Magway: Kommen unsere Waren bald per Magnetschwebebahn?

Lieferungen, die durch unterirdische Tunnel direkt bis vor die Haustür gebracht werden? Ein Projekt im Vereinigten Königreich will dies Wirklichkeit werden lassen.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Lara Sophie Sander, 14.03.22

Die Coronavirus-Pandemie hat viele Gesellschaftsbereiche erheblich belastet, vom Gesundheitssektor bis zur gesamten Wirtschaft. Zu den Profiteuren der Einschränkungen gehören jedoch Liefer- und Logistikdienste. Dass Waren und Lebensmitteln direkt bis an die Haustür geliefert werden, war keine neue Erfindung, aber für viele wurden die Dienstleistungen während der Pandemie zu einer lebenswichtigen Stütze. Und mit zunehmender Verstädterung und mehr Menschen ohne ein eigenes Auto ist davon auszugehen, dass diese Dienste in Zukunft wahrscheinlich noch mehr Zulauf erfahren werden.

Trotzdem können die derzeitigen Lieferdienste auch ziemlich frustrieren – entweder werden Waren nicht zugestellt (obwohl man den ganzen Tag im Haus gewartet hat, um sie zu erhalten) oder Pakete werden an Abholstationen am Stadtrand geschickt. Zudem sorgen die steigenden Zahlen an Lieferwagen, die Pakete kreuz und quer durch die Stadt transportieren, für erhebliche Umweltbelastungen. Im Großbritannien verzeichnete der Lieferwagenverkehr das schnellste Wachstum aller Kraftfahrzeuge und verdoppelte sich zwischen 1993 und 2018 fast auf einen Höchststand von 51 Milliarden Fahrzeugmeilen – und damit stiegen auch die CO2-Emissionen.

Neue, innovative Methoden könnten dieses Problem jedoch in den Griff bekommen. Einige sind relativ einfach, wie der Einsatz von E-Bikes und Lastenrädern auf den vollen Straßen überlasteter Städte. Andere bewegen sich an der Schwelle zur Science-Fiction. Eines dieser Beispiele ist Magway, ein britisches Startup, das erforscht, wie Güter in Hochgeschwindigkeitsröhren mit geringem Schadstoffausstoß quer durch das Land befördert werden können.

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Magway wurde 2017 gegründet und hat ehrgeizige Pläne. Das Design seiner „Rohrpost“ basiert auf dem Prinzip von Linearmotoren, die Objekte mit hoher Geschwindigkeit entlang von Schienen bewegen können. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen elektrischen Drehmotor, der eine Drehbewegung bewirkt, erzeugt ein Linearmotor – wie der Name schon sagt – eine Bewegung entlang einer linearen Ebene. Die Technik der beiden Motoren ist ähnlich. Bei einem Rotationsmotor wird ein Magnetfeld verwendet, um einen Motor in einem Gehäuse, dem so genannten Stator, in Drehung zu versetzen. Bei einem Linearmotor wurde dieses Statorgehäuse sozusagen aufgeschnitten und flach hingelegt. Der Linearmotor bewegt sich dann entlang des Stators vorwärts, wobei er auf einem Luftkissen läuft. Bei den anspruchsvolleren Linearmotorprojekten werden häufig sogenannte supraleitende Magnete verwendet. Diese werden auf niedrige Temperaturen gekühlt, um praktisch widerstandslos Strom zu leiten und dadurch den Verbrauch zu senken.

Ein Linearmotor bietet deutliche Vorteile gegenüber einem herkömmlichen Motor. Da er keine beweglichen Teile hat, ist es sehr viel unwahrscheinlicher, dass er ausfällt, und durch das Luftkissen geht keine Energie durch Reibung oder Vibrationen verloren. Außerdem wird kein Getriebe benötigt, um eine Drehbewegung in eine geradlinige Bewegung umzuwandeln – das spart wiederum Energie.

