Erneuerbare Energien: Biomasse

Bioenergie aus Biomasse ist das Allround-Talent unter den Erneuerbaren Energien. Biomasse liefert flüssige und feste Kraftstoffe, Wärme und Strom. Eine Herausforderung für die Zukunft ist es, die nachhaltige Produktion der verwendeten Biomasse zu gewährleisten.

Autor*in RESET , 11.01.12

Energie in Form von Strom, Wärme und flüssigem oder festem Kraftstoff aus erneuerbarer Biomasse wird aus speziell zu diesem Zweck angebauten Energiepflanzen (z. B. Raps oder Mais) gewonnen sowie aus Holz und Reststoffen wie beispielsweise Stroh, Ernteabfällen, Biomüll und Gülle (Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien (AEE)). Im Unterschied zu der Verbrennung fossiler Energieträger entstehen bei der Nutzung von Biomasseenergie zwar ebenfalls Treibhausgas-Emissionen, jedoch nicht mehr als die Pflanzen zuvor während ihres Wachstum der Atmosphäre entnommen haben. Man kann hier also von einem neutralen CO2-Kreislauf sprechen. Demgegenüber speichert fossile Biomasse Kohlenstoff, der in lange vergangenen Erdzeitaltern dem CO2-Kreislauf entnommen wurde. Wird sie in Form fossiler Energieträger (Öl, Kohle, Gas) zur Energiegewinnung verbrannt, stellt das eine Störung der heutigen Atmosphäre dar und führt zur globalen Erwärmung.

Von Biomüll zu Energie – Wie funktioniert das?

Biomasse kann in vielfältiger Weise zur Gewinnung regenerativer Energie beitragen. Einerseits kann sie direkt zur Erzeugung von Energie in Form von Strom und Wärme in Kraftwerken, den Biogasaskraftwerken oder in speziellen Heizungssystemen, den Kraft-Wärme-Kopplungen und den sogenannten Pelletheizungen, verwendet werden. Andererseits kann sie auch zu Biokraftstoff für Fahrzeuge verarbeitet werden.

Die Speicherung von Energie aus Sonne, Wind und Wasser stellt derzeit noch ein Problem dar. Biomasse lässt sich hingegen hervorragend speichern. Strom aus Biomassekraftwerken ist gezielt ausgleichend einsetzbar, wenn die Versorgung durch die Sonnenenergie- und Wind- oder Wasserkraftanlagen temporär stockt.

Biomasse in flüssiger Form liefert Biokraftstoffe, die konventionelle Kraftstoffe auf Basis fossiler Biomasse ersetzten können. Neben der indirekten Nutzung regenerativer Energie wie der Elektromobilität können Biokraftstoffe zur „Begrünung“ des Verkehrs beitragen.

Die in Deutschland zurzeit wichtigsten Biokraftstoffe sind Biodiesel, Pflanzenöl und Bioethanol. Sie ersetzen konventionellen Dieselkraftstoff (Biodiesel, Pflanzenöl), bzw. Benzin (Bioethanol). Die Rohstoffe hierzu sind Energiepflanzen und Getreide, aber auch Reststoffe, die zu Kraftstoff verarbeitet werden können. Auch aus Biomasse produziertes Biogas kann in Fahrzeugen mit Gasmotor als Treibstoff dienen. Biokraftstoffe können als Beimischung oder in Reinform von Fahrzeugen getankt werden, hierzu müssen sich die jeweiligen Motoren jedoch eignen (Quelle: AEE, Stand 2011). (1)

In einer Biogasanlage wird Gülle oder anderes zerkleinertes Substrat in einer Vorgrube gelagert. Andere Substrate können beispielsweise Klärschlamm, Mais, Ernterückstände oder Nebenprodukte der Lebensmittelproduktion wie Speisereste oder andere organische Abfälle sein. Im sogenannten Fermenter (auch Gärbehälter, Bioreaktor, Faulbehälter), der das Kernstück der Anlage darstellt, wird in einem Gärprozess mithilfe von Mikroorganismen unter Licht- und Sauerstoffausschluss die Biomasse zersetzt.

Methanogene Bakterien bilden aus den Abbauprodukten dieses Prozesses dann Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2). Das Methan kann direkt in einem Blockheizkraftwerk verheizt werden und in einem Gasmotor Strom und Wärme erzeugen oder zur Weiterverwendung entnommen und nach einer Reinigung wie konventionelles Erdgas verwendet werden. Das nach der Vergärung verbleibende Substrat kann als Biodünger genutzt werden (Quelle: AEE).

Funktion einer Biogasanlage als Film: „Funktion und Animation einer Biogasanlage(2)

Privathaushalte können mithilfe einer Pelletheizung Biomasse direkt zur Wärmeerzeugung nutzen. Hierzu werden Holzpresslinge aus naturbelassenem gepresstem Restholz, die sogenannten Pellets, in einem Holzpelletofen verbrannt. Diese Pellet-Zentralheizungen können konventionelle Ölheizsysteme ersetzen. Pelletheizungen sind so anwenderfreundlich wie herkömmliche Öl- und Erdgasheizsysteme (Quelle: AEE). Im Jahr 2012 waren in Deutschland bereits über 155.000 Pelletheizungen installiert, Spitzenreiter waren Bayern und Baden-Württemberg (Quelle: Deutsches Pellet Institut GmbH DEPI; Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)).

