Interview: MineSpider will mit Hilfe der Blockchain Konfliktmineralien aus Lieferketten verbannen

Ein Berliner Startup nutzt verteilte Datenbanksysteme, um ein komplexes Problem anzugehen: die Nachverfolgung der Mineralien, die in unseren smarten Geräten verbaut werden.

Autor*in Ana Galán Herranz, 17.10.18

Landnahme, Korruption, unethische Lieferketten – dies sind nur einige der Themen, bei denen die Blockchain-Technologie für einen positiven Wandel genutzt werden kann. Denn sie kann eine hohe Transparenz schaffen und ist nahezu unveränderlich im Vergleich zu bestehenden Buchführungsmethoden. Die Plattform MineSpider befasst sich mit einem explosiven Thema: den sogenannten „Konfliktmineralien„. Von schlauen Telefonen bis zu Tablets, alle unseren technischen Geräte brauchen wertvolle Mineralien wie Gold, Silber oder Kobalt, um „zum Leben“ erweckt zu werden. Doch die Bedingungen, unter denen die wertvollen Materialien gewonnen werden, sind mehr als fragwürdig. Bewaffnete Konflikte und Menschenrechtsverletzungen wie Sklaverei und Kinderarbeit sind in dieser Branche leider nicht selten.

Zwar hat die EU Rechtsvorschriften erlassen, die Unternehmen eine Sorgfaltspflicht bei der Beschaffung solcher Konfliktmineralien vorschreibt, aber die Durchsetzung dieser Vorschriften ist in der Realität äußerst schwierig. Konfliktmetalle sind nicht eindeutig identifizierbar und können leicht mit Materialien aus sauberen Quellen vermischt werden. Daher landen in Laptops und Handys nach wie vor Mineralien, die unter menschenunwürdigen Bedingungen gewonnen wurden.

Wie also will MineSpider verhindern, dass Konfliktmineralien eingesetzt werden? Darüber sprachen wir mit dem Gründer von MineSpider, Nathan Williams.

Wenn du jemandem, der keine Ahnung von der Blockhain hat, erklären müsstest, was ihr eigentlich macht – wie würdest du das tun?

MineSpider hat ein System entwickelt, das verantwortungsvoll geförderte Mineralien und Rohstoffe entlang der Lieferkette nachvollziehen kann. So können Unternehmen sicher sein, dass das Geld, das sie für die Materialien bezahlen, nicht Bürgerkriege, Sklaverei, Kinderarbeit oder Umweltschäden finanziert.

Im Gegensatz zu Diamanten, Handtaschen oder antiken Autos sind Mineralien nicht eindeutig identifizierbar. Wir können sie in einen Container mit einem Etikett legen und eine Sendung verfolgen, aber irgendwann müssen wir den Container öffnen und sie zu Metall veredeln. Unsere Lösung ist es, die Metalle ähnlich wie grünen Strom im Stromnetz zu behandeln: Wenn wir Ökostrom kaufen, kommt er aus dem Netz gemischt mit Kohle- und Kernenergie zu uns nach Hause. Durch die Verfolgung der produzierten Menge können wir jedoch garantieren, dass unser Geld an das Ökostromunternehmen geht. Indem wir also die Produktion aus den Bergwerken verfolgen, können wir sicherstellen, dass das für die Metalle gezahlte Geld verantwortungsvolle Quellen finanziert hat, auch wenn das Metall selbst irgendwann einmal vermischt wurde.

MineSpider erstellt also für die, die Mineralien verantwortungsbewusst abbauen, digitale Blockchain-Zertifikate entsprechend der Menge des von ihnen geförderten Metalls. Werden die Mineralien verkauft, gekauft oder veredelt, zeichnet das Blockchain-Protokoll von MineSpider diese Aktionen für immer auf.

Könntest du den gesamten Prozess erklären?

Zunächst wird eine Mineralien-Mine von einem vertrauenswürdigen Zertifizierer im MineSpider-Protokoll registriert. Dies kann ein staatlicher Beamter oder ein von der Branche anerkannter Dritter sein. Nach der Registrierung verwendet die Mine die MineSpider Distributed App, um ihre Zertifizierungen, Auditberichte, staatliche Lizenzen usw. in ein digitales Zertifikat für jede Lieferung hochzuladen.

Wenn ein Kunde eine Materiallieferung kauft, kauft er auch die Schlüssel für den Zugriff auf diese Daten und fügt dem Datensatz seine eigenen Daten hinzu. Dieser Prozess wird fortgesetzt, während das Material über die Lieferkette gekauft und verkauft wird, wodurch für jeden neuen Eigentümer des Materials ein unveränderliches Bindeglied bis zurück zum Ursprungsbergwerk entsteht.

Das Protokoll schützt die Daten eines Unternehmens entlang der gesamten Lieferkette vor der Sicht der Wettbewerber, auch wenn es auf einer öffentlichen Blockchain läuft. Jedes neue Unternehmen, das Mineralien kauft, erhält einen Satz von „Electronic Keys“ für den Zugriff auf die öffentlich geposteten Daten, die aber mit einem „Public Key“ verschlüsselt wurden. Auf diese Weise kontrolliert oder sieht kein Unternehmen, nicht einmal MineSpider selbst, die sensiblen Daten der Lieferkette eines anderen Unternehmens. Ein Unternehmen hat also nur die Kontrolle und den Zugriff auf die Daten, die es von seinen Lieferanten erworben hat – obwohl es auf einer öffentlichen Blockchain läuft.

Wird diese Lösung nur großen Unternehmen zugute kommen oder auch den kleinen Anbietern?

Im Moment ergreifen viele große Unternehmen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass sie verantwortungsbewusst Ressourcen einkaufen. Oft tun sie das mithilfe Fragebögen, sie versuchen also, ihre Lieferkette rückwärts abzubilden, z.B. indem sie ihre Lieferanten fragen, ob ihre Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen gewonnen wurden. Die Antworten landen dann in einer Excel-Tabelle. Wenn die Lieferanten unsicher sind, muss den Lieferanten ihrer Lieferanten die gleiche Frage gestellt werden und der Prozess wird wiederholt. So wird jedoch nur verfolgt, welche Unternehmen in der Lieferkette sind, nicht die Sendungen selbst. Und dieses Vorgehen ist außerdem teuer, langsam und nicht sehr zuverlässig.

MineSpider arbeitet umgekehrt: Der Prozess beginnt am Ursprungsort und verfolgt das Material entlang der gesamten Lieferkette. Bergwerke können ihre Daten zusammen mit ihren Mineralien effektiv verkaufen, genau wie jede andere Ware. Dies ermöglicht es auch kleineren Unternehmen, sich an einer verantwortungsvollen Beschaffung zu beteiligen. Mitilfe der Distributed-Ledger-Technologie können sie für alle nachvollziehbar machen, woher die Rohstoffe stammen. Zudem kann MineSpider verantwortungsbewusste Unternehmen unterstützen, neue Kunden zu gewinnen und andere dazu anregen, sich an einer verantwortungsvollen Beschaffungspraxis zu beteiligen.

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Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut. Das Original erschien zuerst auf unsere englischsprachigen Webseite.

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