Hackerkongress 38C3: Wie steht es um Nachhaltigkeit in der digitalen Welt?

38C3 - Blick auf das CCC-Gebäude in Hamburg.
© Thomas Fricke
Der 38C3 bei Nacht - Blick auf das CCC-Gebäude in Hamburg.

Zum Jahresende fand der alljährliche Kongress des Chaos Computer Clubs statt. Wie war der Status quo von Nachhaltigkeit in der IT auf dem 38C3? Diese spannenden Vorträge zum Nachschauen geben einen Überblick.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 06.01.25

Vom 27. bis 30. Dezember 2024 traf sich die Hackercommunity zum alljährlichen Kongress des Chaos Computer Clubs (CCC) in Hamburg, dem 38C3. Auf einem der größten Hackerkongresse weltweit mit mehr als 12.000 Teilnehmenden stehen klassischerweise technische und politische Fragen zu Sicherheit, Kryptographie, Privatsphäre und Meinungsfreiheit im Internet im Vordergrund. Und natürlich wird gelötet, gecodet und gehackt. Für Schlagzeilen sorgen dabei jedes Jahr neu aufgedeckte Sicherheitslücken. Auf dem 38C3 lag der Fokus auf der neuen elektronische Patientenakte (ePA). In mehreren Vorträgen demonstrierten Hacker:innen, wie leicht sie sich durch simple Tricks Zugang zu sensiblen Daten verschaffen konnten. Und auch unsere Straßenbeleuchtung und die Steuerung von Wind- und Solarparks sind nicht unhackbar.

Ich war für RESET zwei Tage auf dem Kongress unterwegs. Was mich besonders interessierte, war die Präsenz von Themen rund um Nachhaltigkeit in der IT. Tatsächlich habe ich viele Talks zum Thema gehört, auch auf den großen Bühnen. Außerdem hatte das Netzwerk Bits und Bäume ein eigenes Habitat mit spannenden Vorträgen, Workshops und Vernetzungsmöglichkeiten. Auf jeden Fall eine gute Anlaufstelle für all jene, die sich mit dem ökologischen Fußabdruck der Digitalisierung beschäftigen.

Bits meets Bäume - Symbolbild
Indra Jungblut/ RESET
Bits in Bäumen im Habitat des Netzwerks.

38C3 zum Nachschauen

Die besondere Atmosphäre des Hackerkongresses erlebt nur, wer schon mal in dem Treiben in den Sälen, Hallen und Gängen unterwegs war. Aber die Vorträge auf den großen Bühnen gibt es alle online zum Nachschauen. Hier sind meine Empfehlungen – reinschauen lohnt sich!

Klimaschädlich by Design – die ökologischen Kosten des KI-Hypes

Was hat die AI-Bubble uns alle bisher an Ressourcen gekostet? Wer verdient sich daran dumm und dusslig und wer trägt die ökologischen und sozialen Kosten? Facts und Figures zu KI und LLM von Constanze Kurz (Sprecherin CCC) und Friederike Hildebrandt (Koordinatorin Bits & Bäume).

Resource Consumption of AI – Degrow or Die (EN)

Was den meisten mittlerweile bekannt sein sollte ist, dass der Energieverbrauch durch KI explodiert. Unbekannter hingegen ist der hohe Verbrauch von Ressourcen wie Wasser und Metall. Thomas Fricke gibt in diesem Vortrag einen Überblick über die verheerenden Auswirkungen von Rechenzentren auf unsere Umwelt und stellt mögliche Degrowth-Szenarien vor. Wie viel kann durch alternative Technologien eingespart werden?

Kein Spaß am Gerät auf ’nem toten Planet(en)!

Guter Überblick über das Bündnis Bits und Bäume sowie über aktuelle und zukünftige Themen an der Schnittstelle Nachhaltigkeit und Digitalisierung mit Rainer Rehak (Weizenbaum Institut) und Anja Höfner (Konzeptwerk Neue Ökonomie).

KI nach dem Kapitalismus: Hat ChatGPT in der besseren neuen Welt einen Platz?

Der Vortrag von Malte Engler (Kollektiv „Strukturelle Integrität“) und Sandra Sieron (HU Berlin) fragt danach, was mit Mustererkennung, Deep Learning und Sprachmodellen überhaupt anzufangen ist. Zudem rücken die Speaker:innen gerade, dass KI für eine bessere Welt in einem neokapitalistischen System kaum möglich ist.

Gemeinwohlorientierte Forschung mit KI: Missbrauch eindämmen durch Zweckbindung für KI-Modelle

Vor dem Hintergrund des Trends von Open-Source-AI ist die Gefahr der Zweckentfremdung von KI-Modellen enorm gestiegen. Das Problem: Die Zweckentfremdung von Modellen ist nicht nur aus Datenschutzgründen problematisch. Sie unterstützt auch die immer weiter wachsende Machtposition von Big Tech. DSGVO und AI-Act bieten hier keinen ausreichenden Schutz. Um das Problem zu bekämpfen, plädiert Rainer Mühlhoff (PL.ai) dafür, das Prinzip der „Zweckbindung“ für das Zeitalter der KI wiederzubeleben.

