Der marine Transportsektor hängt stark von riesigen Schiffen ab, von Kreuzfahrt- über Containerschiffen bis hin zu Riesentankern. Und die haben oft eines gemeinsam: Sie fahren mit Schweröl, einem der minderwertigsten Kraftstoffe der Welt, das bei der Raffinierung von Erdöl als Abfallprodukt anfällt, oft gemischt mit Dieselöl. Und das hat entsprechende Konsequenzen für die Umwelt.
Auch wenn die großen Schiffe im Hafen angedockt sind und ihr Hauptmotor ausgeschaltet ist, benötigen sie Strom für den Bordbetrieb. Oft erfolgt die Stromversorgung dann über Hilfsgeneratoren. Bei der Verbrennung von Schwer- und Dieselöl für den Schiffsbetrieb kommt es jedoch zu einer erheblichen Luftverschmutzung, bei der große Mengen an Schwefeldioxid, Feinstaub und Stickoxiden in die Umgebung freigesetzt werden. Laut einer Vielzahl von Studien kann ein einzelnes Schiff Partikelemissionen in Höhe von 50 Millionen Autos pro Jahr produzieren. Das ist eine derartige Verpestung der Luft, die für kein Lebewesen gut sein kann. Doch wenn Schiffe an Land anlegen, hört dies nicht etwa auf. Denn viele Häfen weltweit versorgen Schiffe nach wie vor nicht mit Strom vom Land, sodass diese dann weiterhin auf ihre eigene Energieversorgung angewiesen sind. Das sogenannte „Cold Ironing“, die Landstromversorgung von Schiffen, wäre der logische Weg, um diese Luftverschmutzung zu verhindern. (Der Begriff „Cold Ironing“ stammt aus der Zeit der mit Kohle befeuerten Dampfschiffe: Damals mussten die Heizer den Kessel heizen, um ein Auskühlen zu verhindern.)
Doch die Versorgung mit Strom vom Land ist gar nicht so einfach, sondern wird von einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten behindert. Zum einen werden Schiffe in vielen verschiedenen Werften auf der ganzen Welt gebaut, was bedeutet, dass sie unterschiedliche Leistungsnormen, Anforderungen und sogar verschiedene Stromanschlüsse haben. Zum anderen haben einige Schiffe nur einen geringen Energiebedarf, während andere – insbesondere Passagierkreuzfahrtschiffe – enorme Energiemengen benötigen. Der Aufbau eines leistungsfähigen und flexiblen Energieversorgungssystems, das mehrere große Schiffe auf einmal bedienen kann, ist für Häfen sehr teuer. Auch die Finanzierung leistungsfähiger und zuverlässiger Netzanschlüsse ist für viele Häfen keine leichte Aufgabe. Hinzu kommt, dass es auch nach dem Bau teurer Anlagen passieren kann, dass die Strompreise an Land in Spitzenzeiten deutlich über den Brennstoffkosten liegen, was für die Betreiber offensichtlich unattraktiv ist.
Stromversorgung per Kran
Es gibt bereits verschiedene Ansätze zur Lösung dieses Problems. Einer davon ist der LNG PowerPac von Becker Marine Systems, der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert wird. Der PowerPac ist ein erdgasbetriebener Generator, der in zwei Schiffscontainern in der Standardgröße eingebaut ist. Er kann Containerschiffe bei einer Betriebszeit von 28 bis 30 Stunden und einer Auslastung von 90 Prozent mit Strom versorgen. Der PowerPac ist so konzipiert, dass er über einen Standard-Portalkran direkt auf ein Schiff geladen werden kann, um die dortige Energieversorgung sicherzustellen.
Das ursprüngliche Modell des PowerPac lieferte im Test bis zu 1,5 MW Leistung, ein aufgerüstetes 3-MW-Modell wurde erst vor wenigen Wochen im Hamburger Hafen getestet. Becker verfügt auch über ein größeres System, das für die Versorgung von Kreuzfahrtschiffen im Hafen ausgelegt ist. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes LNG Power Barge, ein kleines Flüssiggas-Kraftwerk, das bis zu 7,5 MW Strom über fünf Generatoren bereitstellen kann. Ein weiteres Modell, das bis zu 24 MW Leistung erbringen bzw. zwei große Schiffe versorgen kann, wurde ebenfalls prototypisch realisiert. Aktuell befindet sich das PowerPac-Projekt auf dem Weg zu einer industriellen Serienproduktion. Für die Lieferung von Landstrom für Schiffe hat das Unternehmen dabei sowohl europäische als auch chinesische Häfen im Blick.
Der Vorteil des Systems liegt in der Flexibilität der unabhängigen Versorgung zu definierten Kosten, die ein „Cold Ironing“ oder zumindest eine deutliche Reduzierung schädlicher Emissionen ermöglicht. Um hier wirklich sauberen Strom einzusetzen, wäre hier allerdings eine Lösung nötig, die auf erneuerbare Energien setzt, statt weiter auf fossile Energieträger wie Erdgas.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung und erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.