter auch Mikroplastik – werden dann mit den Ausscheidungen der Muscheln ausgeschwemmt.

Natürlich verbleibt das Mikroplastik in den Ausscheidungen – aber die Muscheln haben es nun fein säuberlich verpackt, so dass man es nun leichter einsammeln und entfernen könnte. Das Team der Plymouth University prüft derzeit ein Systems aus Käfigen und Netzen, um diese mit Plastik gefüllten „Abfälle“ aufzufangen. Tatsächlich könnte so nicht nur Mikroplastik aus dem Ökosystem gefiltert werden; da die Ausscheidungen der Muscheln zudem reich an Kohlenstoff sind, könnten sie vielleicht irgendwann sogar als Biokraftstoff verwendet werden.

In der ersten Phase der PML-Forschung, die im Labor durchgeführt wird, soll herausgefunden werden, wie sich der Muschelkot am besten einsammeln lässt. Anschließend wird die Wirksamkeit des Einsatzes von Muscheln in verschiedenen Meeresumgebungen getestet.

Wie bekommt Mikroplastik den Muscheln?


Es scheint, dass Mikroplastik den Tieren in den üblichen Konzentrationen nicht wirklich schadet, denn die meisten Partikel sind zu groß, als dass sie ihre Membranen durchdringen könnten. Allerdings können kleinere Kunststoffteile – die so genannten Nanopartikel – dennoch in das Gewebe der Muscheln gelangen.

Natürlich ist die Muschelfilterung nicht die alleinige Lösung, denn die Weichtiere können nicht den gesamten von uns Menschen verursachten Müll beseitigen. Computermodellrechnungen der Plymouth-Forschenden haben ergeben, dass sie – unter idealen Bedingungen – nur etwa ein Viertel des Mikroplastiks im Wasser filtern können. Aber als ergänzende Lösung sind sie vielversprechend, da die Wiederansiedlung von Muscheln auch die Artenvielfalt und ein gesundes Meeresleben fördert.

Die Studie zeigt aber auch noch etwas ganz anderes, nämlich wie wertvoll es sei kann, sich von der Natur und natürlichen Prozessen des tierischen und pflanzlichen Lebens inspirieren zu lassen, um die nächste Generation klimabewusster Projekte zu entwickeln – sei es die Verwendung von Algen zur Filterung landwirtschaftlicher Abwässer oder die Erzeugung von Treibstoff durch Photosynthese.

Das Projekt des Plymouth Marine Laboratory wird von Plan Plastic finanziert. Plan Plastic ist ein Projekt der britischen Supermarktkette Waitrose, deren Gelder leider aus dem Verkauf der Plastiktragetaschen des Supermarktes stammen. Besser wäre es, die Plastiktüten erst gar nicht in Umlauf zu bringen, anstatt deren Verkauf durch andere Initiativen auszugleichen.

-> Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschein im Original zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

Carapac: Eine biologisch abbaubare Plastikalternative aus Schalentierresten

Ein großer Teil unseres Plastikmülls findet seinen Weg in Meere und Ozeane. Ein australisches Startup hat genau dort nach einer Lösung gegen die Pastikflut gesucht.

Seegrasfarmen könnten das Meeresleben im Golf von Mexiko schützen

Die Ökosysteme an den Küsten leiden stark an Verschmutzungen. Die strategische Anpflanzung von Algen könnte die Unterwasserwelt schützen und "tote Zonen" im Meer verhindern.

Werde ein Delfin und erkunde unsere Ozeane – in Virtual Reality

Virtual Reality (VR) wird in immer mehr Bereichen eingesetzt und eröffnet viele Möglichkeiten. Ein neues Videospiel will es Menschen ermöglichen, virtuell die Unterwasserwelt zu erkunden – aus der Perspektive eines Delfins.

global_plastic_navigator_screenshot_wwf
© Screenshot/ WWF
Interaktive Weltkarte zeigt Plastikverschmutzung der Ozeane

Es gibt mittlerweile kaum einen Flecken im Ozean, in dem noch kein Plastikmüll entdeckt wurde. Der WWF veranschaulicht eines der größten Umweltprobleme nun in einer interaktiven Weltkarte.

Spitzname „Chonkus“: Neu entdecktes Bakterium könnte Schlüssel für CO2-Abbau sein

Der Abbau von Kohlenstoffdioxid gehört zur Klimaneutralität dazu! Denn selbst mit den konsequentesten Sparmaßnahmen ist es nicht möglich, gar keine Treibhausgase mehr zu produzieren. Mit dem neu entdeckte Cyanobakterium „Chonkus“ könnten Forschende nun einen überlebenswichtigen Partner für die CO2-Neutralität gefunden haben.

© Screenshot Crowd Impact
Crowd Impact reduziert die CO2-Emissionen von Festivals bei der Anreise

Die Anreise zum Festivalgelände hat den größten Anteil an den CO2-Emissionen eines Festivals. Crowd Impact liefert den Festivals wertvolle Daten, um Anreize für nachhaltigere Transportmittel zu schaffen.

Wir suchen eine:n Social-Media-Manager:in mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Du hast ein Händchen für Social Media, kommunizierst gerne und suchst einen Job mit Sinn? Dann bewirb dich bei uns als Social-Media-Manager:in!

38C3 - Blick auf das CCC-Gebäude in Hamburg.
© Thomas Fricke
Hackerkongress 38C3: Wie steht es um Nachhaltigkeit in der digitalen Welt?

Zum Jahresende fand der alljährliche Kongress des Chaos Computer Clubs statt. Wie war der Status quo von Nachhaltigkeit in der IT auf dem 38C3? Diese spannenden Vorträge zum Nachschauen geben einen Überblick.