Es gibt bereits mehrere Unternehmen, die sich damit auseinandersetzen, wie Pilze in lederähnliche Strukturen verwandelt werden können. Eines davon ist Amadou Leather, die mit dem Zunderschwamm (engl. Amadou) arbeiten. Der Zunderschwamm wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein, wie der Name schon sagt, als Zunder verwendet und sogar schon im Mittelalter zu Textilien verarbeitet. Das Unternehmen produziert das vegane Leder für die Bekleidungs-, Möbel- und Automobilindustrie und das mit Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Die Pilze wachsen in recyceltem Sägemehl mit Hilfe von bereits bestehenden Kultivationstechniken, die sonst für essbare Pilze verwendet werden. Da es sich um ein organisches Material handelt, ist es komplett kompostierbar und hinterlässt keinen Abfall. Dies ist sonst ein großes Problem bei veganen Leder-Alternativen. Das handelsübliche vegane Leder besteht meist aus Polyurethanen (kurz PU), einem Kunststoff, der nicht recycel- oder abbaubar ist.
Die Vorteile des Pilz-Leders
Das Leder aus Pilzen hat noch weitere Vorteile gegenüber den üblichen kunstoffbasierten veganen Alternativen. Es kann Feuchtigkeit der Haut absorbieren, ist aber auch atmungsaktiv und wasserabweisend – so wie tierisches Leder. Der Vorteil gegenüber tierischem Leder ist zuallererst einmal, dass keine Tierhaut verwendet wird. Zum anderen aber wird tierisches Leder oft mit Chrom gegerbt und auch sonst werden eine Vielzahl an Chemikalien bei der Produktion von Leder verwendet. Da diese Prozesse häufig in Ländern mit wenig Regularien durchgeführt werden, landen diese umwelt- und gesundheitsschädlichen Stoffe in der Umwelt. Auch die Arbeitsbedingungen in den ausgelagerten Gerbereien im Globalen Süden, viele davon in Bangladesch, sind meist miserabel. Kinderarbeit ist keine Seltenheit und Schutzkleidung für die Arbeiterinnen und Arbeiter ist selten vorhanden.
Mit der Idee des Pilz-Leders ist Amadou Leather aber nicht alleine. MycoWorks, die mit Mycelium, also dem Pilzgeflecht arbeiten, benutzen landwirtschaftliche Abfallprodukte wie Maiskolben oder Hanffasern, um die Pilze wachsen zu lassen. Dabei werden erheblich weniger Ressourcen verbraucht als bei der Aufzucht eines Rindes. Während ein Rind zwei Jahre lang aufgezogen wird, Futter, Wasser und Platz benötigt, braucht der Pilz zwei Wochen Zeit, um auf die selbe Größe zu kommen. Außerdem kann der Pilz in verschiedene Muster und Farben wachsen, was eine nachträgliche Behandlung mit Chemikalien überflüssig macht.
In diesem (englischsprachigen) Video erklärt der Gründer von MycoWorks, Phil Ross, wie sein Unternehmen mit den Pilzflechten arbeitet:
Auch die deutsche Designerin Nina Fabert experimentiert mit dem Zunderschwamm. Sie gründete 2017 das Label ZVNDER und arbeitet in ihrem Studio in Berlin-Lichtenberg mit den Pilzen, die sie aus Rumänien bezieht. Dort kooperiert sie mit Familienbetrieben, die die Baumpilze ernten. Dabei wird aber auch auf Artenerhalt geachtet, damit der Erhalt des Pilzes gewährleistet werden kann. Das Münchner Schuhlabel nat-2 designte aus ihrem veganen Ledermaterial dann die Fungi Line – Sneaker aus dem Zunderschwamm.
Pilze sind übrigens nicht die einzige pflanzliche Leder-Alternative. Es gibt einige Unternehmen, die zum Beispiel mit Ananas, Apfeltresten oder Trauben arbeiten…