Frischer und nachhaltiger: 6 Tipps, wie ihr Lieferketten beim Einkaufen verkürzt

Kurze Lieferketten sind nachhaltiger und führen zu frischeren Lebensmitteln! RESET stellt 6 digitale Lösungen für kürzere Lieferketten vor.

Autor*in Benjamin Lucks, 28.03.24

Übersetzung Lana O'Sullivan:

Kaufen wir im Supermarkt Lebensmittel, haben diese häufig schon eine halbe Weltreise hinter sich. Denn einerseits wird Obst und Gemüse, das eigentlich auch hierzulande wächst, aus Kostengründen aus dem Ausland importiert. Andererseits verschicken lokale Betriebe ihre Lebensmittel zum Waschen und Schneiden über hunderte Kilometer, da Arbeitskräfte im Ausland günstiger sind. Das Problem: Derart lange Lieferketten führen zu starken Umweltbelastungen.

Eine Studie der Universität Sydney schätzt die verursachten CO2-Emissionen beim Transport von Früchten und Gemüse um das Zweifache höher ein als den CO2-Ausstoß bei ihrer Produktion. Dabei sollen Emissionen beim Transport einen Anteil von 36 Prozent an den gesamten Emissionen einnehmen. Gleichzeitig sind es gerade die reichsten Länder, deren Lebensmittel zu lange Strecken zurücklegen. Während sie etwa 12 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, sind sie für 46 Prozent der zurückgelegten Lebensmittel-Kilometer verantwortlich. Viele Expert*innen fordern daher kürzere Lebensmittellieferketten, um die Umweltbelastung des Ernährungssektors zu senken.

Obst, Gemüse und tierische Produkte von lokalen Betrieben sind dabei sogar frischer, da sie nicht so lange Strecken zurücklegen. So ist die Zeit zwischen Betrieb und Teller kürzer und Betriebe müssen die Lebensmittel vor dem Versand nicht durch eine aufwendige Kühlung oder chemische Behandlungen haltbarer machen.

In unserem Dossier zu einer erfolgrechen Agrarwende stellen wir viele Lösungen vor, die einen Blick in die Zukunft der Landwirtschaft erlauben. Nachfolgend stellen wir konkrete Lösungen vor, mit denen Konsument*innen die Lieferketten schon jetzt verkürzen können.

1. Marktschwärmer bringt regionale Lebensmittel bis in die Innenstadt

Die Plattform Marktschwärmer bringt seit 2014 Konsument*innen und Produzent*innen in Deutschland näher zusammen. In etwa 10 Jahren haben sich dabei laut Unternehmensangaben 200.000 Mitglieder*innen, über 3.000 regionale Erzeuger*innen und mehr als 130 Gastgeber*innen gefunden.

Konsument*innen können über einen Web-Browser oder über Apps für Android und iOS nach Angeboten in der direkten Umgebung suchen. Der Clou bei Marktschwärmer ist, dass es dort neben Betrieben auch “Schwärmereien” gibt. Diese fungieren als Abholstationen und bringen den Vorteil, dass Nutzer*innen in Städten nicht extra aufs Land fahren müssen, um regionale Produkte zu kaufen.

© Screenshot / Marktschwärmer

Der Einkauf erfolgt bei Marktschwärmer direkt online am Smartphone oder am Notebook. Je nach Schwärmerei gibt es regionale Obstsorten, saisonales Gemüse und Tierprodukte, in Ausnahmefällen finden sich hier auch importierte Produkte von Partner-Betrieben im Ausland. Egal, woher die Waren stammen, können Kund*innen sie digital kaufen und zu den kommunizierten Zeiten abholen.

Laut Marktschwärmer legen die angebotenen Produkte im Schnitt nur 40 Kilometer zurück. Gleichzeitig gehen circa 82 Prozent der Ausgaben für gekaufte Lebensmittel an die Betriebe. Marktschwärmer zu nutzen geht also auch mit Vorteilen für die Verkäufer*innen einher.

