In den letzten Jahren hat die Aufmerksamkeit für die Problematik von Kunststoffabfällen und Mikroplastik in unseren Meeren stark zugenommen. Es gab verschiedene öffentlichkeitswirksame, wenn auch in einigen Fällen immer noch nicht ganz erfolgreiche Versuche, Lösungen dafür zu finden – wie etwa vom Ocean Cleanup-Projekt, dessen neuer Interceptor-Initiative und sogar mit Meeres-Drohnen, die Kunststoffabfälle einsammeln.
Viele der Lösungsansätze konzentrieren sich darauf, das Plastik einzusammeln, wenn es bereits in den Meeren angekommen ist. Eine erste Hürde dabei ist, diesen Kunststoff zu lokalisieren. Obwohl es in unseren Ozeanen, wie zum Beispiel im Great Pacific Garbage Patch, riesige Anhäufungen von zerkleinerten Plastikteilen gibt, ändern viele dieser Objekte häufig ihre Position, wenn sie von den Strömungen und Wirbelstürmen des Ozeans mitgerissen werden. Damit die verschiedenen Sammelmethoden überhaupt wirksam sein können, muss also – um Geld und Ressourcen zu sparen – vor dem Einsatz die Lage der Plastikteile genau bestimmt werden.
Hier kommen neue Forschungsergebnisse des Plymouth Marine Laboratory (England) und der Universität der Ägäis (Griechenland) ins Spiel. In einem Paper, das in Nature Scientific Reports veröffentlicht wurde, stellte das Forschungsteam dar, wie hochauflösende Satellitenbilder genutzt werden können, um „Makrokunststoffe“ (Kunststoffe mit einer Größe von mehr als fünf Millimetern) in Meeren und Ozeanen aufzuspüren und zu identifizieren. Das Team verwendete Bilder des Sentinel-2-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation ESA, der alle fünf Tage außergewöhnlich hochauflösende Bilder von großen Teilen der Erde liefert. Die Forschenden entwickelten daraufhin eine Methode, um die optischen Signaturen von Lichtwellenlängen zu identifizieren, die häufig in schwimmenden Kunststoffmüllhalden zu finden sind – und die es ermöglichen, sie vom Weltraum aus genau zu erkennen.
Dabei ist es allerdings nicht so einfach, lediglich qualitativ hochwertige Fotos zu machen und diese dann zu sichten. Es gäbe viel zu viele Informationen, als dass menschliche Arbeitskräfte das Arbeitspensum jemals effizient bewältigen könnten. Deshalb war es zwingend erforderlich, ein KI-System zu entwickeln, das die Satellitenbilder nach Hinweisen auf Plastikablagerungen absuchen kann.
Um den Algorithmus der Künstlichen Intelligenz zu trainieren, entwarf das Forschungsteam eine Testverfahren vor der Küste von Lesbos in der Ägäis. Zuerst wurde Plastikabfall – wie Flaschen, Fischernetze und Plastiktüten – eingesammelt und dann auf Plattformen verladen. Diese wurden dann auf das Meer hinausgetrieben, um dort Flächen von Plastikansammlungen zu imitieren, die das Team aber im Gegensatz zu „echten“ Plastikteppichen steuern und lokalisieren konnte.
Die KI wurde dann damit beauftragt, Bilder der Plastikansammlungen, aber auch von anderen natürlichen Objekten im Meer – wie Holz, Meeressschaum und Seegras – zu verarbeiten und zu identifizieren. Das Ergebnis: Der Algorithmus war in 86 Prozent der Fälle in der Lage, „unechten“ Plastikteppich von anderen Dingen zu unterscheiden.
Projektleiterin Lauren Biermann beurteilt die Forschung ihres Teams als einen positiven Schritt, um das Fachwissen von Meeresökologen mit dem von Experten für Satellitenerkundung zusammenzubringen. Darüber hinaus sei die Technologie nicht auf den Sentinel-2-Satelliten beschränkt, sondern könnte auch mit jeder Fernerkundungsplattform zusammenarbeiten, die ausreichend hochauflösende Bilder liefern kann, also andere Satelliten oder sogar Drohnen für eine lokalere Vermessung.
Es bleibt zu hoffen, dass Technologien wie diese dazu beitragen können, den Prozess zu beschleunigen und die Kosten für die Säuberung der Meere von Plastikabfällen zu senken. So könnte dies auch für Behörden und kommerzielle Einrichtungen attraktiver werden, auch wenn es für das Einsammeln dann noch weiterer Ausrüstung bedarf. Am effektivsten ist es aber, wenn wir das Eindringen von Kunststoffen in unsere Flüsse, Meere und Ozeane von vornherein verhindern.
RESET hat übrigens schon früher über den Sentinel-2 berichtet, der alle fünf Tage hochauflösende Bilder von einem Großteil der Erde aufnimmt. Dieser Satellit kann nicht nur Plastikmüll in unseren Meeren orten, sondern wurde auch schon dafür eingesetzt, um Schwefeldioxid in der Erdatmosphäre zu lokalisieren, seine Herkunft zu bestimmen und auch zu verfolgen, wie es sich fortbewegt.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischen Webseite.
Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen
Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.
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