KI lernt Alchemie: SOL-AI soll neue Materialien für Solaranlagen finden

Mit dem KI-System "SOL-AI" wollen Forschende effizientere Materialien für Photovoltaikanlagen herstellen. Das System ist dabei auf einen riesigen Datensatz trainiert und kann neue Materialien anhand benötigter Eigenschaften generieren.

Autor*in Benjamin Lucks, 12.08.24

Übersetzung Lana O'Sullivan:

Elektromobilität, Wärmepumpen, smarte Pflückroboter für Gewächshäuser – die meisten Lösungen für eine erfolgreiche Klimawende benötigen Strom. Unsere Energieversorgung klimaneutral zu machen, ist für das Erreichen der Klimaziele daher besonders zentral. Neben Wasser- und Windkraftanlagen gehören Solaranlagen zu den vielversprechendsten Quellen für grünen Strom – und werden bereits seit Jahrzehnten in der Industrie sowie im Haushalt eingesetzt. Das KI-System „SOL-AI“ könnte die Effizienz von Solarzellen in den nächsten Jahren deutlich vorantreiben.

SOL-AI wurde auf einem riesigen Datensatz aus Forschungsergebnissen trainiert. Dadurch kann das KI-System Verknüpfungen zwischen Studien finden, die bislang gesondert betrachtet wurden. Und soll so sogar ganz neue Materialien für Photovoltaikanlagen erfinden. Stefan Sandfeld vom Forschungszentrum Jülich spricht daher vom „Heiligen Grahl der Materialwissenschaften“.

Wie funktioniert der „Heilige Grahl der Materialwissenschaften“?

Genauer gesagt ist SOL-AI ein Foundation-Model. Dabei nutzt es maschinelles Lernen dazu, um Zusammenhänge in ganz unterschiedlichen Daten zu finden. Ähnlich wie das Sprachmodell GPT von OpenAI, das durch die Anwendung Chat-GPT weltweit bekannt wurde, ist SOL-AI initial auf einen großen Datensatz trainiert worden. Am Ende dieses Trainings kann die KI basierend auf diesen Daten verschiedene Aufgaben erfüllen.

SOL-AI soll dadurch ein Problem lösen, das durch Menschenhand bisher nur schwer lösbar war. Dem Helmholtz-Institut zufolge seien die Bemühungen zur Erforschung und Entwicklung von Photovoltaikanlagen seit den 2010er Jahren stetig gewachsen. Was erst einmal eine positive Entwicklung ist, hatte allerdings eine Informationsflut aus wissenschaftlichen Publikationen zufolge. Diese ließen sich kaum noch auswerten. Gleichzeitig ist es durch die Menge an Daten schwierig, sinnvolle Verknüpfungen zwischen den diversen Publikationen zu finden.

© Forschungszentrum Jülich / Ralf-Uwe Limbach
Stefan Sandfeld vom Forschungszentrum Jülich

Das KI-System kann anhand dieser Daten aber ohne menschliche Hilfe und selbstüberwacht lernen. Unter anderem kann das System dabei Daten miteinbeziehen, zu denen es bislang kein Lernziel gab.

KI-Modell soll neue Materialien für Solaranlagen generieren können

Die Verwendung von SOL-AI erinnert dabei an das, was wir im Alltag von „KIs“ gewohnt sind. Forschende können dem System „semantische Fragen in normaler Sprache“ stellen. Als Beispiele nennt das Helmholtz-Institut etwa „Welche Lebensdauer wird meine geplante Solarzelle voraussichtlich haben?“ oder „Welche Materialien sollte ich verwenden?“

Bei der Entwicklung neuer Solarzellen können Forschende also Eigenschaften und Anforderungen an Materialien formulieren, aus denen SOL-AI dann kompatible Materialien vorschlägt. Gleichzeitig soll das KI-System über die Verknüpfung von Forschungsergebnissen auch ganz neue Materialien generieren können.

Mithilfe dieser neuen Materialien kann SOL-AI laut Stefan Sandberg den Weg zu effizientem und kostengünstig produziertem Sonnenstrom erheblich verkürzen.

SOL-AI soll nach Veröffentlichung frei verfügbar sein

Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass SOL-AI nach der Veröffentlichung kostenfrei und weltweit nutzbar sein wird. Denn das System wurde in die Helmholtz Foundation Model Initiative (HFMI) aufgenommen, in der „voll funktionsfähige Modelle unter Berücksichtigung ethischer und rechtlicher Standards“ entwickelt werden. SOL-AI ist dabei eines von vier Pilotprojekten, die für die Initiative ausgewählt wurden.

Die freie Verfügbarkeit nachhaltiger Technologien über Initiativen wie der HFMI oder über Open-Source-Lizenzen ist eine wichtige Voraussetzung, um deren Potenziale größtmöglich ausnutzen zu können. Gleichzeitig beugen derartige Projekte Monopolstellungen und der Verstärkung sozialer Ungleichheiten vor.

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