2. Regionaler Fisch und Meeresfrüchte bei „Frisch Gefischt“

Eine ähnliche Idee verfolgt das Hamburger Startup „Frisch Gefischt“, über das wir im Herbst 2023 schon einmal berichteten. Gerade der Fischfang ist in Deutschland mit langen Lieferketten verbunden. Denn: Seit den 80er Jahren gibt es hierzulande keine Fischauktionen mehr. Regional gefangene Produkte müssen daher ins Ausland gebracht werden, um dort versteigert und wieder zurückgebracht zu werden.

Frisch Gefischt

„Frisch Gefischt“ nutzt eine eigene Online-Plattform, um Meerestiere direkt nach dem Fang anzubieten. Endkund*innen können die gewünschte Waren dort bestellen und bekommen diesen wenige Tage nach der Verarbeitung im Hafen geliefert.

Im Gespräch verriet uns Frisch Gefischt, inwiefern diese Form der Direktvermarktung für einen frischeren und nachhaltigen Fischfang sorgt. Anfang 2024 ging das Unternehmen mit einem Onlineshop für Privatkund*innen an den Start. Über diesen lassen sich regional gefangene Fische und Meeresfrüchte bestellen und am Standort in Hamburg abholen. Zukünftig ist eine deutschlandweite Zustellung geplant.

3. Biokisten wie Etepetete oder Querfeld

Abonnements für Biokisten sind eine weitere Möglichkeit, regionale Produkte ohne großen Aufwand zu kaufen. Dabei gibt es Angebote, die Bioprodukte aus der Region je nach saisonaler Verfügbarkeit ausliefern. Und Konzepte wie Etepetete oder Querfeld, die sich auf Waren spezialisieren, die aufgrund von Schönheitsfehlern nicht im herkömmlichen Handel verkauft werden.

Um eine Biokiste in der Nähe zu finden, gibt es ein Verzeichnis, in dem die meisten Biokisten-Lieferdienste zu finden sind. Da sich derartige Angebote einer großen Beliebtheit erfreuen, gibt es inzwischen zudem Zusatzprodukte wie Biokisten-Kochbücher, in dem etliche Rezepte zu saisonalem Obst und Gemüse zu finden sind. Dadurch sorgen Biokisten auch für mehr Vielfalt im Ernährungsplan.

4. „RegioApp“

Die „RegioApp“ ist ein Online-Angebot, das nach dem Start in Mittelfranken langsam auf Bundesebene ausgeweitet wurde. Die Idee ist dabei, regionale Angebote für kürzere Lieferketten in einer übersichtlichen App zusammenzufassen.

Screenshot: RegioApp

Über die „RegioApp“ können Kund*innen bundesweit nach regionalen Produkten und Bauernhöfen mit Direktvermarktung suchen. Grob teilt sich die Anwendung in “Regional einkaufen” und “Regional essen” auf. Wer in der „RegioApp“ nach Einkaufsmöglichkeiten sucht, kann zudem nach weiteren Kategorien wie “Bio”, “Dorfläden”, “Wochen- und Bauernmärkte”, “Kleine Betriebe” oder nach Lebensmittelkategorien filtern.

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Während die Plattform intuitiv und übersichtlich gestaltet ist, konnten wir beim Ausprobieren am RESET-Standort in Berlin (noch) nicht allzu viele Angebote finden. Daher empfiehlt es sich, neben der „RegioApp“ auch noch die Angebote der einzelnen Bundesländer in Anspruch zu nehmen.

5. Infoseiten der einzelnen Bundesländer aufgelistet

Die verschiedenen Bundesländer führen im Netz eigene Listen zu Bauernhöfen, die ihre Produkte direkt vermarkten. Neben Lösungen wie Marktschwärmer und der RegioApp haben Interessierte hier die Möglichkeit, Hofläden in der Nähe zu kontaktieren. In der folgenden Liste haben wir Angebote der einzelnen Bundesländer zusammengetragen:

Neben den vorrangig digitalen Lösungen aus diesem Artikel gibt es natürlich auch die “altmodischen” Wege, um Lieferketten zu verkürzen. Informationen zu Wochenmärkten finden sich auf den Webseiten von Dörfern und Städten. Darüber hinaus schreiben viele Supermärkte inzwischen regionale Lebensmittel aus.

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Dieser Artikel gehört zum Dossier „Agrarwende – Die nachhaltige Landwirtschaft von morgen“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.

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