Über die letzten beiden Jahre hat sich das RESET-Team auf “Mission Klimaneutralität” begeben. Im Fokus des Projekts stand die Frage: Wie sehen digitale Lösungen für eine echte Klimawende aus?
Klingt nach einer Mammut-Aufgabe? Ist es auch! Aber die wesentlichen Schritte sind klar und viele Lösungen stehen bereit. Genau das zeigen wir im Rahmen des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekts. In einer umfassenden Artikelserie stellen wir eine Vielzahl an Lösungen vor, beleuchten in Interviews und Podcast-Folgen mit Expert:innen die Hintergründe und haben wesentliche Rahmenbedingungen für den nachhaltigen Einsatz digitaler Technologien in Policy Briefs zusammengefasst. Für einen schnellen Einstieg finden sich die wichtigsten Erkenntnisse auf einer Microsite.
Hier geht’s zur Microsite „Mission Klimaneutralität“.
Was es damit genau auf sich hat und warum sich ein Blick darauf unbedingt lohnt, darüber sprechen Uta Mühleis (Gründerin von RESET) und Indra Jungblut (Redaktionsleitung) in diesem Interview.
RESET: Warum habt ihr das Projekt „Mission Klimaneutralität“ gestartet, was war die Grundidee?
Uta: Wir haben uns im Rahmen des Projektes das Ziel gesetzt, die Potenziale und die Herausforderung digitaler Lösungen zur Erreichung der Klimaziele zu beleuchten. Und gleichzeitig wollten wir auch betrachten, welche Nachhaltigkeitskriterien für die Entwicklung der digitalen Tools und Services gelten sollten.
Indra: Deutschland hat sich zu Klimazielen verpflichtet und sich vorgenommen, bis 2045 klimaneutral zu sein. Für viele ist aber nicht klar, wie wir dahin kommen. Dabei sind die wesentlichen Maßnahmen, wie wir unsere CO2-Emissionen reduzieren können, längst bekannt. Und es gibt bereits eine Vielzahl an Lösungen, die bei der Umsetzung dieser Maßnahmen unterstützen. Mit unserem Projekt haben wir uns auf digitale Lösungen konzentriert, um sie sichtbarer und greifbar zu machen.
Uta: Digitale Lösungen standen dabei im Fokus, weil sich die Digitalisierung genauso rasant entwickelt, wie der Klimawandel voranschreitet. Und da wollten wir uns anschauen, welche digitalen Lösungen das größte Potenzial haben, was wirklich vielversprechende Lösungen sind. Wie können wir sie richtig einsetzen, um dieses Potenzial für eine nachhaltige Entwicklung zu nutzen und die Transformation zu beschleunigen?
Das Projekt ist ja in die Sektoren Energie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft aufgeteilt. Wieso habt ihr genau diese gewählt?
Uta: Dabei haben wir uns auf die Sektoren mit den höchsten CO2-Emissionen konzentriert. Das sind die Sektoren, die für die meisten Emissionen verantwortlich sind – und in denen damit auch das größte Potenzial für eine nachhaltige Transformation steckt.
Über der Micropage steht „Mission Klimaneutralität“. Das klingt erst mal nach einer unmöglichen Aufgabe. Was sind für euch die drei wichtigsten Erkenntnisse aus dem Projekt, um Klimaneutralität in Deutschland zu erreichen?
Indra: Die wesentliche Erkenntnis war auch gleichzeitig die grundlegende Entscheidung zu dem Projekt: Es gibt viele Lösungen, die schon in allen Sektoren bereit stehen, wir müssen sie nur sinnvoll einzusetzen wissen. Dabei geht es vor allem darum, vom Wissen endlich ins Handeln zu kommen.
Uta: Außerdem haben wir festgestellt, dass es tatsächlich Sinn ergibt, jeden Sektor einzeln zu betrachten. Die Voraussetzungen sind sehr verschieden und die Unterschiede werden deutlicher.
Im Energiesektor beispielsweise, da hat es bereits einen großen Schub durch erneuerbare Energien und die Digitalisierung in Richtung Klimaneutralität gegeben. Das hat damit zu tun, dass die Energiewende vor allem die Integration vieler verschiedener dezentraler Energiequellen bedeutet – und das ist ohne digitale Lösungen kaum möglich. Anders ist das bei der Mobilität. Obwohl in digitalen Lösungen große Chancen für die Mobilitätswende stecken, insbesondere für eine neue, multimodale Fortbewegung, werden hier noch viele Chancen verschenkt.
Indra: Ja, es gibt bestimmte Maßnahmen, die gar nicht ohne digitale Hilfsmittel umgesetzt werden können. Die Energiewende ist da zum Beispiel ein riesengroßes Thema. Und andererseits gibt es auch Beispiele wie die Landwirtschaft, wo sehr viel digitalisiert wird, also noch mehr, als wir das am Anfang dachten. Aber hier ergibt mehr Digitalisierung in vielen Bereichen aus Nachhaltigkeitsperspektive wenig Sinn, weil zwar eine effizientere, aber auch eine umweltschädlichere Landwirtschaft gefördert wird.
