Madagaskar – Schatzinsel der biologischen Vielfalt

Madagaskar – oder auch der „sechste Kontinent“ – ist die viertgrößte Insel der Welt und beherbergt unzählige endemische, nur hier vorkommende, Pflanzen- und Tierarten. Vor dem Eintreffen der ersten Menschen war die Insel vermutlich komplett bewaldet. Die Natur der Insel ist bedroht – schon jetzt sind vom ursprünglichen Regenwald nur noch 15 Prozent übrig.

Autor*in Hanadi Siering, 23.02.11

Madagaskar war bis ins 8. Jahrhundert hinein kaum besiedelt, im 14. jahrhundert bildeten sich erste Königreiche. Im 19. Jahrhundert konkurrierten die Kolonialmächte um die Insel, die 1896 schließlich zur französischen Kolonie wurde. Laut Verfassung ist Madagaskar seit 1960 unabhängig und ein demokratischer Staat. Im Jahr 2009 kam es allerdings zu einem gewaltsamen Militärputsch, welche das Land international isolierte. Seit Dezember 2013/Januar 2014 ist jedoch wieder die verfassungsmäßige Ordnung eingekehrt, nachdem ein neuer Premierminister und Regierung gewählt worden ist, sowie ein neuer Präsident eingeschworen wurde.(Stand 2013, Quelle: Auswärtiges Amt).

Der größte Teil der Wälder Madagaskars wurde gerodet und das Holz exportiert oder vor Ort zu Feuerholz gemacht. Damit ist die Rodung des Urwaldes eines der größten Umweltprobleme Madagaskars. Durch die vergangene politische Krise leidet das Land unter Armut und einer schlechten wirtschaftlichen Situation. Unter diesen Bedingungen steht der Schutz der Umwelt nicht an erster Stelle.

Bild: Bettina Neuefeind, CC BY-NC-SA 2.0 Ein gestürzter Präsident und zu wenig Milch

Der seit 1960 unabhängige Staat Madagaskar erlitt viele politische Umbrüche und Unruhen. Nach den letzten größeren Protestunruhen im Jahre 2009 regierte eine militärisch installierte Übergangsregierung. Der damalige Präsident Ravalomanana wurde gestürzt und musste ins Exil flüchten. Unter anderem wurde ihm persönliche Bereicherung vorgeworfen. Dem früheren Bürgermeister der Hauptstadt Antananarivo und derzeitigen Präsidenten Andry Rajoelina gelang es damals, das madagassische Militär auf seine Seite zu ziehen. Rajoelina wurde bis heute nicht international anerkannt worden, wurde allerdings seit der Unterzeichnung der Feuille de Route vom 17.09.2011 in diesem Rahmen anerkannter Übergangspräsident.

Durch die Krise wurden ökonomische Aktivitäten stark beeinträchtigt. Einerseits wurde Madagaskar politisch isoliert und aus dem Staatenbund der afrikanischen Länder ausgeschlossen, andererseits setzten die USA und die EU Hilfszahlungen aus, wodurch viele Hilfsprojekte eingestellt werden mussten. Die Milchversorgung des Landes ist sehr schlecht, was hauptsächlich die sowieso schon verarmte Bevölkerung trifft. Während des politischen Umsturzes wurden alle Molkereien geschlossen, die in Besitz des Ex-Präsidenten waren. Außerdem ist der Tourismus stark zurückgegangen und erholt sich nur langsam wieder.

Bergbau kommt, Touristen gehen

Madagaskar zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. 2014 lebten 92 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Durchschnittlich verdient ein Madagasse 1 US Dollar am Tag. Ein Großteil der Bevölkerung kann weder lesen noch schreiben; nicht einmal jeder zweite Inselbewohner hat laut  WHO und Unicef Zugang zu sauberem Trinkwasser. 

Die Bildungssituation sieht ähnlich miserabel aus. Knapp 86 Prozent der Kinder sind eingeschult – das bedeutet in Zahlen, dass 427.000 Kinder nicht zur Schule gehen, obwohl die siebenjährige Grundschulausbildung kostenlos ist. Viele brechen die Schulausbildung vorzeitig ab. Ein Lehrer muss sich durchschnittlich um 50 Kinder gleichzeitig kümmern. Durch die schlechte Bildungssituation haben die Menschen nicht viele Möglichkeiten, außerhalb des Agrarsektors tätig zu werden. Das hängt zum Teil auch mit dem fehlenden Zugang zu neuen Technologien und dem Internet zusammen. 

