MethaneSAT: Satellit im Waschmaschinen-Format spürt Methanquellen auf der Erde auf

Mit MethaneSAT arbeitet ein neuer Satellit im All, der Methanquellen besonders präzise aufspüren kann. Dadurch soll ein besonders gefährliches Treibhausgas reduziert werden.

Autor*in Lana O'Sullivan:

Übersetzung Benjamin Lucks, 19.06.24

Ein neuer Satellit soll die Ursache für Methan – ein gefährliches Treibhausgas – vom Weltall aus überwachen. Das Projekt MethaneSAT wird vom Environmental Defense Fund (EDF) unterstützt und soll langfristig ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen den Klimawandel werden.

Methan und Klimawandel

Methan (CH4) ist nach Kohlendioxid (CO2) das Treibhausgas, das am zweithäufigsten in unserer Athmosphäre zu finden ist. Allerdings trägt es aufgrund seiner hohen Wärmespeicherung deutlich mehr zur Erderwärmung bei. Im Laufe eines Jahrhunderts hat Methan ein etwa 20-Mal höheres Erderwärmungspotenzial als CO2.

Obwohl Methan in der Athmosphäre eine kürzere Lebensdauer hat als CO2, sind seine Auswirkungen in umso verheerender. Zu den Hauptverursachern von Methanemissionen auf der Erde gehören die Landwirtschaft, Mülldeponien sowie der Abbau und Transport von Kohle, Öl und Erdgas.

Die Methanemissionen zu verringern, ist daher entscheidend für die Bekämpfung des Klimawandels. Denn: Können wir die Freisetzung von Methan verringern, können wir auch die Erderwärmung verlangsamen.

So funktioniert MethaneSAT

MethaneSAT ist ein winziger Satellit, in etwa so groß wie eine Waschmaschine. Er wurde am 4. März 2024 von der Vandenberg Space Force Base in Kalifornien aus ins Weltall befördert. Zukünftig soll er die Methanemissionen aus dem Weltraum mit hoher Genauigkeit messen und Karten zum Methanvorkommen erstellen. Der neue Satellit umkreist dafür 15 Mal am Tag die Erde. Er ist empfindlich genug, um Methanmengen von drei Teilen pro Milliarde aufzuspüren. Möglich ist das, da er die Menge des Sonnenlichts misst, das von der Athmosphäre zurück ins Weltall reflektiert wird. Licht, das auf diesem Weg das Methan in der Athmosphäre durchdringt, verliert bestimmte Wellenlängen. Und genau das kann MethaneSAT messen.

Für derartige Messungen ist der Satellit mit forschrittlichen spektroskopischen Sensoren ausgestattet. Die Sensoren identifizieren dabei vor allem Emissions-Hotspots mit hoher Präzision und unterscheiden dabei sogar zwischen natürlichen und menschgemachten Methanquellen. MethaneSAT analysiert diese Absorptionsmuster anschließend und berechnet die Methankonzentration für die verschiedenen Orte.

MethaneSAT rocket firing into space
© MethaneSAT

Eine der Besonderheiten von MethaneSAT ist allerdings die Fähigkeit, hochauflösende Daten auf globaler Ebene zu liefern. Im Gegensatz zu früheren Satelliten, deren räumliche Abdeckung und Auflösung oft stark begrenzt waren, kann MethaneSAT Emissionen aus einer Vielzahl von Quellen überwachen. Darunter auch in entlegenen Gebieten, die mit herkömmlichen Methoden bisher unzugänglich waren. Die ersten Bilder des Satelliten werden im Sommer 2024 erwartet, der Großteil der „kostenlosen, transparenten Emissionsdaten“ soll dann einige Monate später veröffentlicht werden. Die ersten Daten des Satelliten verändern aber schon jetzt das, was wir über die Entstehung von Methan in der Erdatmosphäre wissen.

