Ihr seid 2015 mit einer Kickstarter-Kampagne das erste mal an die Öffentlichkeit gegangen, das Board ist momentan vorbestellbar und die Auslieferung hat Ende März begonnen. Wie seid ihr auf die Idee für das Mellow Board gekommen und was waren die größten Herausforderungen?
Das Skateboard an sich haben Surfer in Kalifornien in den 1960ern erfunden, um auch ohne Wind und Wellen ihrem Hobby nachgehen zu können. Die Vision des „Endless Ride“ stand auch am Anfang von Mellow Boards:
Die Idee keimte bereits, als ich in einer Zeitschrift über einen Dieselantrieb für Skateboards gelesen habe. 2010 stand ich dann das erste Mal auf einem elektrischen Skateboard. Ich hatte große Erwartungen, wurde jedoch sehr enttäuscht und dachte: Das muss doch auch besser gehen! Das nötige technische Know-How steuerte dann Kilian bei. Als wir uns zufällig bei einem Surfurlaub in Marokko kennengelernt haben, war er Ingenieur für Elektrofahrzeuge bei BMW. Mit meiner Idee von einem montierbaren Skateboard-Antrieb habe ich seinen Ehrgeiz aber erst so richtig geweckt. Der „Endless Ride“ wurde daraufhin zu unserer gemeinsamen Vision.
Die größte Herausforderung war für uns am Anfang die Finanzierung. Hardware-Startups haben generell extrem hohe Entwicklungs- und Produktionskosten. Die meisten Investoren lehnen dies von vornherein ab. Erste eigene finanzielle Mittel und das Crowdfunding über die Kickstarter Kampagne halfen uns in der Startphase. Doch den richtigen Durchbruch brachte erst die Partnerschaft mit TQ Systems, einem führenden deutschen Elektronikdienstleister im Bereich Antriebstechnik. Seit Dezember 2015 ist TQ Systems als Investor und Produktionspartner bei uns mit an Board.
Eine weitere Herausforderung war, neben TQ Systems Partner und Zulieferer zu finden, die den hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden. Letztlich waren drei Jahre Konzeption, Prototypenentwicklung und Feinabstimmung zur Kombination von mehr als 300 individuell angepassten Teilen notwendig, um den Mellow Drive und den Traum vom „Endless Ride“ zu verwirklichen.
Sicherlich gab es auch mal Rückschläge während des Entwicklungsprozesses. Gab es einen, aus dem ihr besonders viel gelernt habt oder über den ihr heute noch schmunzeln müsst?
Time-to-Market war für uns die größte Herausforderung. Zu unserer Kickstarter Kampagne hatten wir die Produktentwicklungszeit schon möglichst realistisch und auch sehr großzügig geplant. Die Realität stellt sich dann aber doch meist anders heraus. Zum einen haben wir das ursprüngliche Design nochmal verändert, dann sind geplante Timelines zusammengekracht und kurz vor der Auslieferung haben wir uns auch nochmal Zeit genommen, den Motor zu verbessern.
Das waren sehr harte existenzielle Entscheidungen, mit denen wir unsere Unternehmenswerte gefestigt haben, aber nicht wussten, ob die wartenden Kunden Verständnis aufbringen oder einen Shitstorm lostreten. Heute oder in einem Jahr können wir darüber schmunzeln, wie hektisch wir damals waren. Unser Fazit ist: Gute Kommunikation und nachhaltige Entscheidungen zahlen sich immer aus.
Euer Elektro-Antrieb ist in den Rollen integriert, die an einer speziellen Achse angebracht sind. Die hat wiederum einen Steckplatz für den Akku und lässt sich unter jedes beliebige Board schrauben. Bohrungen, Gewinde, Lenkgummis etc. scheinen alle Standardmaße zu haben. War größtmögliche Kompatibilität zum restlichen Equipment auf dem Skateboard-Markt ein wichtiges Designkriterium?
Komplette Elektroskateboards gibt es schon seit einer Weile auf dem Markt. Unabhängig von den eigenen Präferenzen muss man hier mit dem Deck des Herstellers leben. Uns war es wichtig, dass jeder sein Lieblingsdeck individuell wählen und motorisieren kann – egal ob Skate- oder Longboard, hart oder weich, kurz oder lang. Nur so bleiben die bevorzugten Fahreigenschaften und die Qualität des richtigen Skateboardens erhalten. Mit der flexiblen Lösung können auch alte Boards wieder zum Leben erweckt werden oder man kann je nach Fahrsituation das passende Deck aus seinem Repertoire wählen.
