Ist die Speicherung von Wasserstoff die Zukunft der erneuerbaren Energie?

Es gibt viele Möglichkeiten, überschüssige erneuerbare Energie zu speichern. Wenn es um die langfristige und transportfähige Speicherung geht ist Wasserstoff vielversprechend.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut, 29.06.22

Die Beziehung zwischen Wasserstoff und der Menschheit ist eng, schließlich bestehen wir zu zwei Dritteln aus Wasser. Aber das leichteste und am häufigsten vorkommende Element des Universums erlebt derzeit eine Art Renaissance. Derzeit wird Wasserstoff vor allem in der Industrie eingesetzt, insbesondere in Bereichen, in denen große Hitze benötigt wird, wie zum Beispiel bei der Stahlerzeugung, der Ölraffination und der Ammoniakproduktion.

Doch das sind nicht die einzigen Anwendungen. Nachdem er früher für Luftschiffe, Space Shuttles und Massenvernichtungswaffen verwendet wurde, entwickelt sich Wasserstoff jetzt zu einer sauberen Energiespeicherlösung von erneuerbaren Energien, die andernfalls ungenutzt bleiben würde.

Erneuerbare Energien und Wasserstoff

Eine der größten Tücken der erneuerbaren Energien ist ihre oft unstete Natur, insbesondere bei Wind und Sonne. Produzieren die erneuerbaren Energien zu viel Strom, muss die Produktion gedrosselt werden, um das Netz nicht zu überlasten. Jetzt wird nach innovativen Möglichkeiten gesucht, diesen Strom zu speichern. Im Wesentlichen muss die erneuerbare Energie in eine andere Form umgewandelt werden, die so lange gespeichert werden kann, bis sie benötigt wird. Im Idealfall geht bei der Umwandlung so wenig Energie wie möglich verloren.

Wasserstoff kann auf diese Weise funktionieren. Überschüssige erneuerbare Energie kann für den Prozess der Pyrolyse – die Herstellung von Wasserstoff aus Gas – oder der Elektrolyse – die Herstellung von Wasserstoff aus Wasser – verwendet werden. Sobald die erneuerbare Energie in Form von Wasserstoff vorliegt, kann sie unbegrenzt gespeichert werden. Wenn sie wieder benötigt wird, durchläuft der Wasserstoff die umgekehrte Elektrolyse und wird mit Sauerstoff kombiniert, um Wasser und vor allem Strom zu erzeugen.

Derzeit wird Wasserstoff meist aus natürlichen Gasen wie Methan gewonnen, das aus einem Kohlenstoffatom in Verbindung mit vier Wasserstoffatomen besteht. Etwa die Hälfte des Wasserstoffs wird in einem als Dampfreformierung bekannten Prozess aus Methan gewonnen. Das Verfahren selbst wird seit dem 20. Jahrhundert angewandt, ist jedoch dringend überholungsbedürftig. Traditionell wird Methan heißem Dampf ausgesetzt, der das Methan in seine Bestandteile zerlegt, wobei Wasserstoff und Kohlendioxid entstehen. Da das CO2 nicht nutzbar ist, wird es häufig in die Atmosphäre freigesetzt und trägt so zu den Kohlenstoffemissionen bei.

Dieses und andere Probleme haben den Einsatz von Wasserstoff zur Energiespeicherung eingeschränkt. Es wird jedoch daran geforscht, den Prozess der Wasserstofftrennung – oder Pyrolyse – zu verbessern. So hat die Montanuniversität Leoben in Österreich neue Technologien entwickelt, die verhindern, dass der Kohlenstoff des Methans oxidiert und in Kohlendioxid umgewandelt wird.

Durch ihre „Metallbad-Pyrolyse“ wird das Methan in Wasser und festen elementaren Kohlenstoff umgewandelt. Das Wasser kann dann weiter in Wasserstoff umgewandelt werden, während der Kohlenstoff als wertvoller Rohstoff dienen kann. “ Die Metallbad-Pyrolyse von Methan stellt im Vergleich zu alternativen Technologien eine energetisch günstige Möglichkeit zur Herstellung von großen Mengen an Wasserstoff für die Industrie dar, bei der zusätzlich elementarer Kohlenstoff als hochwertiges Produkt anfällt, welcher beispielsweise in der Landwirtschaft oder der Baustoffindustrie zum Einsatz kommen kann“, erklärt Helmut Antrekowitsch vom Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie an der Universität.

Den Forschenden zufolge ist ihr Ansatz auch weniger energieintensiv und führt zu einer höheren Ausbeute. Der so gewonnene Kohlenstoff kann in den verschiedensten Bereichen eingesetzt werden, zum Beispiel bei der Herstellung von Mikrochips, in der Medizintechnik, in der Luft- und Raumfahrt und im Bauwesen.

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Doch es gibt noch weitere Herausforderungen, vor die uns die Umwandlung von Energie in Wasserstoff stellt. Dringend gefragt sind auch Lösungen für die sichere und zuverlässige Speicherung von Wasserstoff zur späteren Verwendung. Als leichtestes Element muss Wasserstoff normalerweise unter hohem Druck gespeichert werden. Dies ist nicht nur technisch kompliziert, sondern bringt auch Sicherheitsrisiken mit sich. Wie die berühmte Hindenburg-Katastrophe gezeigt hat, ist Wasserstoff leicht entzündlich und neigt zu Explosionen, wenn seine unter Druck stehenden Behälter beschädigt werden.

Normalerweise wird Wasserstoff mit einem Mobilitätsdruck von 700 bar und einem Schwerlasttransportdruck von 350 bar gelagert. All dies macht die Verwendung von Wasserstoff zusätzlich kompliziert und teuer.

Hydrosolid – Die Wasserstoffbatterie

Das österreichische Unternehmen HydroSolid will die Speicherung und Verwendung von Wasserstoff mit seinem Hive one umkrempeln. Hive One ist eine vollständig recycelbare Wasserstoffbatterie, die das Gas bei einem viel niedrigeren Druck speichern kann. Dank der Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA verwendet HydroSolid ein patentiertes Nanomaterial, das Wasserstoff auf atomarer Ebene bindet. Das Material nimmt den Wasserstoff bei Raumtemperatur auf, bindet ihn in seiner Molekularstruktur und kann ihn bei leichter Erwärmung wieder abgeben. Dieser Wasserstoff kann dann durch einen Prozess der umgekehrten Elektrolyse geleitet werden, bei dem Energie und Wasser freigesetzt werden.

Im Vergleich zu bisherigen Speichermöglichkeiten kann der Hive One Wasserstoff bei nur 15 bar speichern. Dadurch können die Wasserstoffbatterien nach eigenen Angaben im Vergleich zu anderen Systemen bis zu 250 Prozent mehr Wasserstoff speichern. Damit haben sie ein zehnmal größeres Energiepotenzial als Lithium-Ionen-Batterien ähnlicher Größe – bei kompletten Verzicht auf Seltene Erden, Kobalt oder Lithium, was ihren Bau und ihre Demontage umweltfreundlicher macht.

Mit Blick auf die einfache Lagerung, Logistik und Transport wurde Hive One für eine Reihe von Anwendungen konzipiert und kann in Haushalten, in der Industrie, in Fahrzeugen und für die Speicherung erneuerbarer Energien eingesetzt werden.

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Dieser Artikel gehört zum Dossier „Energiewende – Die Zukunft ist vernetzt“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.

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