Nicht selten scheitern Projekte für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland an einer komplizierten Bürokratie. Zwar gibt es staatliche Subventionen für Nachhaltigkeitsleistungen, wirklich konsequent werden diese allerdings nicht umgesetzt. Gleichzeitig ist die Erbringung von Nachweisen kompliziert, was sie gerade für kleinere Betriebe mit weniger Personal unattraktiv macht. Die Smartphone-App Klim versucht regenerative Landwirtschaft daher möglichst unkompliziert zu gestalten.
Wie kritisch die Diskussionen um Subventionen und Zuschläge in der Landwirtschaft sind, zeigte die Agrardiesel-Debatte im Jahr 2024 sehr gut. Expert*innen wie Dr. Sonoko Bellingrath-Kimura fordern daher unkomplizierte Anreize seitens der Politik, um eine Agrarwende für Betriebe attraktiver zu gestalten. Im Interview mit RESET forderte sie Maßnahmen, die für Betriebe verständlich sind und nicht “top-down” auferlegt werden.
Die Entwickler*innen von Klim haben sich daher bei der Entwicklung ihrer App auf drei Aspekte konzentriert, um auf die Bedürfnisse von Landwirt*innen einzugehen.
Selbstbestimmtheit, Planungssicherheit und wenig Bürokratie
Die App Klim steht Landwirt*innen kostenfrei unter iOS und Android zum Download bereit. Darüber hinaus bietet Klim eine Browser-basierte Anwendung, die ohne Installation erreichbar ist. Zum Start der Plattform im Jahr 2021 formulierte der Head of Agriculture von Klim, Lutz Wildermann, drei Aspekte, die Landwirt*innen seinen Erfahrungen nach besonders wichtig seien: “Die Selbstbestimmtheit des eigenen Handelns, Planungssicherheit und möglichst wenig Bürokratie”.
Die Registrierung bei Klim unterscheidet sich daher kaum von anderen Smartphone-Apps. Nutzer*innen legen einen Account an, verifizieren ihre E-Mail-Adresse und tragen dann die Größe ihres Betriebes ein. Anschließend sehen Nutzer*innen verschiedene Methoden einer regenerativen Landwirtschaft. Mit diesen können sie individuell entscheiden, welche Werkzeuge der regenerativen Landwirtschaft auf welchen Flächen angewendet werden sollen.
Um sich für eine sinnvolle und effektive Maßnahme zu entscheiden, bietet die Klim-App Simulationsdaten, mit denen Betriebe verschiedene Werkzeuge ausprobieren können. So lässt sich noch vor ihrer Einführung abschätzen, ob die jeweilige Maßnahme attraktiv ist. Beispielsweise errechnet die Anwendung, wie bestimmte Fruchtfolgen den CO2-Ausstoß senken oder erhöhen könnten. Nach dem Anbau von Zuckerrüben etwa Winterweizen anzubauen, führt zu einer Kompensation von CO2. Auf Silomais eine Blühfläche folgen zu lassen, erhöht den CO2-Ausstoß hingegen. Um derartige Veränderungen möglichst transparent zu machen, bietet Klim das Programm „Boden+“ an.
Vier Module für weniger CO2 und bessere Böden
Bei Boden+ handelt es sich um ein Programm zur ganzheitlichen Feldbetrachtung, das neben der CO2-Speicherung im Boden auch Reduktionen auf dem Acker und im Stall umfasst. Im April 2024 bestand Boden+ aus vier Modulen. Mit diesen können Betriebe selbst entscheiden, ob sie lieber ihre Fruchtfolge, die Düngung der Nutzpflanzen, deren Schutz oder die Bodenbearbeitung und die Aussaat optimieren wollen.
Die Maßnahmen aus den vier Modulen können Betriebe auch auf kleineren Flächen anwenden. Um regenerativer zu arbeiten, müssen die Methoden also keineswegs auf den ganzen Betrieb ausgeweitet werden. Klim vergütet dabei jede Maßnahme aus den vier Modulen. Zukünftig wird Klim ein Milchmodul zur Verfügung stellen, mit denen Bäuer*innen auch die Prozesse im Milchviehstall optimieren können. An dessen Einführung arbeitet das Unternehmen aktuell allerdings noch.
