Verantwortung übernehmen - bürgerschaftliches Engagement
Jeden Tag eine gute Tat! Jeder Dritte in Deutschland engagiert sich ehrenamtlich. Freiwilliges Engagement ist ein Element einer freien Gesellschaft und eine Möglichkeit für die Menschen, ihre Umwelt mitzugestalten und zu verbessern.
Engagement zeichnet eine vitale, bunte, demokratische Gesellschaft aus. Es umfasst ganz unterschiedliche Felder wie Bürger- und Stadtteilinitiativen, die vor der Schließung gerettete Bibliothek, das genossenschaftlich reorganisierte Wasserwerk, die kollektiv organisierte Nachbarschaftshilfe, Freiwilligendienste und Ehrenamt zwischen Jugendsport, Altenbetreuung und Schule.
Was bedeutet bürgerschaftliches Engagement?
Bürgerschaftliches Engagement, auch „Freiwilligenarbeit”, „politisches oder soziales Engagement“ genannt, beruht auf dem Prinzip der freiwilligen (Hilfe-)Leistung ohne Erwartung einer Gegenleistung.
Bürgerschaftliches Engagement kann in einer Umweltschutz-, Menschenrechts- oder anderen karitativen Organisation, aber auch bei Privatpersonen geleistet werden und bedeutet einen konkreten, praktischen Einsatz von Zeit, Geld oder Sachmitteln für die gemeinsamen Ziele. An erster Stelle ist bürgerschaftliches Engagement jedoch eine selbstbewusste Form, für die Gestaltung von Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen.
Unabhängig vom Alter ist es jedem möglich, sich zu engagieren; sei es als Jugendlicher mit Hunden spazieren zu gehen, als Schulabsolvent ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr (FSJ, FÖJ) zu machen, als Berufstätiger in einer NGO mitzuhelfen, als Rentner Kindern Geschichten zu erzählen, beim Fahrrad reparieren zu helfen oder Bäume zu pflanzen. Wer sich aktiv betätigen will, findet etwas, das seinen Fähigkeiten entspricht. Tipps dazu sind in dem Artikel: Ehrenamtliches Engagement - Kleine Hilfen sind groß zu finden.

Bürgerliches Engagement in Zahlen
Die Zivilgesellschaft – also alle Bürgerinnen und Bürger Deutschlands – leistet einen großen Beitrag an sozialem Engagement. So wurden 2015 allein in Deutschland fast 9.000 NGOs gezählt, deren Mitglieder sich ehrenamtlich für Belange des Gemeinwohls engagieren, sei es Tier-, Natur- und Umweltschutz, Gleichberechtigung, Menschenrechte, Kinderbetreuung, Altenpflege oder Seelsorge.
Die Deutschen engagieren sich vor allem in den örtlichen Sportvereinen, in den Schulen ihrer Kinder und in ihrer Kirchengemeinde. Oft tun sie dies, weil sie Kontakt zu anderen Menschen suchen, weil sie sich weiterqualifizieren möchten oder einfach, weil es ihnen Spaß macht.
Der Deutsche Freiwilligensurvey untersucht alle fünf Jahre das bürgerschaftliche Engagement in Deutschland. Für 2014 hat dessen Umfrage ergeben, dass 44,3 Prozent der Menschen freiwillig engagiert waren. Das entspricht einer Zunahme von 4,5 Prozent im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2009 (39,8 Prozent). Insgesamt lässt sich feststellen, dass bürgerliches Engagement zugenommen hat. Menschen engagieren sich mehr, werden aktiv, wenn es um freiwillige Hilfeleistungen geht.
Vorsicht: Ausbeutung!
Freiwillige leisten an vielen Stellen schnelle und unkomplizierte Hilfe, wie zum Beispiel bei den zahlreichen sogenannten „Tafeln” und „Archen”, bei denen Menschen, die kein oder nur ein geringes Einkommen beziehen, Essen erhalten. Verschiedene Studien, wie zum Beispiel auch der Freiwilligensurvey, zeigen Trends auf, dass freiwillige Helfer in Bereiche vordringen, die eigentlich dem Staat vorbehalten sind.
Dem Staat seine wesentlichen Aufgaben abzunehmen, ist jedoch nicht Aufgabe der Unbezahlten. Als problematisch kann die zunehmende Annäherung von Ehrenamt und prekärem Arbeitsmarkt gesehen werden, wenn etwa an den Tafeln neben Freiwilligen auch Ein-Euro-Jobber arbeiten. Daneben droht die Wertschätzung professioneller Arbeit im sozialen Bereich zu sinken, wenn bettlägerige Menschen oder schwer erziehbare Jugendliche ausschließlich von Menschen ohne professionelle Ausbildung betreut werden; außerdem könnten sowohl die Schutzbefohlenen als auch die Helfer selbst Schaden nehmen.

