Für viele Menschen an abgelegenen Orten ist ein zuverlässiger Zugang zum Internet ein Luxus, der oft unerschwinglich oder gar nicht verfügbar ist. Damit fehlt vielen Bauern in ländlichen Gemeinden zugleich Möglichkeit, ihre Waren besser zu verkaufen, mit Kunden zu kommunizieren und auf wichtige Informationen zuzugreifen.
Vor einigen Jahren startete Alphabet Inc. – die Muttergesellschaft des Suchmaschinen-Giganten Google – das Projekt Loon. Das Ziel dabei war, isolierte ländliche Gemeinden über Internet-verteilende Helium-Ballons mit Internet zu versorgen. Vor einigen Tagen gab Alphabet bekannt, dass das Projekt nun in ein eigenes Unternehmen ausgegründet wurde – mit dem einfachen Namen Loon. Das junge Unternehmen ist bereits eine Partnerschaft mit einem kenianischen Telekommunikationsunternehmen eingegangen, um isolierten Gemeinden Internet zur Verfügung zu stellen.
Mobilfunkmasten am Rand zum Weltraum
Gemeinsam mit der Firma Kenya Telkom will Loon eine Flotte von Heliumballons liefern, jeder so groß wie ein Tennisfeld, die in ganz Kenia eingesetzt werden sollen. Jeder Ballon ist im Wesentlichen ein am Rand zum Weltraum schwebender Mobilfunkmast mit einer Antenne, aus der über eine Fläche von 5.000 Quadratkilometern auf das Internet zugegriffen werden kann. Durch die Reise in die Stratosphäre auf einer Höhe von 12 km können die Ballons potenziell gefährliche Begegnungen mit Luftverkehr, Stürmen und Wildtieren vermeiden.
Die Ballons bestehen aus Polyethylen und werden von Sonnenzellen angetrieben. Sie sind darauf ausgelegt, monatelang auf den Winden zu fahren und sind mit einer Software ausgestattet, die Vorhersagen über Windgeschwindigkeit und -richtung macht, um ihre Navigation besser zu koordinieren. Die Ballons werden von Loons speziell angefertigten mobilen ‘Autolaunchern’ gestartet, die bei Bedarf alle 30 Minuten einen Ballon in den Himmel schicken können. Mit dieser Technologie hofft Loon, schnell ein Netzwerk aufzubauen und es aufrechtzuerhalten, falls ein Ballon ausfällt.
Die Lösung von Loon ist besonders attraktiv für Kenia, einem Land, das schon lange um eine bessere Internetversorgung kämpft. Die Einrichtung einer traditionellen Infrastruktur im kenianischen Hinterland ist angesichts der Entfernungen, die zwischen Bevölkerungszentren und ländlichen Gebieten zurückgelegt werden müssen, schwierig. Es gibt jedoch Alternativen zu Loon, zum Beispiel das Projekt WE! Hub, das Internet-, Strom- und Wasserknotenpunkten im ländlichen Kenia schaffen will.
Trotz des beeindruckenden Potenzials ist längst nicht jeder über die Aktivitäten eines globalen Konglomerats im ländlichen Kenia begeistert. Vor allem schafft die Partnerschaft von Loon mit Telkom am Ende ein Monopol für die Bereitstellung von Internet über einen großen Teil von Kenia, das heißt, ländliche Gemeinden wären der Gnade von Alphabet und Kenya Telkom ausgeliefert.
Die Technologie kann zudem nur dann effektiv sein, wenn sie einen Internetzugang zu vertretbaren Kosten bietet. Derzeit kostet ein GB Internetdaten in Afrika im Durchschnitt neunmal mehr als die von der UN-Breitbandkommission empfohlenen zwei Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens. Ohne bedeutende Konkurrenz könnte die Alphabet-Tochter den Preis nach oben treiben oder aber restriktive Richtlinien und Verträge einführen. Die genauen Details des Vertrags zwischen Loon und Telkom sind jedenfalls noch nicht bekannt.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Jasmina Schmidt. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.