Wie genau sich die Methoden der regenerativen Landwirtschaft sinnvoll und effizient implementieren lassen, können Betriebe in einer Datenbank aus Wissensartikeln lernen. Diese ist ebenfalls in die Klim-App integriert und steht Unternehmen kostenfrei zur Verfügung. Falls sich daraus individuelle Fragen ergeben, bietet Klim zudem Beratungsgespräche an. Dabei vereinbaren Betriebe persönliche Gespräche mit Mitarbeiter*innen aus dem Klim-Team, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
Erfahrungen mit den eigenen Maßnahmen können Betriebe zudem mit anderen Klim-Nutzer*innen in einem Forum teilen. Dabei fungiert die Klim-App als Schnittstelle für die über 3.500 regenerativen Landwirt*innen, die auf der Plattform bereits registriert sind.
Prämien aus CO2-Kompensationen via Impact-Fonds
Die Gelder für die Vergütungen erhält Klim aus Impact-Fonds. Dabei handelt es sich um Fonds, in die unter anderem Beträge aus CO2-Kompensationen von Unternehmen einfließen. Zur Kompensation ihrer Umweltbelastung können Unternehmen pro Tonne CO2 Kompensationszahlungen leisten, die der Transformation der Landwirtschaft zu Gute kommen. Und genau diese Gelder gibt Klim an landwirtschaftliche Betriebe weiter.
Der Vorteil für Unternehmen liege laut Lutz Wildermann darin, dass “die Wertschöpfungskette gemeinsam an einem Strang zieht und an einer Verbesserung der Klimabilanz des Land- und Ernähungsbereichs arbeitet”. Gleichzeitig ermögliche es Industrien, die regenerative Landwirtschaft zu unterstützen. Klim stellt Unternehmen aus anderen Branchen dafür CO2-Zertifikate aus, dass Landwirt*innen für ihre CO2-Kompensationen auch tatsächlich unterstützt werden. Darüber hinaus stellt Klim sicher, dass neben der Kohlenstoffbindung die Biodiversität gestärkt wird.
Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Einerseits ist sie stark von den Auswirkungen des Klimawandels und des Arten- und Biodiversitätsverlust betroffen. Andererseits trägt die Landwirtschaft selbst zu den Problemen bei.
Wie können digitale Lösungen auf Feldern und Höfen dabei helfen, Arten, Böden und Klima zu schützen?
Wir stellen Lösungen für eine digital-ökologische Transformation vor. Mehr erfahren.
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Die Ausschüttung der Vergütungen erfolgt einmal im Jahr im November.
Nachweise über Klim-App und satellitengestützes Monitoring
Auch bei der Nachweiserbringung hat Klim sich an den Bedürfnissen der Landwirt*innen orientiert. Bäuer*innen finden in der Klim-App ein Verifizierungsportal, über welches sie Nachweise und Unterlagen digital hochladen können. Hierdurch ist die Nachweiserbringung nicht nur unkompliziert, sondern Klim kann die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen recht einfach überprüfen. Zunehmend nutze man auch Satellitendaten, um bestimmte Managementpraktiken zu überprüfen.
Zusammengefasst zeigt die Klim-App sehr gut, wie digitale Lösungen zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft beitragen können. Denn die Anwendung vereinfacht nicht nur den Zugang zu Wissen über nachhaltige Anbaumethoden in der Landwirtschaft. Sie bietet Landwirt*innen Anreize, derartige Praktiken überhaupt in ihren Betrieben einzuführen. Recht umgehend sehen Bäuer*innen dabei einen finanziellen Vorteil. Und eine konsequente Umsetzung kann auf Dauer zu besseren Erträgen und einer höheren Bodengesundheit führen.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Agrarwende – Die nachhaltige Landwirtschaft von morgen“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.