Growing North: Solar-Gewächshäuser in der Arktis

Sieht aus wie ein Iglu, ist aber ein Gewächshaus!

Frische Lebensmittel in die Arktis zu liefern ist sehr aufwändig und teuer. Ein Non-Profit will das Problem vor Ort angehen – mit einem besonderen Gewächshaus.

Autor*in Tristan Rayner:

Übersetzung Tristan Rayner, 19.10.17

Die klimatischen Bedingungen in der Arktis verändern sich rapide – die Temperaturen steigen dort zweimal schneller als an irgendeinem anderen Ort auf unserem Planeten. Für die abgelegenen Gemeinden im Norden, wo extreme Jahreszeiten herrschen, entsteht bezüglich der Lebensmittelbeschaffung ein immenser Druck, da traditionelle Wege wie das Jagen durch das Schmelzen des Eises und staatliche Regulierungen beeinträchtigt werden.

Der Großteil der in Nordkanada lebenden Familien (68 Prozent) hat mit Ernährungsunsicherheit zu kämpfen. Nunavut, ein riesiges Gebiet in Nordkanada, das den größten Teil der Kanadischen Arktis bildet, hat immer wieder Probleme, ausreichend Lebensmittel zu beschaffen. Das Gebiet ist dünn besiedelt, insgesamt leben in den 25 Gemeinden nur etwa 36.000 Menschen, überwiegend Inuit.

Die Gemeinden der Kanadischen Arktis werden zwar ebenso wie die im Süden durch Lebensmittelgeschäfte versorgt, es gibt jedoch Probleme in den Lieferketten: Die Orte sind schwer zu erreichen und die Städte klein, wodurch sich enorm hohe Transportkosten ergeben, die teilweise von der Regierung subventioniert werden.

Das Amt für Statistik in Nunavut erfasst die Preise für Konsumgüter und veröffentlicht regelmäßig Daten in einem Bericht, dem Select Price Survey. Laut dem letzten Bericht im März 2017 mussten Konsumenten im Norden z.B. 5,93 US-Dollar für ein Kilo Möhren bezahlen – dreimal mehr als in einem durchschnittlichen Kanadischen Lebensmittelgeschäft, wo der Preis bei 2,03  US-Dollar lag. Auch für Mehl beträgt der Preis 2,8mal mehr als der Durchschnittspreis. Problematisch ist vor allem die Versorgung mit frischen Lebensmitteln aus den Anbaugebieten, die tausende Kilometer entfernt liegen.

Gewächshäuser und Vertical Farming könnten die Lösung sein

Das Non-Profit-Unternehmen Growing North will das Problem der Lebensmittelversorgung vor Ort lösen: Im September 2015 errichtete es ein spezielles Gewächshaus in dem Inuit-Dorf Naujaat. Ein Zweites wird gerade in Arviat, Nunavut, gebaut.

In dem Gewächshaus in Naujaat können rund 6.000kg Erzeugnisse pro Jahr angebaut werden. Mit seinem geodätischen Design ähnelt es einem traditionellen Iglu und kann so dem harten Winter, starkem Wind und Schneefall trortzen, die äußere Hülle besteht jedoch aus einer Polycarbonat-Verglasung.

Während der wärmeren Monate (Naujaat hat nur vier Monate, in denen die Temperaturen über Null Grad steigen), ist die Kuppel autark. Das Luftsystem wird mit Sonnenenergie betrieben und ein thermischer Massenspeicher sorgt dafür, dass es im Inneren bis zu 30 Grad wärmer ist als außerhalb des Gewächshauses. Und die Bewässerung – in der Landwirtschaft sonst oft schwierig – ist hier kein Problem.

Während sieben Monaten im Jahr benötigt das Gewächs-Iglu ausschließlich Sonnenenergie für seinen Betrieb. Im Winter wird zusätzlich durch ein Blockheizkraftwerk, das Kaffeesatz als Brennstoff nutzt, Wärme erzeugt.

Der Anbau der Nutzpflanzen im Inneren des Iglus erfolgt sowohl durch Vertical-Farming-Methoden als auch durch modulare Agrartechnologie. Durch den vertikalen Anbau kann ein bis zu viermal größerer Ertrag erzielt werden – wobei die Kosten weniger als die Hälfte dessen betragen, was der Lebensmitteltransport aus dem Süden kostet.

Damit das Ganze jedoch nachhaltig sein und die Qualität der Erzeugnisse sichergestellt werden kann, müssen die nördlichen Gemeinden in dieser Form des Anbaus geschult werden. Um die lokale Bevölkerung zu ermutigen, aber auch, um zu verstehen, welche Lebensmittel die beliebtesten sind, wurde ihnen die erste Ernte umsonst zur Verfügung gestellt.

Growing North will seine Projekte in der Arktis weiter vorantreiben und vier weitere Gewächshäuser errichten – damit soll das Modell dann auch finanziell tragfähig werden.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania und erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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