Im Jahr 2022 entdeckte man beispielsweise, dass kleinere und weniger ergiebige Bohrstätten für mehr als die Hälfte des Methans in der Athmosphäre verantwortlich sind. Erkenntnisse wie diese sind sehr wichtig, um mehr über die Ursachen für freigesetztes Methan zu erfahren und um sie gezielt mit Sanktionen einzudämmen.

Daten werden frei zur Verfügung gestellt

Die Datenverarbeitung direkt an Bord des Satelliten ermöglicht zudem eine Datenanalyse in Echtzeit. Der Satellit deckt Methanlecks hierdurch besonders schnell auf, wodurch Unternehmen diese auch besonders schnell beheben können. Da Methan als Treibhausgas vor allem über kurze Zeiträume wirksam ist, sind schnelle Reaktionen dabei besonders wichtig. Richtungsweisend ist zudem, dass MethaneSAT die gesammelten Daten direkt an Bodenstationen überträgt. Dank der frei zugänglichen Plattform können Wissenschaftler:innen, politische Entscheidungsträger:innen und die Öffentlichkeit die Daten dann umgehend verarbeiten.

Fred Krupp, der Präsident der EDF, sagt diesbezüglich: “Die Methanverschmutzung durch fossile Brennstoffe, Landwirtschaft und andere Sektoren zu verringern, ist der schnellste Weg, um die Erderwärmung zu verlangsamen, während wir unsere Energiesysteme dekarbonisieren. Hierfür benötigen wir umfassende Daten in globalem Maßstab. MethaneSAT wird uns das ganze Ausmaß dieser Möglichkeiten zeigen, indem es die Emissionen bis zur Quelle verfolgt.”

Verantwortlichkeiten sind wichtig für politische Veränderungen

Die hochauflösenden Daten von MethaneSAT könnten auch eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Klimapolitik spielen. Denn Regierungen und internationale Organisationen können diese Daten nutzen, um strengere Auflagen für die Reduzierung von Methanemissionen festzulegen. Die offen zugängliche Plattform könnte zudem dazu beitragen, dass Unternehmen sich mit ihren Emissionen nicht aus der Verantwortung ziehen. Das ist etwas, das in der derzeitigen Klimapolitik durchaus noch fehlt.

Für die Öl- und Gasindustrie stellt MethaneSAT daher sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance dar. Unternehmen, die sich proaktiv mit ihren Methanemissionen auseinandersetzen, können von einem besseren Ruf bei Umweltthemen sowie von potenziellen Kosteneinsparungen profitieren. Andererseits müssen Unternehmen, die ihre Emissionen nicht in den Griff bekommen, mit stärkerem politischen Druck und höheren Auflagen oder sogar Strafzahlungen rechnen.

Data from MethaneSAT
© MethaneSAT (Google Earth)
So sehen die Daten aus, die MethaneSAT zur Verfügung stellen kann.

Für den Kampf gegen den Klimawandel, ist das natürlich ein Gewinn. Dennoch kommt es häufig zu rechtlichem Widerstand, wenn Unternehmen mit neuen Vorschriften und mit Verpflichtungen zur Offenlegung von Daten konfrontiert werden. So gelang es beispielsweise dem Ölkonzern BP im Jahr 2019, die Trump-Administration dazu zu bewegen, essenzielle Klimavorschriften aufzuheben, welche die Freisetzung von Methan in die Atmosphäre verhindern sollten. Dies geschah, nachdem das Unternehmen versucht hatte, sich als Vorreiter bei der Methanreduzierung zu präsentieren, und sogar ein Versprechen unterzeichnet hatte, sich „für eine sinnvolle Politik und Vorschriften zu Methan einzusetzen“.

Dennoch sind die Gründer:innen von MethaneSAT hoffnungsvoll. Laut Mark Brownstein, Vizepräsident für Energiewende beim Environmental Defense Fund (EDF), werden „diese Daten der Schlüssel dazu sein, Länder und Unternehmen für die Methanverschmutzung zur Verantwortung zu ziehen und ihnen die Informationen zu geben, die sie brauchen, um Maßnahmen zu ergreifen“.

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