Medikamente für alle! Eine griechische App will ungenutzte Medikamente umverteilen

Über GiveMed werden ungenutzte Medikamente an bedürftige Menschen weitervermittelt.

ShareMed – so heißt das griechische Startup, das den Zugang zu Medikamenten in Griechenland revolutionieren will. Und zwar mit Hilfe der Share Economy.

Autor*in Laura Wagener, 14.03.18

Wer kennt es nicht: Der Arzt verschreibt Tabletten gegen irgendeine Krankheit, doch schon nach ein paar Tagen fühlt man sich besser und verzichtet auf weitere Pharmazeutika. Die restlichen Tabletten verstauben ungenutzt im Medizinschrank. In Griechenland verfallen auf diese Weise laut der Panhellenic Pharmaceutical Association jedes Jahr 57 Millionen Packungen mit Medikamenten.

In Deutschland und anderen Teilen der westlichen Welt dürfte es kaum anders aussehen. Gleichzeitig haben soziale Unternehmen Probleme, genügend Medikamente für bedürftige Patienten aufzutreiben. Neben den kostenbaren Wirkstoffen wandert aus unseren Badezimmerschränken auf diese Weise eine ganze Menge Geld in den Müll. Geld, welches anderen Menschen fehlt, um überhaupt Medikamente zu erhalten – natürlich besonders im immer noch von der Finanzkrise gebeutelten Griechenland.

Das griechische Startup GIVEMED will den Überschuss auf der einen und den Bedarf auf der anderen Seite zusammenbringen und weitet das Prinzip der Share Economy auf den Medikamentenmarkt aus.

Wie funktioniert GIVMED?

Über GIVMED können Menschen ihre überschüssigen Medikamente anderen zur Verfügung stellen, indem sie den Barcode der Medikamentenpackung per App oder online einscannen, eine Abgabestation auswählen – in Griechenland gibt es inzwischen 120 davon – und auf diese Weise das Medikament registrieren. Das Medikament wird dann einer sozialen Organisation, wie Sozialapotheken, Altersheimen oder NGOs zur Verfügung gestellt, die es an bedürftige Kranke ausgibt. GIVMED geht bewusst den Umweg über eine pharmazeutisch qualifizierte Ausgabestation, um den Missbrauch oder die falsche Dosierung der Wirkstoffe zu vermeiden. Auf diese Weise wurden bisher fast 12.000 Schachteln Medizin an rund 4.500 Kranke weitergegeben.

Das gemeinnützig arbeitende GIVMED hat sich klare soziale Leitlinien gesetzt:

  1.  Alle unsere Mitmenschen sollen Zugang zu den Medikamenten haben, die sie brauchen.
  2. Nicht genutzte Medikamente aus der Gesellschaft sollen angemessen für sozial gefährdete Gruppen eingesetzt werden.
  3. Es soll sichergestellt sein, dass jeder weiß, welche Medikamente er besitzt, wann sie ablaufen und wie damit umgangen werden muss.
  4. Sicherstellen, dass die Gesellschaft angemessen über die Verwaltung von Haushaltsarzneimitteln (entweder übrig geblieben oder nicht) informiert wird.

Die App hat aber noch weitere Funktionen: Die Nutzer können in ihrem Profil eine persönliche Apotheke erstellen, in der sie eine Liste mit all den von ihnen selbst genutzten Medikamenten anlegen. Die App erinnert rechtzeitig an den Ablauf eines Verbrauchsdatums. Das hilft nicht nur den GIVMED-Begünstigten, sondern bietet den Spendern auch einen schnellen Zugang ihren aktuellen Verordnungen, wenn sie selbst einen Arzt besuchen.

In Deutschland verfolgte bisher nur der Verein „Medikamente für Menschen in Not“ einen ähnlichen Ansatz, der zuletzt seinen Sitz in Hamburg hatte, dessen Webadresse heute jedoch ins Leere führt. Wegen der starken Pharmalobby ist anzunehmen, dass das Sammeln und Weitergeben von Medikamenten einigen Hürden unterworfen wäre – einen Bedarf für einen sozialeren Zugang zu Heilmitteln gäbe es jedoch sicher. Insofern bleibt zu hoffen, dass Initiativen wie GIVMED so große Wellen schlagen, dass sie der Share Economy des Gesundheitssektors auch in anderen Ländern Aufschwung geben!

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