Kindersoldaten

Kindersoldaten sind Opfer und Täter zugleich - sie werden zwangsrekrutiert und müssen töten. Trotz internationaler Ächtung werden gegenwärtig in mindestens 20 Kriegen und bewaffneten Konflikten Kinder als Soldaten eingesetzt.

Autor*in Jenny Louise Becker, 27.04.08

In mindestens 20 Ländern, in denen zwischen 2001 und 2007 bewaffnete Auseinandersetzungen oder Kriege stattfanden, kämpften Kinder aktiv an der Front. Darunter sind Afghanistan, Angola, Burundi, Demokratische Republik Kongo, Kolumbien, Elfenbeinküste, Guinea, Indien, Irak, Israel/palästinensische Autonomiegebiete, Indonesien, Liberia, Myanmar (Burma), Philippinen, Russische Federation, Ruanda, Sri Lanka, Somalia, Sudan und Uganda.

Daten und Fakten

Etwa 250.000 bis 300.000 Kinder werden weltweit als Kindersoldaten eingesetzt. Rasch wechselnde Konfliktsituationen und die Tatsache, dass viele Kinder in Gebieten kämpfen, die von Hilfsorganisationen aus Sicherheitsgründen nicht erreicht werden können, erschweren allerdings die Ermittlung exakter Zahlen der Kinder im Kriegseinsatz.

Nach dem Ende der Kriege in Afghanistan, Angola und Sierra Leone wurden in den letzten Jahren schätzungsweise 40.000 Kindersoldaten demobilisiert. Gleichzeitig aber wurden Tausende Kinder in den Konflikten an der Elfenbeinküste, Sudan und Liberia neu rekrutiert.

Ursachen und Hintergründe der Rekrutierung

Aus eigener politischer oder religiöser Überzeugung kämpfen die Kinder und Jugendlichen in fast allen Fällen nicht – sie werden zum Kämpfen gezwungen oder werden unfreiwillig Teil der militärischen Infrastruktur. Manche werden von den bewaffneten Gruppen als Soldaten zwangsrekrutiert und entführt, sie machen aus Angst vor Strafen und Misshandlungen durch eine Kriegspartei mit. Andere werden mit falschen Versprechungen und einem geringen Sold gelockt. Die Kinder hoffen, Schutz, Sicherheit und Versorgung zu bekommen oder einen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Nicht selten spielt auch eine Rolle, dass man mit der Waffe Macht ausüben und rauben und plündern kann. Manche Kinder melden sich freiwillig, weil sie sich für die Ermordung der Eltern oder von Familienangehörigen rächen wollen. Sobald sie bei den bewaffneten Gruppen sind, unterliegen Kindersoldaten – wie alle Soldaten – dem Gesetz von Befehl und Gehorsam. Für die betroffenen Kinder heißt das: Sie müssen gehorchen, ohne den Sinn in Frage zu stellen.

Die meisten werden von Rebellenarmeen für den Kampf gegen die Regierung rekrutiert. Allerdings unterstützen Regierungen häufig paramilitärische Gruppen und Milizen, die Kinder in den Kampf schicken oder sie zu Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung anstacheln. Auch scheuen einige Regierungen nicht vor der bewussten Anwerbung oder sogar Zwangsrekrutierung von Kindern und Jugendlichen zurück.

Für die meisten Kriege gilt: Je länger ein Krieg dauert, desto mehr Kinder werden rekrutiert. Je mehr Kinder rekrutiert werden, um so jünger werden die Opfer dieser Praxis. Nicht selten kommt es zum »Wettlauf« der Kriegsparteien bei der (Zwangs-) Rekrutierung von Kindern. Möglich macht das auch die Entwicklung von leichten Kleinwaffen, die auch kleine Kinder bedienen können.

Die Lebenssituation von Kindersoldaten

Das Leben der Kindersoldaten ist hart und geradezu komplementär zu kindlichen Bedürfnissen. Der Alltag ist von Gewalt und gehorsam geprägt. Sie werden oft geschlagen, misshandelt und gezwungen, Grausamkeiten zu begehen. Sie müssen schwere Lasten (Waffen, Verwundete, Lebensmittel, Hausrat, Zelte) über weite Strecken schleppen. Essen, sauberes Wasser und sonstige Versorgungsgüter (Medikamente) sind knapp.

