Das Berliner Unternehmen goood will einen günstigen Telefontarif anbieten, mit dem man Gutes tun kann: Denn von der Grundgebühr gehen automatisch zehn Prozent an gemeinnützige Organisationen. In diesem Winter wird das Unternehmen seinen Dienst launchen.
Zur Finanzierung läuft derzeit noch eine Crowdfunding-Kampagne. Zwar ist das Fundingziel bereits erreicht, wer das Projekt bis zum 30. Oktober 2016 noch unterstützt, hilft aber zugleich dem Deutschen Kinderhilfswerk: Jede Einzelspende von fünf Euro an die Kinderrechtsorganisation über die Startnext-Aktion wird von goood verdoppelt.
Claudia Winkler hat goood mitgegründet. Sie hat langjährige Erfahrung im Telco-Bereich und war unter anderem internationale Marketingvorständin der Telekom Austria Gruppe. Im Interview mit RESET spricht sie über die Visionen und bisherigen Hürden von goood – und darüber, wie das Unternehmen trotzdem schwarze Zahlen schreiben will.
Wie ist die Idee entstanden, goood zu gründen?
Am Anfang stand die Frage: Wie können wir Menschen helfen, einfach und direkt im Alltag Gutes zu tun? Mit goood haben wir unser Know-how aus über 15 Jahren Mobilfunk- und 20 Jahren NPO-Tätigkeit verbunden und ein Produkt entwickelt, das alle Menschen anspricht und daher die größte Wirkung erzielen kann.
goood will das klassische Geschäftsmodell im Mobilfunk revolutionieren. Wie genau geht das?
Für uns ist der Impact wichtiger als Profite. Das erlaubt uns, zusammen mit unseren Partnern die Tarife günstig zu gestalten und dass von der monatlichen Grundgebühr 10 Prozent an gemeinnützige Organisationen gehen. Zusätzlich reinvestieren wir 25 Prozent unserer jährlichen Profite in soziale Projekte, denn wir glauben, dass durch sozial nachhaltige Innovationen die Gesellschaft verändert werden kann.
Wie passt das zusammen: besonders günstig telefonieren und surfen und 10 Prozent der Grundgebühr an gemeinnützige Organisationen spenden? Könnt ihr damit schwarze Zahlen schreiben?
Ja, in der Mobilfunkbranche liegen die EBITDA-Margen bei bis zu 30 Prozent. Zusätzlich wird viel Geld und Zeit in aufwendige Shop-Ausstattung und Werbeaktionen gesteckt. Hier agieren wir aufgrund unserer Erfahrung sehr effizient. Wir setzen auf schlanke und nachhaltige Strukturen, auf einen kleinen, aber sehr effektiven Werbeetat und auf Partnerschaften mit Multiplikatoren. Wir hoffen, dass wir viele Menschen mit unserer Idee und unserem Ansatz begeistern können und sie unsere Vision in die Welt hinaustragen. Außerdem verzichten wir, um eine hohe Spendenauszahlung zu ermöglichen, auf einen Teil des Profits. Für uns ist die Maximierung unseres Social Impacts das oberste Ziel.
Wie werden die Organisationen ausgewählt? Habe ich als Kunde Einfluss darauf?
Zum einen sprechen wir Organisationen direkt an, zum anderen steht unsere Türe für alle gemeinnützigen Organisationen offen, die unsere Werte teilen. Wir möchten ein möglichst großes NPO-Netzwerk aufbauen, damit unsere Kunden wirklich wählen können, an wen ihre 10 Prozent gehen. Zum Launch im Winter werden wir mit etwa 70 Organisationen starten, die in den Themenbereichen Kinder & Jugend, Bildung & Kultur, Integration & Soziales, Gesundheit, Armut & Nothilfe sowie Tier- & Umweltschutz arbeiten.