Neben höchster Qualität und Sicherheit waren ein erstklassiges Nutzererlebnis sowie die Langlebigkeit des Produkts entscheidende Kriterien bei der Entwicklung des Drives.
Mit einem Preis von 1699 EUR ist das Mellow Drive nicht so leicht vom Taschengeld finanzierbar und es gibt auch sicherlich einige Tricks, die man damit doch nicht versuchen möchte. Wen seht ihr als Zielgruppe und welcher Einsatzbereich schwebt euch vor?
Als kleinstes Ein-Mann-Transportmittel sind Elektroskateboards ideal, um sich möglichst flexibel durch die Stadt zu bewegen und dabei auch noch eine Menge Spaß zu haben. Das macht sie für Brettsportler aber auch Pendler gleichermaßen attraktiv.
Unsere Kunden sind primär Männer zwischen 30 und 50 Jahren mit Affinität zu irgendeiner Art von Boardsport. Viele von ihnen sehen den Mellow Drive als intelligente und innovative Lösung im Bereich „Urban Mobility“. Sie wollen damit zur Arbeit fahren und ihre täglichen Strecken in der Stadt zurücklegen.
Damit teilen sie mit Mellow Boards die Vision der nachhaltigen Mobilität. Mit dem Mellow Drive bieten wir eine innovative emissionsfreie Alternative zu Autos, Bussen oder Rollern. Wir sehen darin nicht nur eine intelligente Lösung für das Zurücklegen kurzer Strecken (Last-Mile-Konzept), sondern auch das Potenzial, unser Verständnis von urbaner Mobilität zu verändern.
Als Mobilitätsalternative ist das Mellow Board auch gut denkbar, denn es ist ein umweltfreundlicher Antrieb, benötigt wenig Platz und kann ohne Zusatzticket in den Öffentlichen mitgenommen werden. Und es tut sich in dem Bereich ja einiges mit Pedelecs, E-Bikes, E-Tretrollern und nun auch immer mehr E-Skateboards. Leider ist die Politik und in der Folge die Straßenverkehrsordnung nicht ganz so schnell, das alles geregelt zu bekommen. Wie beurteilt ihr die aktuelle Situation und was wäre eure Wunschvorstellung in Bezug auf immer vielfältiger werdende Möglichkeiten, sich im öffentlichen Raum fortzubewegen?
Aktuell gibt es in Deutschland noch keinen konkreten rechtlichen Rahmen für Elektroskateboards, aber der Prozess dafür läuft. So ist es leider immer mit Innovationen: Zunächst kommt das Produkt auf den Markt und erst mit entsprechender Verbreitung wird die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung erkannt. Andere Länder sind da zum Teil schon weiter. In Kalifornien gibt es beispielsweise seit Oktober 2015 ein Gesetz, dass es E-Skateboard-Fahrern erlaubt, überall dort zu fahren, wo auch Fahrräder unterwegs sind. Wir gehen davon aus und setzen uns dafür ein, dass ähnliche Richtlinien auch bald in Deutschland gelten.
Die Mobilität der Zukunft wird sich radikal verändern. Aktuell stehen wir durchschnittlich noch 216 Stunden pro Jahr im Stau. Die Infrastruktur der Zukunft wird sich nicht mehr primär um das Auto drehen, sondern um den Menschen mit einer Vielfalt an nachhaltigen Mobilitätslösungen, die die Lebensqualität in Städten erheblich verbessert.
Jetzt gilt euer Fokus sicher erst einmal einem erfolgreichen Marktstart. Aber wenn ihr sofort weitertüfteln könntet, was würdet ihr als nächstes elektrifizieren wollen oder wo seht ihr noch Einsatzmöglichkeiten eures Antriebs?
Zunächst haben wir natürlich noch ein paar Weiterentwicklungen des Mellow Drives in Planung (u.a. Offroad-Rollen und der Vierradantrieb mithilfe von zwei Drives). Langfristig gibt es viele weitere Ideen für Einsatzbereiche unseres Hochleistungsantriebs, z.B. in der Logistik, in Rollstühlen oder weiteren leichten Elektrofahrzeugen. In dem kleinen Tesla aus Deutschland – wie uns Shutterstock liebevoll getauft hat – steckt auf jeden Fall noch eine Menge Potenzial.