Klimafreundlicher Gütertransport: Kommen unsere Waren in Zukunft auf dem Förderband?

Japan plant eine autonome „Autoflow-Straße“, die als klimafreundliche Alternative im Gütertransport gepriesen wird. Aber kann sie die Erwartungen erfüllen?

Autor*in Kezia Rice:

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut, 27.11.24

Die japanischen Medien nennen es „das Problem 2024“. Worum es dabei geht? Seit einer Regierungsinitiative zur Begrenzung von Überstunden leidet der japanische Güterverkehr unter einem Mangel an Lkw-Fahrer:innen. Dem Land gelingt es kaum, den normalen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Und da Online-Shopping immer beliebter wird, steigt die Nachfrage nach Fracht weiter an. Als Reaktion darauf hat das japanische Verkehrsministerium eine unkonventionelle Lösung gefunden. Könnte ihre neu entwickelte Förderbandstraße die Lösung sein, die der Gütertransport braucht?

Die Autoflow-Straße wird mit Strom betrieben

Das Konzept der „Autoflow Road“ sieht vor, dass Frachtcontainer autonom in der Mitte einer Autobahn auf und ab fahren. Damit soll die Arbeit von 25.000 Lkw-Fahrer:innen pro Tag einspart werden. Nur für die Zustellung auf der letzten Meile sollen weiterhin Menschen benötigt werden. Die erste geplante Straße wird auf 515 Kilometer die Städte Tokio und Osaka miteinander verbinden. Erste Testläufe sind für 2027 geplant, die Zustellung von Fracht soll wahrscheinlich in den 2030er Jahren beginnen.

Die Autoflow-Straße reduziert nicht nur den Bedarf an Lkw-Fahrer:innen. Als strombetriebene Lösung soll sie auch die Umweltauswirkungen des Gütertransports verringern.

truck cargo freight

Frachtemissionen

Der Güterverkehr ist für etwa acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Da der E-Commerce von 2023 bis 2027 voraussichtlich um 39 Prozent wachsen wird, ist keine Verlangsamung der Emissionen durch unsere Online-Einkaufsgewohnheiten in Sicht.

Allerdings: Um das 25-Milliarden-Dollar-Projekt zum Leben zu erwecken, sind der Ressourcenbedarf und damit auch die Bauemissionen hoch. Zahlt das Projekt also wirklich auf den Klimaschutz ein? Werden die CO2-Einsparungen die Auswirkungen des Baus überwiegen? RESET sprach mit Professor David Cebon, Direktor des Centre for Sustainable Road Freight und Professor für Maschinenbau an der University of Cambridge.

„Man kommt nicht umhin, die Fracht doppelt zu befördern“, sagt David Cebon. Und er weist darauf hin, dass für die Zustellung auf der ersten und letzten Meile ein LKW erforderlich sei, “was bei einer Strecke von 300 Meilen [oder 500 Kilometern] teuer ist. Bei einer Strecke von 2000 Meilen [oder 3200 Kilometern] kann man sich einen Transport auf der ersten und letzten Meile leisten.“ Außerdem erklärt er, dass „die Logistik ein variables und notwendigerweise flexibles System ist. Nicht alle Fracht beginnt in Stadt A und endet in Stadt B.“ Dass die neuartige Straße funktionieren sollte, daran hat er keinen Zweifel. Doch hätte die Autoflow-Straße letztlich die gleichen Probleme wie der Schienengüterverkehr. Nämlich einen Mangel an Flexibilität beim Zielort und die Notwendigkeit, einen LKW für die erste und letzte Meile zu verwenden.

Alternative, emissionsarme Lösungen für einen klimafreundlicheren Gütertransport

Für Cebon ist klar, dass es mehr Möglichkeiten gibt, die Frachtindustrie zu elektrifizieren. Eine komplett neue Straße dafür zu bauen hält er nicht für nötig. Erstens macht es natürlich Sinn, strombetriebene Lastwagen auf die Straßen zu bringen. Allerdings sind werden dafür in der Regel (noch) große Batterien benötigen, die den Laderaum verringern und regelmäßig aufgeladen werden müssen. Warum also nicht den Strom zu den Fahrzeugen bringen? Das geht über Oberleitungen, die Lastwagen auf Autobahnen mit Strom versorgen. Auf ersten Teststrecken wird dieser Ansatz bereits mit Erfolg erprobt. Außerdem benötigt die Erweiterung bestehender elektrischer Güterverkehrssysteme auf Schienen weniger neue Infrastruktur. Das sei eine wesentlich klügere Investition für den Planeten, so Cebon. „Wenn es bereits eine Straße gibt und eine Zugstrecke zwischen zwei Städten besteht, ist es nicht sinnvoll, parallel dazu eine Autobahn zu bauen.“

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Es gibt noch viele weitere innovative Lösungen, um die Emissionen des Güterverkehrs zu reduzieren. Warum nicht „Hitchhiking for Cargo“ und den Leerraum in Personenzügen für den Gütertransport nutzen? Oder auf zunehmend verstopften Straßen Waren auf der letzten Meile mit autonomen Kleinstfahrzeugen und Lastenfahrrädern zustellen?

Dass Japan auf das teure Förderbanddesign seiner Autoflow-Straße setzt, scheint also weniger eine Lösung zu sein, um die Abhängigkeit von Arbeitskräften zu verringern. Vielmehr scheint es dabei auch darum zu gehen, ein prestigeträchtiges Projekt voranzubringen.

Torge Peters
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