Mädchen –teilweise auch Jungen- werden durch erwachsenen Soldaten sexuell missbraucht. Daraus resultieren Risiken für die betroffenen Kinder, wie zum Beispiel die ungewollte Schwangerschaft bei Mädchen. Weitere Gefahren sind Infektionsgefahren wie Geschlechtskrankheiten und HIV/AIDS.

Kinder werden von den Vorgesetzten als »weniger wertvolle« Soldaten angesehen, deshalb werden sie gern an besonders gefährlichen Stellen der Front eingesetzt, zum Beispiel als Spione, Minenleger und Minensucher. Entsprechend hoch ist das Risiko, verletzt oder getötet zu werden.

Kindersoldaten haben meist keine Ausbildung genossen oder eine Schule besucht, können deshalb weder lesen noch schreiben. Sie erlernen so auch nicht die notwendigen Kulturtechniken, um in einer Zivilgesellschaft friedlich miteinander leben zu können.

Aufgrund dieser traumatischen Erfahrungen ist es nicht damit getan, die Kinder wieder „nach Hause“ zu schicken. Se sind nicht in der Lage, ein normales leben zu führen, da sie militärischen Drill und Gewalt kennen. Wichtig sind daher auch Maßnahmen zur Wiedereingliederung der Kinder, die ihnen psychologische Betreuung und Bildung bieten, aber auch helfen, soziale Kompetenzen wieder zu erlangen. Die verschiedenen Hilfsorganisationen versuchen hier anzusetzen.

Eine Welt ohne Kindersoldaten ist möglich

Das internationale Völkerrecht ist eindeutig: Kindersoldaten sind Opfer schwerster Kriegsverbrechen. Seit 2002 verbietet ein Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention den Kriegseinsatz von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Bis heute haben 116 Staaten das Abkommen unterzeichnet, 87 haben es ratifiziert. Trotz Unterschrift oder sogar Ratifikation werden aber in manchen Staaten weiter Kinder eingesetzt, zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo, Liberia, Ruanda, Uganda in Afrika oder Afghanistan, Philippinen und Sri Lanka in Asien.

„Eine Welt ohne Kindersoldaten ist möglich, die ersten Schritte sind getan. Noch aber fehlt oft der politische Wille. Regierungen in aller Welt müssen den Mut aufbringen, für die internationalen Schutzbestimmungen einzutreten und sie auch selbst umzusetzen“, fordert Andreas Rister von terre des hommes, Sprecher der Deutschen Koordination Kindersoldaten, in der sich amnesty international, Deutsches Komitee für Unicef, Kindernothilfe e.V., Lutherischer Weltbund, medico international, Missio, terre des hommes Deutschland e.V., Netzwerk Afrika, World Vision Deutschland zusammen geschlossen haben.

Ebenso wichtig ist der neue Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, denn wer Kinder unter 15 Jahre rekrutiert, kann zukünftig nach dem Statut des Gerichtshofes als Kriegsverbrecher verurteilt werden. Doch der Weg, bis ein Kriegverbrecher sich vor dem Gerichtshof verantworten muss, ist oft ein sehr langer.

Quellen und Links

Ein ausführliches PDF mit vielen Infos zum Thema Kindersoldaten von terre des hommes kannst du hier downloaden.

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Töns Wiethüchter
Kinder haben nichts im Krieg zu suchen!

Viele Staaten sprechen sich offiziell gegen den Einsatz von Kindersoldaten in bewaffnetenKonflikten aus. Dennoch werden nach Schätzungen der Vereinten Nationen weltweit 250.000 Kinder zum Kämpfen gezwungen. Zum heutigen Tag gegen den Einsatz von Kindern in Kriegen haben staatliche wie nichtstaatliche Organisationen auf den Handlungsbedarf hingewiesen.