Den Planeten mithilfe von Geoengineering zu gestalten, das ist ein vielgesehenes Motiv Science-Fiction-Filmen: Wissenschaftler in weißen Kitteln kühlen die Erde mithilfe von riesigen Maschinen, blasen hitzerefletierenden Staub in die Atmosphäre oder stellen einen riesigen Regenschirm im Weltraum auf, um die Menschheit vor der Sonneneinstrahlung zu schützen. Kurzum: Wirklich seriöses Geoengineering war bis vor kurzem kein ernsthafter Bestandteil des Klimadiskurses.
Ernsthafte Lösungen braucht es aber vor allem an der nördlichen Polkappe, denn das Eis in der Arktis verschwindet zunehmend aus der nördlichen Region. Die arktische Eisschmelze stellt eine gefährliche klimatische Feedbackschleife dar, die zu einer schnelleren Erwärmung der Erde führt, da das Polareis als natürlicher Hitzeschild wirkt und das einstrahlende Sonnenlicht reflektiert. Mit weniger Eis wird mehr Wärme aufgenommen, was wiederum eine stärkere Eisschmelze zur Folge hat und den gesamten Zyklus beschleunigt. Seit 1979 hat die arktische Eiskappe ungefähr 75 Prozent ihres Volumens verloren. Wir befinden uns also mittendrin, in diesem klimatischen Teufelskreis.
Ein neuer Ansatz von Stanford- und NASA-Wissenschaftlern könnte dies ändern. Das Team von Ice911, einer gemeinnützigen Organisation, die von Dr. Leslie Field, einer Stanford-Professorin gegründet wurde, hat dabei eine Lösung, die auf den ersten Blick unrealistisch erscheinen mag, fast schon einem Science-Fiction-Film entstammen könnte: Hohle, weiße Quarzglasperlen aus Silizium werden strategisch auf dem Eis in der Arktis verteilt, um es vor der immer stärkeren Sonneneinstrahlung zu schützen. Die Perlen schwimmen auf Wasser und haften bei Kontakt mit dem Eis. Durch die Perlen reflektiert das Eis mehr Sonnenlicht (Albedo-Effekt) und weniger Wärme wird aufgenommen – das Eis schmilzt langsamer und erzeugt so einen Hitzeschildeffekt.
Die Kieselglasperlen werden aus Siliziumdioxid hergestellt. Silizium ist Hauptbestandteil von 95 Prozent der Gesteine auf der Erde, und 2,8 Milliarden Tonnen (!) davon befinden sich als gelöstes Silizium im Meer. Die Tests haben laut Ice911 „keine negativen Auswirkungen auf die Tierwelt“ und seien zudem keine Mikroplastik-Quelle. Vielmehr könnte sich das Material auflösen, um zu einem Teil der Kieselsäure zu werden, die sich im Ozean befindet und so den natürlichen Kieselsäurezyklus speisen, von dem viele Organismen abhängig sind.
Außerdem würde das Projekt nur einen Zehntel im Vergleich zu anderen vielversprechenden Ideen kosten. Ein weiterer Ansatz ist zum Beispiel, mithilfe von Pumpen kaltes Meerwasser über dem Eis zu verteilen, um die Eisdicke zu erhöhen. Ein solche Installation würde allerdings rund zehn Millionen Windpumpen erfordern und dabei gerade einmal zehn Prozent des arktischen Eises abdecken.
Nach umfangreichen Tests in 2013, 2017 und 2018, bei denen die Organisation 17.500 bzw. 15.000 Quadratmeter arktisches Eis mit einem automatisierten Bereitstellungssystem abdeckte, veröffentlichte Ice911 im Mai 2018 die erfolgreichen Ergebnisse als Studie. Das Team um Dr. Leslie Field will in den nächsten Jahren auf diese Weise zwischen 15.000 bis 100.000 Quadratkilometer Eis in der Arktis schützen.
Das Team von Ice911 glaubt deshalb an den Erfolg ihres Konzepts, das spätestens zu einer Notwendigkeit werden dürfte, wenn die Treibhausgasemissionen in der Zukunft nicht drastisch gesenkt werden. Dr. Field jedenfalls begann ihre Arbeit in diesem Bereich 2006, als sie sich fragte: „Wenn nicht ich, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann?“
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Thorge Jans. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.