Soziales Engagement als Stütze einer freien Gesellschaft – und nicht des Staates
Die Stärke von Freiwilligenarbeit und sozialem Engagement liegt darin, Impulse zu geben, indem sie gesellschaftlichen Lücken bei bestimmten Tätigkeiten aufzeigen. Das Ehrenamt kann dem Staat zeigen, wo die Missstände der Gesellschaft liegen und ihm beharrlich auf die Schulter tippen. Versorgungslücken zu schließen, sollte jedoch nicht Aufgabe des Ehrenamtes sein – schon gar nicht langfristig. So waren in jüngerer Vergangenheit Jugendarbeit, Drogenbekämpfung oder Aids-Beratung Bereiche, die Ehrenamtliche abdeckten. Mit zunehmendem Bedarf wurde festgestellt, dass ausgebildete Kräfte nötig waren und diese Bereiche deshalb institutionalisiert wurden.
Im besten Sinne ist freiwilliges Engagement jedoch weder reiner Zeitvertreib noch eine stattliche Sparmaßnahme an bezahlter Arbeit, sondern eine Stütze der freien Gesellschaft, weil es den Bürgern die Möglichkeit gibt, ihre Umwelt mitzugestalten und zu verbessern. Dadurch, dass Vereine, NGOs und Ehrenamtliche zu beiden Seiten offen sind – zu den Bürgern, aus denen sie sich zusammensetzen und zum Staat – vermitteln sie zwischen den Beteiligten und schaffen Transparenz.
Soziales Engagement im Nachhaltigkeitssektor
Auch im Nachhaltigkeitsbereich gibt es eine Vielzahl interessanter Projekte und Freizeitangebote, für die es sich zu engagieren lohnt und die durch soziales Engagement erst möglich gemacht werden:
- Zum Beispiel Urban Gardening: Wer sich in der Stadt einmal umschaut, sieht zum Teil schon von Anwohnern bepflanzte Fußwege, Baumscheiben und Balkone. Vielerorts lassen sich außerdem Gemeinschaftsprojekte mit dem Ziel finden, das städtische Grau in einen grünen, belebten Ort zu verwandeln – ehrenamtlich und engagiert. Urban Gardening – Mit Gärten unsere Städte verändern.
- Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zählte für Ende Dezember 2017 insgesamt 1,41 Millionen Migranten in Deutschland. Die Flüchtlingsthematik ist nach wie vor problematisch und prekär. Um Geflüchteten zu helfen und sie zu unterstützen, stellt RESET hier sechs Plattformen vor.
- Feinstaubsensoren helfen, genaue Werte für die Feinstaubbelastung von Städten zu erheben. Diese lassen sich mit einfachen Mitteln selbst bauen und zum Beispiel auf dem heimischen Balkon anbringen. Jeder kann so dazu beitragen, bessere und genauere Messungen zu ermöglichen und für eine sauberere Luft – vor allem in Städten mit hoher Feinstaubbelastung – zu sorgen. Hierfür muss man nicht programmieren können oder groß handwerklich begabt sein und viele Bauanleitungen sind im Netz verfügbar.
- Citizen-Science-Plattformen regen zum Mitmachen an: Hier organisieren engagierte Mitmenschen innovative Projekte wie z.B. Ampelphasen mit dem Smartphone zu erfassen, Wildtiere zu melden oder der Frage „Was ist guter Umweltjournalismus?“ nachzugehen. Für Jeden findet sich ein interessantes Projekt, das auch mit wenig Zeitaufwand unterstützt werden kann. Die Plattformen Citizen Science Germany oder Bürger schaffen Wissen bieten viele spannende Projekte für engagierte Bürger an.
- Auch bei RESET kannst du dich engagieren! Wir freuen uns über Redakteure und Programmierer, die sich mit Drupal auskennen – melde dich gerne bei uns.
Weitere interessante Projekte findest du im Artikel Ehrenamtliches Engagement – Kleine Hilfen sind groß!
Weiterführende Informationen:
- Das Buch Freiwilliges Engagement in Deutschland – Der Deutsche Freiwilligensurvey 2014 enthält viele informative Texte und empirische Studien zum Thema bürgerschaftliches Engagement. Gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, führt der Survey in regelmäßigen Abständen Befragungen zum freiwilligen Engagement in Deutschland durch. Die nächste Befragung wird im Jahr 2019 stattfinden.
- Die Broschüre Leidenschaft, Mitgefühl und Selbstlosigkeit – Das Ehrenamt in Deutschland setzt sich ebenfalls umfangreich mit dem Thema Ehrenamt auseinander und bietet die Aufarbeitung zahlreicher Themenbereiche, wie z.B. den rechtlichen Rahmen für ehrenamtliche Tätigkeiten in Deutschland.
RESET-Redaktion (2011), letztes Update Dezember 2018 (Thorge Jans)