Impact Printing: Drucken wir unsere Häuser in Zukunft aus Lehm?

Kunaljit Chadha / ETH Zurich - Gramazio Kohler Research, Chair of Sustainable Construction and Robotic Systems Lab

Das Verfahren "Impact Printing" erlaubt es Forschenden, Häuser mit wenig Verbundstoffen aus Lehm zu fertigen. Sind Gebäude aus dem 3D-Drucker eine Alternative zu umweltschädlichen Betonbauten?

Autor*in Benjamin Lucks, 18.09.24

Der Gebäudesektor verursacht etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland. Neben dem Heizen und Kühlen von Gebäuden trägt dabei vor allem die Materialwahl zur negativen CO2-Bilanz unserer Häuser bei. Forscher:innen sind daher auf der Suche nach nachhaltigen Alternativen zu Beton. Über ein neues Verfahren namens „Impact Printing“ wollen Forschende der ETH Zürich eine Möglichkeit gefunden haben, Lehm und Erde für den Hausbau zu verwenden.

Die Materialien werden dabei in einer Art überdimensionalem 3D-Drucker in eine Ziegelform gedruckt. Anschließend fallen sie aus einer gewissen Höhe auf einen Untergrund oder auf andere Ziegel. Neben der besseren Klimabilanz der verwendeten Materialien hat das Impact Printing weitere Vorteile beim Häuserbau.

Material kann beim Impact Printing zu großen Teilen aus Abfall bestehen

Besonders spannend an der neuen Technologie ist, dass beim Impact Printing nur wenige Verbundstoffe eingesetzt werden müssen. Wie der Name schon andeutet, schießt der spezielle 3D-Drucker die einzelnen Lehmziegel auf einen Untergrund oder bereits gedrucktes Material. Dabei treffen die Einzelteile mit genügend Energie aufeinander, dass sie sich fest miteinander verbinden.

Was ist „Zirkuläres Bauen“?

Eine spannende Möglichkeit, die CO2-Bilanz von Gebäuden zu reduzieren, ist eine zirkuläre Bauweise. Dabei versuchen Ingenieur:innen, Gebäude bereits am Zeichenbrett so zu gestalten, dass sie Materialien abgerissener Häuser wiederverwenden. Gleichzeitig planen sie zirkuläre Gebäude so, dass sie sich in Zukunft einfacher rückbauen lassen.

Das deutsche Startup Concular hat hierfür erste Zertifikate und einen Online-Marktplatz für zirkuläre Baumaterialien entwickelt. Mehr dazu in unserem Artikel „Alt wird neu: Wie Concular zirkuläres Bauen digitalisieren will“.

Als Material kommt dabei eine Mischung aus Aushubmaterial, Schluff und Ton zum Einsatz. Laut Dr. Lauren Vasey, Postdoktorandin an der ETH Zürich, eigne sich das Verfahren aber auch für zirkuläre Bauweisen von Häusern. So bestehe die Mischung zu 75 Prozent aus gewöhnlichen Industrieabfällen des Partnerbetriebs „Eberhard AG“, einem Unternehmen für Automations- und Montagetechnik.

Geräte für den Einsatz werden aktuell entwickelt, Bauprojekte gibt es bereits

Aktuell arbeitet der selbst entwickelte 3D-Drucker der ETH Zürich, der über Impact Printing bereits zweistöckige Mauern drucken kann, noch in einem Warenhaus unter Laborbedingungen. In Zukunft wollen die Forschenden das Druckverfahren aber auch über mobile 3D-Drucker direkt auf Baustellen ermöglichen. Die dafür entwickelten Aufsätze sollen mit herkömmlichen Baufahrzeugen, etwa mit Baggern, kompatibel sein.

© Girts Apskalns / ETH Zurich – Gramazio Kohler Research, Chair of Sustainable Construction and Robotic Systems Lab
Der spezielle 3D-Drucker schießt die einzelnen Lehmziegel mit genügend Kraft von oben aufeinander, sodass sie sich miteinander verbinden.

Das Team der ETH Zürich hat sich vorgenommen, weitere autonome Roboter zu entwickeln, die den 3D-gedruckten Strukturen mehr Stabilität verleihen. Zudem streichen diese die Oberfläche der gebauten Wände glatt und versiegeln sie so noch einmal gegen Einflüsse wie Temperatur und Wetter.

Derartige Fertigungsverfahren können die Baubranche nicht nur nachhaltiger, sondern auch unabhängiger von Arbeitszeiten und der Verfügbarkeit von Fachkräften machen. Da die Maschinen rund um die Uhr und autonom arbeiten können, ließen sich Bauprojekte in kürzerer Zeit realisieren als unter Einsatz von Beton.

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