Ein Blick auf den Startbildschirm meines Handy zeigt: Um in meiner Stadt von A nach B zu gelangen, nutze ich neben meinen Füßen ein buntes Potpourri an Fortbewegungsmitteln. Neben dem Icon für die örtlichen Öffis blinken die Symbole von DriveNow, Emmy, Next- und LidlBike und der Deutschen Bahn. Je nach Wetterlage und Distanz meines nächsten Zieles klicke ich nicht selten entnervt zwischen den verschiedenen Startbildschirmen meiner Mobilitäts-Apps herum und versuche herauszufinden, wie ich am schnellsten und unkompliziertesten ans Ziel komme. Kein Wunder, dass da der ein oder andere dann doch einfach schnell ins Auto vor der Haustür steigt. Der Mensch ist bequem! Nur ein möglichst komfortabler und unkomplizierter Zugang zu alternativen Mobilitätsangeboten wird also dazu führen, dass sich der Stadtverkehr maßgeblich in Richtung nachhaltiger Mobilität entwickelt und Leute auf ein eigenes Auto verzichten.
Im Baltikum ist man hier bereits einen Schritt weiter. Egal ob City-Bike, Bus, Uber oder Carsharing: In Litauens Hauptstadt Wilna können die Bürger mit nur einer App nicht nur die Verfügbarkeit aller möglichen Transportmittel überprüfen – auch die Bezahlung aller Verkehrsmittel erfolgt bequem über die App. Und wie heißt das Wunderkind der neu gedachten Shared-Mobility? Ganz einfach: Trafi.
Bequem reisen, Daten zur Verkehrsplanung nutzen
Besonders spannend: Die App Trafi und die Stadtverwaltung von Wilna befinden sich derzeit in einem Pilotprojekt, welches für die Planung sinnvoller und nachhaltiger Infrastrukturen durchaus Schule machen könnte. Trafi wertet für seinen Kundendienst auch Verkehrsdaten aus und sammelt Feedback von Nutzern über aktuelle Verkehrssituationen, um sie bei ihren Reiseempfehlungen zu berücksichtigen. Gibt es auf einer Strecke einen langen Stau, empfiehlt die App lieber das Fahrrad oder die Bahn statt ein Auto. Zusammen mit den gesammelten Informationen darüber, für welche Verkehrsmittel sich die Bewohner auf welchen Strecken dann tatsächlich entscheiden, ergibt sich ein interessanter Wissenspool über die reale infrastrukturelle Situation der Stadt sowie über Probleme und Potenziale des Stadtverkehrs.
Diese Informationen übermittelt Trafi der Stadtverwaltung, die sie für ihre Verkehrs- und Städteplanung nutzen kann. Stellt sich beispielsweise heraus, dass eine Strecke besonders häufig von Staus betroffen ist, könnte eine neue Bustrasse oder ein Fahrradweg in der Mitte der Fahrbahn interessant sein, um das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Oder es stellt sich heraus, dass eine CityBike- oder CarSharing-Station chronisch unterbestellt ist – dann können neue Fahrzeuge organisiert werden. Auf diese Weise soll ein Stadtverkehr entstehen, der auf die Bedürfnisse der Bewohner angepasst ist und gleichzeitig durch verminderte Emissionen die Lebensqualität in der Stadt erhöht und zum Klimaschutz beiträgt.
Für die Nutzer bedeutet die App in erster Linie Komfort, da sie in nur einer Applikation sehen, wie sie am besten und am schnellsten ohne eigenes Auto an ihr Ziel gelangen. Gleichzeitig ersetzt die App das Kleingeld für Fahrscheine und kann von Fahrrad über Scooter und Auto für alle Anbieter geteilter Fahrzeuge genutzt werden.
Die App gibt es neben Städten in Litauen beispielsweise auch bereits für Städte in Brasilien, Indonesien, Spanien und in der Türkei. Man darf gespannt den geplanten Einzug auf den deutschen Markt erwarten – auch wenn sich die Anbieter von Carsharing, Bahn und Co. bisher wohl noch etwas schwer damit tun, ihre Daten mit dem Startup zu teilen.
Dieses Video (auf Englisch) zeigt, wie Trafi genau funktioniert: