Das kalifornische Startup Heliogen will eine Methode entwickelt haben, um Industrien, die bisher von fossilen Brennstoffen abhängig waren, wie vor allem die Stahl- und Betonproduktion, mit Energie aus Solarkraft zu betreiben. Bisher konnten solche Industrien keine Solarenergie nutzen, da damit zumeist die für die Herstellung der Endprodukte benötigte Wärme nicht erzeugt werden kann. Das neue System soll jedoch Temperaturen von rund 1.000 Grad Celsius erzeugen können – und das auf umweltfreundliche Weise.
Das hätte einen gewaltigen Impact, denn die Stahl- und Betonindustrie gehört zu den größten Verschmutzern der Erde. Allein die Betonproduktion ist für rund acht Prozent der globalen Emissionen verantwortlich – und liegt damit in Bezug auf die Menge des produzierten Kohlenstoffs auf Augenhöhe mit großen Nationalstaaten. Diese Industrien sind oft auf große Drehrohr-Pyrolyseöfen angewiesen, um die für die Durchführung verschiedener Prozesse und chemischer Reaktionen in der Fertigung benötigte Temperatur zu erreichen. In der Regel benötigen diese Öfen mindestens 950 Grad Celsius – und diese Temperatur geht weit über das hinaus, was herkömmlicher Solarstrom leisten kann. Angesichts dessen greifen Raffinerien in der Regel auf billige, aber dreckige fossile Brennstoffe wie Kohle und Öl zurück, um die entsprechenden Verfahren zu ermöglichen.
Wie also will Heliogen dieses Problem bewältigen? Die Lösung sind Spiegel, mit denen die natürliche Kraft der Sonne auf extrem hohe Temperaturen konzentriert werden. Die Idee, Spiegel für die Solarthermie einzusetzen, ist nicht ganz neu. Es gab bereits frühere Versuche, bei denen mit der Verwendung von Spiegelfeldern experimentiert wurde, um die Sonnenstrahlen in ein einzelnes Ziel zu reflektieren und so einen Bereich mit intensiver Wärme zu erzeugen. Diese Versuche scheiterten jedoch bisher daran, die für bestimmte industrielle Prozesse benötigten hohen Temperaturen zu erzeugen – sie erreichten nur rund 575 Grad Celsius.
Das Konzept von Heliogen hat die gleichen Voraussetzungen wie vorhergehenden Versuche: Spiegel reflektieren Sonnenlicht in einen Brennpunkt. Neu ist, dass das Startup auf maschinelles Sehen und Bildgebungsverfahren setzt, um die Temperaturleistung zu erhöhen. Hochauflösende Kameras, die in Echtzeit die präzise Positionierung und Ausrichtung überprüfen, und Computermodelle, die die Spiegel steuern, machen laut Heliogen die Spiegelfelder effizienter und effektiver. Die Leistung konnte dabei im Vergleich zu älteren Spiegelmethoden zum Teil verdoppelt werden.
Solarthermische Anlagen von Heliogen könnten neben oder in Gießereien in sonnigeren Klimazonen errichtet werden. Hier können sie die Energie der Sonne direkt nutzen, ohne sie vorher in Strom umwandeln zu müssen – wie dies auch bei herkömmlichen Solarmodulen der Fall wäre. Leider könnten sie – ebenfalls wie herkömmliche Solarmodule – nur während der Sonnenstunden und bei klaren Wetterbedingungen funktionieren. Gross ist jedoch der Überzeugung, dass dies ausreichen würde, um massive Kraftstoffeinsparungen zu erzielen. Bill Gross, Gründer und CEO von Heliogen, erklärte dazu:
„Wir haben große Fortschritte bei der Bereitstellung sauberer Energie in unserem Stromnetz gemacht. Doch weniger als ein Viertel des weltweiten Energiebedarfs entfällt auf Strom. Heliogen repräsentiert einen Technologiesprung bei der Deckung der restlichen 75 Prozent des Energiebedarfs: die Nutzung fossiler Brennstoffe für industrielle Prozesse und den Verkehr.“
Derzeit können interessierte Unternehmen entweder ein Heliogen-System direkt kaufen oder die Ausrüstung von dem kalifornischen Unternehmen installieren und warten lassen und einfach Energie von der nahegelegenen Anlage beziehen. Laut Gross würden viele Unternehmen versuchen, sowohl ihre Kosten als auch ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, traditioneller Ökostrom sei für ihren Betrieb jedoch nicht wirtschaftlich rentabel gewesen. Die Methode von Heliogen soll eine sinnvolle und praktische Alternative bieten. Bereits jetzt hat das Unternehmen einige wichtige Akteure angezogen, darunter Bill Gates, dessen Venture-Capital-Gesellschaft Neotribe frühzeitig in die Technologie investiert hat.
Die Systeme von Heliogen sind nach eigenen Angaben für eine große Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten geeignet. Wenn zum Beispiel Temperaturen von etwa 1.500 Grad Celsius aufrechterhalten würden, so könnten damit Wasserstoffpartikel aus Wasser gespalten werden. Der so gewonnene Wasserstoff wäre frei von fossilen Brennstoffen und könnte zum Heizen von Häusern, Kraftwerken und anderen Gebäuden verwendet werden.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.