Was kommt nach Windows 10? Zeit für Umstieg auf Open Source Software! (EN)

Die Verlängerung der Lebensdauer von Hardware durch Freie Software ist gut für die Benutzer:innen und die Umwelt. Der Vortrag von Joseph (KDE Eco) ist eine Einladung, sich in die Open-Source-Welt zu wagen.

Decentralize Your Internet with Self-Hosting

Es gibt viele gute Gründe, eine eigene Cloud für Filehosting zu nutzen. Einer ist, dass Big Tech in puncto Datenschutz nicht zu trauen ist. Ein anderer, dass damit einfach und schnell eine grüne und datensparsame Cloud verfügbar ist. Dieser Vortrag ist ein praktischer Leitfaden zum Selbsthosting von Nextcloud zu Hause, speziell gedacht für Einsteiger:innen mit grundlegenden Linux- und Bash-Kenntnissen.

7 Years Later: Why And How To Make Portable Open Hardware Computers (EN)

Der Vortrag von Lukas „minute“ Hartmann (MNT Research) zeigt Probleme und Lösungen bei der Entwicklung von Open-Hardware-Laptops mit minimalem Budget (Ton am Anfang schlecht, wird ab Minute 4 besser).

Let’s build dodos! How generative AI is upturning the world of synthetic biology and hopelessly overwhelming traditional governance instruments (EN)

Was sind Genom-Editierung, CRISPR/cas, RNAi oder Off-Target-Effekte? Wie kommen hier generative KI und generative Biologie ins Spiel? Magret Engelhard (Bundesamt für Naturschutz) gibt hier einen Überblick, was in Laboren weltweit passiert. Und sie zeigt, wie Big Tech in die Bioökonomie einsteigt. Titanen wie Google, Alibaba oder Amazon sind jetzt führend in diesem neuen Wettrennen – ohne spezifische Erfahrung in den Biowissenschaften.

Wann klappt der Anschluss, wann nicht und wie sagt man Chaos vorher?

Bahn-Vielfahrer:innen aufgepasst: Wer datenbasiert mit dem Zug reist, kann schlauer buchen! Der Geoinformatikstudent Theo Döllmann hat mit bahnvorhersage.de ein KI-Modell entwickelt, das Reisenden helfen soll, zuverlässigere Zugverbindungen zu finden. Hier berichtet er, wie die Anwendung funktioniert.

OpenPV – Calculate the solar potential of your building (EN)

Mit OpenPV lässt sich das Photovoltaik-Potenzial von Dächern und Fassaden mit Open Data in Echtzeit simulieren. In diesem Vortrag stellen die Entwickler ihre Open-Source-Website vor. Es geht um offene Geodaten, physikbasierte Simulationen der Sonneneinstrahlung, etwas schattigen WebGL-Code und Einblicke in die Finanzierungsmöglichkeiten von Open-Source-Projekten.

Recycle Your Electricals
© Recycle Your Electricals
Müllproblem Einweg-Vapes: So will „Material Focus“ in Großbritannien dagegen vorgehen

Die Beliebtheit von Einmal-Vapes führt zu Unmengen an Elektroschrott. RESET hat mit "Material Focus" darüber gesprochen, wie man das Müllproblem in Großbritannien lösen möchte.

Wir suchen eine:n Social-Media-Manager:in mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Du hast ein Händchen für Social Media, kommunizierst gerne und suchst einen Job mit Sinn? Dann bewirb dich bei uns als Social-Media-Manager:in!

Fluchtorte als Stolperstein oder Sprungbrett: KI-Modell GeoMatch soll Geflüchtete besser zuordnen

Geflüchtete stehen in europäischen Ländern vor zu vielen Herausforderungen. Kann das neue KI-Modell "GeoMatch" dieses Problem lösen?

Suchmaschine GOOD: Warum sich die Websuche ohne Werbung für Nutzer:innen und das Klima lohnt

Die Suchmaschine GOOD hat von einem kostenfreien Service auf ein Bezahlmodell gewechselt. Warum das CO2-Emissionen spart und wie Nutzer:innen davon profitieren, dazu Mitgründer Andreas Renner im Interview.

RESET empfiehlt: 5 Spendenprojekte mit großer Wirkung

Weihnachtszeit ist Spendenzeit! Wir empfehlen dir fünf gemeinnützige Organisationen, an die sich deine Spende lohnt.

Gemeinsam gegen das Datenmonopol: Wie CorrelAid die Verfügbarkeit von Daten demokratisieren will

Effektiver Klimaschutz braucht zuverlässige Daten! Allerdings ist es aufwändig und kostspielig, qualitativ hochwertige Daten zu erheben und sinnvoll auszuwerten. Der Verein CorrelAid möchte NGOs und Vereinen dabei helfen.

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repami: Neue Online-Plattform bringt Reparaturcafés und Werkstätten zusammen

Wie viele Haushaltsgegenstände hast du im letzten Jahr repariert – und wie viele neu gekauft? Trotz ambitionierter Klimaziele gilt in Deutschland noch immer „Neukaufen statt reparieren“. Mit der Online-Plattform repami möchte die Stadt Berlin Reparaturen nun einfacher gestalten.