Uta: Eine weitere wesentliche Erkenntnis ist, dass auch bei der Digitalisierung auf Nachhaltigkeit geachtet werden muss. Sonst ist ein eventuell positiver Effekt wieder dahin.
Es gibt viele Chancen bei der Digitalisierung für den Klima- und Umweltschutz, aber dazu muss auch der Fokus darauf liegen. Innerhalb der digitalen Lösungen muss wirklich die ökologische Wirksamkeit forciert werden, und nicht allein ökonomische Aspekte. Das war für uns keine neue, aber eine bestätigte Erkenntnis.
Indra: Das ist auf jeden Fall der rote Faden, wenn wir das Themenpaar Nachhaltigkeit und Digitalisierung betrachten. Es gibt viele, bestimmt auch schlaue Lösungen, die einen positiven Umwelteffekt haben sollen, weil sie Ressourcen einsparen. Allerdings bleiben bei vielen digitalen Anwendungen Nachhaltigkeitsaspekte in der Entwicklung oft außen vor. Das hat sich über all die Jahre, die wir schon zu diesen Themen arbeiten, aber auch in der Recherche zu diesem Projekt, gezeigt. Es ist für uns nicht immer leicht, Lösungen zu finden, die wirklich von A bis Z gut durchdacht sind und auf allen Ebenen sämtliche Nachhaltigkeitsaspekte beachten.
Um ein Beispiel zu geben: Wenn ich eine KI-basierte Anwendung entwickele, die irgendeinen Prozess effizienter machen soll, ist nicht nur entscheidend, dass am Ende Energie oder andere Ressourcen gespart werden, sondern auch, dass die KI selbst möglichst ressourcenschonend entwickelt wurde. Dass sie zum Beispiel auf grünen Servern trainiert wurde und möglichst kleine Modelle und Datensätze verwendet wurden. Und manchmal stellt man dann auch fest, dass ein einfacher Algorithmus die Aufgabe genauso gut übernehmen kann.
Wen wollt ihr mit der Microsite „Klimawende“ erreichen?
Uta: Das Projekt hat einen umfassenden Research beinhaltet und wir stellen viele Lösungen aus sehr unterschiedlichen Bereichen vor. So umfassend wie die Lösungen sind auch die Zielgruppen. Dahinter steckt die Überzeugung, dass wir nur gemeinsam mit einer großen Mehrheit die Wende in Richtung Klimaneutralität schaffen. Daher war unser Ziel, die Micropage für politische Entscheidungsträger:innen genauso interessant zu gestalten wie für Unternehmen und Startups, für die Zivilgesellschaft und Bürger:innen. Klimaneutralität geht uns alle an und alle können einen Beitrag leisten.
Wir haben schon immer einen klaren Bildungs- und Aktivierungsauftrag und wollen Menschen vernetzen und zum Handeln anregen. Daher haben wir versucht, auf der Micropage die Komplexität zu reduzieren, klare Maßnahmen und eben passende Lösungen herauszuarbeiten.
Was sind für euch die Vorteile einer Microsite?
Uta: Weil wir in den vier Sektoren gearbeitet haben, wollten wir sämtliche Ergebnisse noch mal zusammen führen, damit eine Gesamtübersicht entsteht und ein Grundverständnis dafür, wo die Probleme und wo die Lösungen sind. Da das Thema Klimaneutralität bzw. die Klimawende ziemlich komplex ist, wollten wir einen leicht zugänglichen Einstieg schaffen. Und gleichzeitig auch zeigen, wo die Sektoren insgesamt stehen, welche Lösungsansätze es gibt. Das ist uns ganz gut gelungen. Und jede und jeder, der oder die dann tiefer in die Themen einsteigen will, findet hier Startpunkte.
Im Internet gibt es den Trend, komplexe Themen möglichst kurz zusammenfassen, wie in Kurzvideos oder Info-Beiträgen auf Instagram. Wo seht ihr die Gefahren und Herausforderung, Inhalte so verkürzt zu präsentieren?
Indra: Jede und jeder, der oder die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, weiß, dass Nachhaltigkeit ein superkomplexes Thema ist und nachhaltige Entscheidungen sehr komplex sind. Die Vereinfachung kann natürlich suggerieren, dass auch die Lösungen einfach sind. Wir sehen die Microsite eher als einen Einstiegspunkt, und an vielen Stellen gibt es die Möglichkeit, zu vertiefenden Inhalten zu gelangen.
Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass die vereinfachte Darstellung zu dem Ziel unseres Projekts passt, die Klimawende greifbar zu machen. Ich hoffe, dass wir es geschafft haben, durch die vereinfachte Darstellung die Greifbarkeit einerseits zu zeigen, aber eben auch die Möglichkeit des tiefer gehenden Eintauchens in die Komplexität der Themen geben.
An wen würdet ihr die Microsite gerne schicken und sagen, „Hey, schau dir das mal an!“?
Uta: Also, ich würde mir natürlich wünschen, dass die Microsite „Klimawende“ an alle politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger:innen dieses Landes geht, und zwar mit einem Ausrufezeichen.
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