Auch als Kunde hat man Einfluss darauf. Man kann zum Beispiel seinem gemeinnützigen Verein vorschlagen, goood-Partner zu werden. Grundsätzlich stehen wir allen Organisationen offen, die gemeinsam mit uns Spenden sammeln möchten. Wer bereits bei unserem Partner Betterplace registriert ist, hat gar keinen Aufwand und braucht nur eine E-Mail an den Betterplace-Support zu schreiben.
In eurer Unternehmensstruktur setzt ihr auf Holokratie, wenn ich das richtig verstanden habe. Was bedeutet das konkret?
Holokratie in unserem Unternehmen bedeutet, dass klassische Hierarchie-Strukturen für uns nicht passen und wir stattdessen jedem die Freiheit lassen möchten, sich einzubringen. Uns ist wichtig, dass wir auf allen Ebenen hindurch transparent arbeiten und jedem im Team partizipative Beteiligungsmöglichkeiten bieten. Die Entscheidungsfindung findet bei uns im Team statt. Das erweitert nicht nur den Blickwinkel, sondern erlaubt uns zeitgleich dynamisch zu bleiben und schwerfällige „bürokratische“ Prozesse zu umgehen. Durch klare Entscheidungsverantwortungen ist aber sichergestellt, dass wir zielorientiert zusammenarbeiten können. Wir wollen nicht nur das klassische Geschäftsmodell im Mobilfunk sozialer machen, sondern auch zeigen, dass ein alternativer Ansatz in der Zusammenarbeit, der Mitarbeitern größeres Entfaltungspotential bietet, Erfolg bringt.
Was waren/ sind eure größten Hürden bisher?
Am Anfang stand viel persönliches Engagement, wir waren begeistert von der Möglichkeit, mit unserem Know-how aus der Corporate-Welt sozialen Impact zu schaffen. Die Idee ist dann vor allem durch die Zusammenarbeit mit NPO-Profis gewachsen. Es war faszinierend und motivierend zu sehen, welche Möglichkeiten entstehen, wenn man eine Brücke zwischen der for-Profit und der non-Profit-Welt schlägt.
Auch bei der Investorensuche war es uns wichtig, Menschen zu finden, die unsere Vision von einer nachhaltigen Wirtschaft teilen. Wir waren sehr selektiv in der Investorenauswahl und sind froh, Partner gefunden zu haben, die ebenfalls soziale Wirkung in den Mittelpunkt stellen. Deshalb haben wir als Gründer zum Beispiel auch gemeinsam mit unseren Investoren 25 Prozent unserer Anteile an den goood e.v., einen gemeinnützigen Verein, übertragen. An den Verein werden 25 Prozent der Profite ausbezahlt, die dann in weitere soziale Unternehmen investiert werden.
Was sind eure nächsten Schritte? Und was ist eure Vision?
Unsere Vision ist eine Gesellschaft, die auf Respekt, Verantwortung und Anteilnahme aufbaut. Eine Welt, in der persönliche Beziehungen und ein offenes Herz wichtiger sind als Profite. goood will zuallererst Mehrwert für alle schaffen. Wir arbeiten für eine möglichst starke nachhaltige Wirkung. Um eine nachhaltigere und gerechtere Welt zu realisieren, braucht es gerade heute neue Formen sozialen Engagements und das Engagement Vieler. Und dazu auch neue Ideen und Geschäftsmodelle in der Wirtschaft. Wir hoffen, dass uns viele folgen werden. Nach dem erfolgreichen Launch in Deutschland diesen Winter wollen wir das Model auch in anderen europäischen Ländern implementieren.
TATENDRANG ist das Interviewformat von RESET. Wir wollen wissen, wie unsere Interviewpartner zu ihren spannenden, innovativen und einzigartigen Projekten und Ideen aus den Bereichen Umwelt und globale Gerechtigkeit kamen, warum sie sich für genau das Thema einsetzen und wie schwer oder einfach sich das Projekt durchführen ließ. Damit wollen wir Ideen streuen, Projekte präsentieren und zu Aktionen anregen. Wir denken: Die Welt verändern kann jeder! Alle Interviews findest du hier: TATENDRANG