Es ist noch nicht lange her, da dominierten die verheerenden Brände im Amazonas die mediale Berichterstattung. Ursache der Brände waren vor allem illegale Brandrodungen, die größtenteils den Landnutzungsinteressen für Lebensmittelanbau und Viehzucht zuzuordnen sind.
Brandrodungen der Regenwälder führen zu langfristigen, enormen Schäden, denn die Feuer setzen nicht nur Kohlendioxid frei und tragen so zum Treibhauseffekt bei, auch Nährstoffe und Biomasse der ohnehin nährstoffarmen Regenwaldböden gehen dadurch verloren. Durch die Rodung werden die Böden außerdem anfälliger für Sonneneinstrahlung, wodurch die Mineralisierung beschleunigt und weitere Nährstoffe und CO2 freigesetzt werden. Die Folge der Verringerung der Kohlenstoffvorräte führt schließlich zu einer raschen Auswaschung der verbliebenen Nährstoffe. Schon nach wenigen Jahren gehten die Erträge zurück und die brandgerodeten Flächen können nicht mehr für die Landwirtschaft genutzt werden. Bauern müssen neue Flächen durch Brandrodungen erschließen, die dann ebenfalls wenig später ausgelaugt und landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar sind – ein Teufelskreis.
Wälder entscheidend für Stabilisierung des Klimas
Laut World Resources Institute können Regenwälder 23 Prozent der benötigten CO2-Mitigation bereitstellen, indem sie Kohlenstoff speichern. Obwohl Wälder nur etwa 30 Prozent der Landoberfläche der Erde bedecken, speichern sie ungefähr die Hälfte des gebundenen Kohlenstoffs. Zugleich sind Abholzungen und Schädigungen der Wälder laut IPCC-Report für etwa 13 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich – für mehr noch als das gesamte weltweite Transportsystem. Die Entwaldung trägt also nicht nur erheblich zu den derzeitigen Treibhausgasemissionen bei, sondern der Schutz und die Wiederaufforstung der Wälder spielen auch eine sehr bedeutende Rolle beim Klimaschutz.
An der ETH Zürich arbeitet der Doktorand David Dao mit seinem Team an einem Forschungsprojekt, das Künstliche Intelligenz und Drohnen dazu einsetzt, der nicht-nachhaltigen Landnutzung etwas entgegenzusetzen. Mitarbeitende an dem Projekt „Komorebi“ wollen dazu maschinelles Lernen nutzen und lernfähige Algorithmen entwickeln, die selbstständig Satelliten- und Drohnenaufnahmen auswerten sollen. Dazu vergleichen die Algorithmen Sequenzen von zeitlich aufeinanderfolgenden Luftaufnahmen, um zu erkennen, wo sich Waldflächen mit der Zeit verändern bzw. schwinden und in welchem Ausmaß dies geschieht. Außerdem soll es mithilfe lernfähiger Algorithmen möglich sein, vorauszusagen, an welchen Stellen der Wald zukünftig am stärksten gerodet wird.
Das Projekt startete seine Pilotphase im Januar im Valvidianischen Regenwald, der von der chilenischen Pazifikküste bis zum Rand der Anden verläuft. Im dem von IDBLabs und EIT Climate-KIC finanzierten Pilotprojekt wird getestet, wie die Genauigkeit der Vorhersagen durch die Algorithmen verbessert werden kann, indem neben Satellitenbildern auch die Aufnahmen von Drohnen verwendet werden. Durch den Einsatz von Drohnen, die Aufnahmen in größerer Nähe machen können, soll es möglich sein, nicht nur Veränderungen im Baumbestand festzustellen, sondern auch die Baumarten zu erkennen, die von der Veränderung betroffen sind. Für den Klimaschutz ist dieser Aspekt insofern relevant, da verschiedene Baumarten unterschiedlich viel CO2 speichern.
Blockchain und Machine Learning für eine Interessensvertretung des Regenwaldes
Es reicht allerdings nicht aus, drohende Entwaldung im Amazonas lediglich zu erkennen. Wie kann der Regenwald tatsächlich nachhaltig geschützt und eine weitere Abholzung verhindert werden? Etwa 80 Prozent der Entwaldung im Amazonas gehen auf lokale (Klein-)Bauern zurück, die durch diese Form der Landgewinnung ihre Existenz sichern. Dies zu unterbinden würde bedeuten, vielen Menschen ihre Lebensgrundlage zu nehmen. Ein Ansatz, der hier greifen könnte, ist das Programm REDD+ der internationalen Klimarahmenkonvention UNFCCC, welches die Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung sowie eine nachhaltigen Waldbewirtschaftung und den Ausbau des Wald-Kohlenstoffspeichers zum Ziel hat, vor allem in Ländern des Globalen Südens.
Der Grundgedanke von REDD+ beinhaltet leistungsbasierte Zahlungen für Emissionsreduzierungen durch Waldschutzmaßnahmen. Dem Kohlenstoff, der in den Wäldern gespeicherten ist, wird dabei ein monetärer Wert zugewiesen. Auf diese Weise soll die Erhaltung von Wäldern ein höheres finanzielles Gewicht bei wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen bekommen und es sollen Anreize für die Begrenzung der Waldzerstörung geschaffen werden.
Die Idee hinter REDD+ haben David Dao und sein internationales, interdisziplinäres Team in einem weiteren, 2017 ins Leben gerufenen Projekt aufgegriffen: Mithilfe der Plattform GainForest sollen, neben externen Stakeholdern, Menschen aus lokalen Communities, zum Beispiel Landwirte, zu Stakeholdern von bedrohten Amazonasgebieten werden. Dazu wählen diese ein Gebiet und einen Betrag aus, mit dem sie sich daran beteiligen möchten. Nach einer festgelegten Zeit, wie einigen Monaten oder Jahren, wird der Zustand des Gebiets überprüft. Die Überprüfung erfolgt automatisch mithilfe von Machine Learning und auf Grundlage von Satellitenbildern. Ist das Waldgebiet in einem guten Zustand, erhält der jeweilige Stakeholder sein ursprüngliches Investment sowie eine Belohnung zurück. Die Sicherstellung, dass der Vertrag eingehalten wird, erfolgt mithilfe von Blockchain-basierten Smart Contracts: Alle Investitionen und Transaktionen werden innerhalb der Blockchain aufgezeichnet und gespeichert.
Je länger ein Gebiet dann vor Abholzung bewahrt bleibt, umso größer wird sein Wert – und damit wächst auch der finanzielle Wert für den Stakeholder. Auf diese Weise wäre es auch im Interesse der ansässigen Landwirte bzw. Investoren, den Wald eben nicht abzuholzen, sondern sich um das jeweilige Gebiet zu kümmern und es zu erhalten. Ein erster Blockchain-Pilot wurde Mitte 2019 in Brasilien getestet, eine Public Beta soll noch Anfang dieses Jahres veröffentlicht werden.
Co-Autorin: Jasmina Schmidt (RESET-Redaktion)
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