Die Wirtschaft Madagaskars wird größtenteils durch Landwirtschaft, Bergbau, Fischerei und Textilproduktion getragen. Eines der wichtigsten Exportgüter ist Vanille, die im Ausland zu hohen Preisen verkauft wird. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt knapp 8,7 Milliarden US-Dollar. 

Der Anteil des Bergbaus macht derzeit erst einen geringen Anteil an der Wirtschaft aus, ist aber im Kommen. Das Land verfügt über wichtige Bodenschätze – Titan, Kobalt, Nickel und Eisenerz. Das hat China für sich entdeckt und im Mai 2009 ein großes Bauvorhaben bekannt gegeben. Mit einem Investitionsvolumen von 8 Milliarden US-Dollar bauen die Chinesen Eisenerz aus den Bergen Madagaskars ab. 

Insgesamt überwiegt die autonome Produktion von Lebensmitteln (Reis, Mais und Maniok). Da die Reisernte meistens nicht für die gesamte Bevölkerung ausreicht, muss Reis zusätzlich importiert werden. Die wichtigsten Exportgüter sind Kaffee, Vanille, Gewürznelken, Sisal, Kakao und Fisch. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist die Lebensmittelverarbeitung (Fleischverpackung, Zuckerraffination, Brauereien etc.). Da Madagaskar als Insel geografisch isoliert und die Infrastruktur relativ schlecht entwickelt ist, entstehen hohe Kosten für den Handel von Gütern, da diese nur über den Wasser- oder Luftweg aus dem Land transportiert werden können. 

Der Tourismus ist seit den politischen Unruhen 2009 stark zurückgegangen. In den besten Jahren 2007 und 2008 kamen etwa 400.000 Besucher nach Madagaskar, davon viele madagassisch-stämmige Franzosen. Seit 2009 sind die Touristenzahlen auf weniger als 200.000 Besucher pro Jahr zusammengeschrumpft.

Die Wälder der Insel landen im Ofen

Zu den größten Umweltproblemen zählen die massive illegale Abholzung von Edelhölzern in den geschützten Gebieten und Naturparks sowie Bodenerosionen, die eine Folge der Abholzung großer Waldgebiete sind. Mittlerweile fallen die Wälder nicht mehr hauptsächlich für den Export von edlen Tropenhölzern, sondern für Feuerholz und neues Ackerland. Die Madagassen greifen auf billige Holzkohle zurück, da die meisten Menschen sehr arm sind und das Stromnetz lückenhaft. Sogar dort, wo Elektrizität zur Verfügung steht, ist sie den meisten Menschen zu teuer. Strom ist in Madagaskar ein Luxusgut.

Eine Lösung für dieses Problem stellt die Windenergie dar, die die Energieversorgung der Städte auf nachhaltige Weise sichern und so die Wälder schützen könnte. Siehe hierzu das RESET-Projekt Mad’Eole, Mit Windstrom den Tropenwald.

Zu Regierungszeiten des ehemaligen Präsidenten Ravalomananas betonte dieser den Zusammenhang von Umweltschutz, nachhaltiger Nutzung der natürlichen Ressourcen und Armutsbekämpfung. Er entwickelte den MAP – Madagascar Action Plan – einen Entwicklungsplan, der unter anderem die Ausweitung der geschützten Waldflächen um 6 Millionen Hektar vorsah. Eine große Herausforderung stellte das Management dieser Gebiete, deren Schutz und Kontrolle dar. Auch die Beschaffung hierzu nötiger Finanzmittel war problematisch.

Verschiedene internationale NGOs und NPOs sind in Madagaskar aktiv. Beispielsweise Wateraid arbeitet in Madagaskar an der Verbesserung der Wasserversorgung und der Sanitäranlagen. Die NGO Madagascar Wildlife Conservation mit Sitz in Antananarivos setzt sich durch verschiedene Projekte und durch die Zusammenarbeit mit der einheimischen Bevölkerung für den Schilfgürtel und die Sumpfgebiete rund um den Alaotrasee im Nordosten des Landes ein. 

Der Schwerpunkt der deutschen wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit liegt im Schutz und Erhalt sowie der Förderung der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen Madagaskars, insbesondere der Wälder, die die natürliche Lebensgrundlage für zwei Drittel der Bevölkerung bilden.

Quellen und Links

Autorin: Hanadi Siering, RESET-Redaktion/ 2012

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