Nutzung in Deutschland

Der Anteil der Bioenergie an der gesamten Stromerzeugung lag 2011 bei 5,5 %, gefolgt von 5,8 % bei den Kraftstoffen und 9,0 % bei der Wärmeerzeugung (Quelle: BMU, Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik).

Biogas machte 2011 einen Anteil von 17 % an der Bioenergiebereitstellung aus, wovon 50, 7 % auf den Strombereich entfielen und 49, 3 % auf den Wärmebereich. Wärme aus Biogas wird hauptsächlich durch die Kraft-Wärmekopplung erzeugt.

In Deutschland werden derzeit (Stand 2012) über 7.200 Biogasanlagen betrieben. Deren Stromerzeugung deckte 2011 etwa 2,7 % des gesamten Bedarfs oder in Bezug auf die Erneuerbaren Energien, machte 14,4 % der regenerativen Stromerzeugung aus (Quelle: FNR).

Nach Angaben der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. (Quelle: FNR, Stand 2011) trägt Biomasse in Zukunft maßgeblich zur Energieversorgung bei und kann 2050 bis zu 23 % des Bedarfs an Wärme, Strom und Kraftstoffen decken.

Die Bundesregierung plant allerdings in Bezug auf Biogas, dieses bei der Stromerzeugung zukünftig nur noch ausgleichend einzusetzen und hier die Windkraft und Solarenergie als Hauptkräfte der regenerativen Stromerzeugung einzusetzen. So sollen Nutzungskonflikte mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion reduziert werden (Quelle: BMU, Stand 2013).

Kritik

Ein Vorteil der Nutzung von Bioenergie sind kurze Transportwege, da nachwachsende Rohstoffe häufig direkt aus der Region bezogen werden können, in der sie zur Bioenergiegewinnung eingesetzt werden. Auch reduziert sich durch Biokraftstoffe die Notwendigkeit, Kraftstoffe zu importieren. Die Umweltrisiken durch Transport und Lagerung von Biomasse sind als weitaus ungefährlicher einzustufen als dies bei den konventionellen Energieträgern Öl und Gas der Fall ist.

Die Möglichkeit der Reststoffverwertung zur Bioenergiegewinnung bildet zudem einen interessanten Absatzmarkt, insbesondere für die Forst- und Landwirtschaft (Quelle: Bundesverband Erneuerbare Energie e.V.). Da der Anbau von Energiepflanzen Ackerflächen beansprucht, ist es natürlich sinnvoll, nur Abfallprodukte für die Erzeugung von Bioenergie zu verwenden. So entsteht keine Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelmittelproduktion.

Insbesondere in Gülle, aber auch in anderen Abfallstoffen wie Restholz und Bioabfällen, steckt ein großes Potenzial vermehrt zur Gewinnung von Bioenergie genutzt zu werden. Dies wird derzeit noch nicht in vollem Umfang ausgeschöpft (von Gülle erst circa 10 bis 20 %, Stand 2013, Quelle: AEE).

Allerdings ist die Biogasausbeute aus unterschiedlichen Substraten verschieden. Beim Vergleich verschiedener Substrate schneidet Mais am besten ab, am schlechtesten ist die Biogas-Ausbeute bei der Verbrennung von Gülle (Quelle: FNR).

Der BUND fordert eine „Vermaisung“ der Landschaft durch Energiepflanzenanbau zur Bioenergiegewinnung zu stoppen und stattdessen auf Mischkulturen und Zwischenfrüchte zu setzen. Außerdem soll Gülle aus Massentierhaltungsanlagen von der Förderung ausgeschlossen werden, um so die Produktion der Biomasse zur Energiegewinnung nachhaltig zu gestalten (Quelle: BUND).

Die Forschung schreitet voran. Ein bis 2017 gefördertes Forschungsprojekt zur energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe „tailormade fuels from biomass“, an dem über 20 Institute der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen beteiligt sind, soll ermitteln wie die zur Verfügung stehende Biomasse am effizientesten zur Erzeugung von Biokraftstoffen genutzt werden kann, ohne dabei in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu treten. Auch die Entwicklung neuartiger Motoren, die das Potenzial der neuen Kraftstoffe optimal ausnutzen können, wird hier vorangetrieben (Quelle: RHTH Aachen).

Der Beitrag der Biomasse zur umwelt-, klima- und flächenschonenden Wärme- und Stromerzeugung sowie nachhaltiger Mobilität kann noch optimiert werden, ihr großes Potenzial ist aber unbestreitbar.

Quellen und Links

Ariane Kujau/ RESET-Redaktion, 2013

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