„Holz“ aus dem Labor soll den Druck auf natürliche Ressourcen verringern

Wissenschaftler*innen des MIT ist es gelungen, Pflanzengewebe in Laborumgebung zu züchten – ohne Erde und Sonnenlicht.

Einem Forschungsteam des MIT ist es gelungen, Pflanzengewebe im Labor herzustellen. Der nächste Schritt könnte die Produktion von Holz und sogar von ganzen Möbelstücken sein – ohne dass hierfür ein Baum gefällt werden müsste.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 18.03.21

Fleischprodukte im Labor zu züchten ist ja bereits schon länger ein Thema. Eine Forschungsgruppe des MIT, unter der Leitung von Dr. Luis Fernando Velásquez-García, untersucht nun Methoden zur Züchtung von holzähnlichem Pflanzengewebe in einer Laborumgebung. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in einem Bericht vorgestellt.

Die Wissenschaftler*innen entnahmen Zellen aus den Blättern einer Zinnienpflanze und kultivierten sie in einem flüssigen Wachstumsmedium, in dem sie sich ohne Erde und natürliches Sonnenlicht vermehren und verstoffwechseln konnten. Diese Zellen wurden dann in eine Gelsubstanz übertragen und mit bestimmten Hormonen „getuned“, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen. In diesem Fall wurden zwei Pflanzenhormone, Auxin und Cytokinin, verwendet, um die Produktion von Lignin zu manipulieren, einem organischen Polymer, das dem Holz seine Festigkeit verleiht.

Diese Arbeiten werden als Fortsetzung der Mikrofabrikationstechniken gesehen, die von der Forschungsgruppe um Velásquez-García entwickelt wurden, und auf früheren Forschungen zu anderen additiven Fertigungsmethoden wie dem 3D-Druck aufbauen. Das Gel, in dem die Zellen weiter gezüchtet werden, kann auch als eine Art Gerüst fungieren; das bedeutet, dass die Holzfasern theoretisch in jede beliebige Form gezüchtet werden könnten, wodurch Montagen entfallen könnten.

Ein Weg zur Reduzierung von Holzabfällen?

Eine der Hauptinspirationen hinter der Forschungsarbeit war der Wunsch, einen effizienteren, strategischeren und rationelleren Weg zur Nutzung von Land und Ressourcen zu finden. Sowohl in der Holzindustrie als auch in der Landwirtschaft fallen große Mengen an Abfall an, insbesondere bei der Verarbeitung von Holzprodukten. Wenn Holz in seine endgültige Form gezüchtet werden könnte, so die Vision der Wissenschaftler*innen, würde die Notwendigkeit der Verarbeitung und des Zusägens entfallen, und damit auch der Abfall, der mit diesen Schritten verbunden ist.

Obwohl Holzplantagen auch klar erkennbare Vorteile für die Umwelt haben können, wie zum Beispiel die Bindung von Kohlenstoff und die Verbesserung der Bodengesundheit, handelt es sich häufig um Monokulturen, was ihre positiven Auswirkungen begrenzt. Durch die Produktion von alternativen Formen von Holz könnten kommerzielle Wälder dagegen wieder „verwildern“, was ihren Umweltnutzen erhöhen würde.

Derzeit setzt die Nachfrage nach billigem Holz – vor allem für Möbel und Baumaterialien – die Wälder auf der ganzen Welt zunehmend unter Druck. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ist allein der Handel mit Holzwerkstoffen in den letzten drei Jahrzehnten um über 800 Prozent gestiegen. Holzplantagen benötigen riesige Landflächen, die mit Flächen für Nahrungsmittelproduktion, Wohnraum, aber auch Umweltschutzgebiete konkurrieren.

Obwohl sie nur fünf Prozent der gesamten Waldfläche ausmachen, liefern industrielle Plantagen rund 35 Prozent der weltweiten Holzproduktion. Diese werden in der Regel gut gepflegt und nachhaltig betrieben, allerdings hat die Nachfrage nach billigem Holz zu einem Anstieg des illegalen Holzschlags geführt. Derzeit wird angenommen, dass etwa zehn Prozent des weltweiten Holzhandels aus illegalen Aktivitäten stammen, wobei etwa die Hälfte davon in bedrohten Wäldern und Dschungeln erfolgt. Um die Nachfrage zu befriedigen, wurden auch natürliche Wälder in so genannte „Fast Wood“-Wälder umgewandelt, was soziale und ökologische Konsequenzen mit sich bringt.

Derzeit befindet sich das MIT-Projekt in einem sehr frühen Stadium und ist nach eigenen Angaben noch sehr weit von der Marktreife entfernt. Der nächste Schritt wird darin bestehen, den Produktionsumfang zu erhöhen und die Hormonkonzentration und den pH-Wert des Gels weiter zu verfeinern. Es ist auch gut möglich, dass alternative Pflanzenzellen ganz andere „Tuning“-Einstellungen erfordern.

In dem MIT-Bericht wird auch eingeräumt, dass die Produktion von Holz in einer Laborumgebung ineffizienter sein könnte als der Anbau auf Plantagen. Schließlich nutzen Bäume die Energie der Sonne und den natürlichen Niederschlag und benötigt keine Gebäude, Heizung oder künstliche Beleuchtung, was alles mit Energiebedarf verbunden ist.

Auf der anderen Seite könnte mit einer Zunahme von im Labor gezüchteten Bioprodukten der Energieaufwand für die Holzverarbeitung, den Transport und die Behandlung eingespart werden. Es bleibt also abzuwarten, welche Fortschritte in diesem Bereich noch erzielt werden und wie effizient die Züchtung von Holz unter Laborbedingungen am Ende wirklich sein kann.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original wurde zuerst auf unserer englischen Seite veröffentlicht.

Cristian Eslava
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