Im Rahmen des Magway-Projekts könnten Waren mit dieser Technologie schnell und bequem über Städte und möglicherweise ganze Länder hinweggeliefert werden. Das Unternehmen plant ein Netz von Tunneln mit einem Durchmesser von 1 Meter, in denen mit erneuerbaren Energien betriebene, automatisierte Magway-Shuttles Waren mit hoher Geschwindigkeit transportieren. Mit diesem System könnten laut Magway 90 Prozent des Verkehrs zum Transport von Waren von den Straßen und Autobahnen genommen werden.

Das Startup, das vor kurzem in eine neue, spezialisierte Anlage umgezogen ist und seine ersten Teststrecken fertiggestellt hat, sieht Technologien wie Magway als das logistische Rückgrat der entstehenden intelligenten Städte. Ein Vorteil der Transport-Röhren ist, dass sie auf bereits bestehende Infrastrukturen aufbauen können. Parkhäuser von Wohnungen und Büros könnten zum Beispiel zum Ankunftsorte für Pakete werden.
Anfänglich sollen die Magway-Routen bestimmte Standorte wie Flughäfen bedienen, doch bis 2023 will das Unternehmen mit Langstreckentunneln beginnen, die möglicherweise Hunderte von Kilometern entlang von Autobahnen verlaufen.
Ist die Rohrpost a la Magway ein Hirngespinst?

Tatsächlich sind die Technologie und das Konzept selbst nicht völlig neu. Die Grundprinzipien von Linearmotoren wurden bereits 1895 entwickelt, und die Idee von Röhren, die Güter durch Städte transportieren, erinnert an die inzwischen weitgehend abgeschafften Rohrpostsysteme, die fast 100 Jahre lang im Einsatz waren. Mit einer ähnlichen Technologie wird auch bei der Entwicklung von Magnetschwebebahnen experimentiert und sie soll auch – was jedoch wesentlich beunruhigender ist – bei der nächsten Generation von Hochgeschwindigkeits-Magnetschienenwaffen verwendet werden.

Mehrere Städte haben mit Linearmotorzügen experimentiert – aber nur wenige hatten Erfolg.

Wenn es diese Technologie also schon seit einiger Zeit gibt und sie viele Vorteile zu bieten scheint, warum konnte sie sich bis heute nicht wirklich durchsetzen? Wie bei vielen anderen Dingen auch, geht es hier vor allem um die Kosten. Lineare Systeme sind teurer als rotierende, vor allem, weil sie speziell entwickelte Elektromagnete erfordern. Außerdem würde die Installation eines Linearmotorsystems – egal für welchen Zweck – oft eine umfassende Überholung der bereits vorhandenen Infrastruktur erfordern. Im Falle von Magnetschwebebahnen müsste ein völlig neues Schienensystem und Tunnel verlegt werden.

In der Vergangenheit wurden bereits viele Magnetschwebebahnen entwickelt, darunter die kurzlebige M-Bahn in West-Berlin. Ab 2022 sind jedoch nur noch eine Handvoll Züge in Asien in Betrieb, von denen die meisten Kurzstrecken-Pendelverkehr zu Flughäfen anbieten. Der Traum von Magway, das ganze Land mit kilometerlangen Tunneln zu durchziehen, ist schlichtweg mit enormen Baukosten verbunden.

Nichtsdestotrotz hat das Magway-System Aufmerksamkeit erregt und es ist nicht auszuschließen, dass neuartige „Rohrpostsysteme“ durchaus eine Chance in der Logistik bekommen werden – wenn auch eher in kleinem Maßstab. Das Design hat bereits mehrere Preise gewonnen und 2017 über 1,3 Millionen Britische Pfund durch Crowdfunding eingesammelt. Nach einer Präsentation bei der COP26 hat Magway 2022 eine weitere Crowdfunding-Runde gestartet und sein Ziel von 750.000 Britische Pfund bereits etwa eine Woche vor Ende des Aufrufs erreicht.

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Torge Peters
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