Elektroschrott-Recycling: Forscher „angeln“ seltene Erden aus alten Geräten

Mine in Baiyun Ebo, China. Hier wird fast die Hälfte der seltenen Erden weltweit gewonnen.

Sie sind nur in Spuren enthalten, doch ohne sie würde kein Smartphone, Tablet oder Elektroauto funktionieren: Seltene Erden. Doch das Recycling dieser Rohstoffe ist fast unmöglich - bisher!

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 31.10.18

Telefone, Tablets, ausgediente Energiesparlampen – alle unsere schlauen Geräte enthalten kostbare Metalle und seltene Erden. Doch diese sind endlich, teuer und werden unter teilweise unwürdigen Arbeitsbedingungen gewonnen. Doch nach wie vor sind die meisten Produzenten darauf angewiesen, die nötigen Zutaten zu importieren, da das Recycling schwierig ist: Die Rohstoffe sind in Kleinstmengen fest verbaut.

Doch das könnte sich bald ändern: Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg haben herausgefunden, dass sich mit Eiweiß-Bruchstücken Kleinstmengen an Kupfer oder seltenen Erden wie Terbium, Yttrium oder Lanthan aus elektrischen Geräten „angeln“ lassen.

„Allein 25.000 Tonnen Leuchtpulver der ausgedienten Energiesparlampen dürften daher in der Europäischen Union bis zum Jahr 2020 gesammelt werden“, berichtet die Biologin Dr. Franziska Lederer vom HZDR, Leiterin der Nachwuchsgruppe „BioKollekt“. Darin enthalten sind Spuren von Terbium, Cer, Europium und anderen Seltenen Erden, ohne die kein Plasmabildschirm zum Leuchten gebracht würde und auch Generatoren von Windkraftanlagen oder Elektromotoren nicht betrieben werden könnten.

Die Bioangel für Elektroschrott-Recycling

Inspiriert ist die Rohstoff-Angel von Viren, die auf Bakterien spezialisiert sind. Die Hülle dieser winzigen „Bakteriophagen“ besteht aus rund 4.000 Proteinen, an die mit molekularbiologischen Methoden kurze Protein-Bruchstücke geheftet werden. Von diesen Peptiden gibt es viele unterschiedliche Formen. „Die Peptide können kleine Taschen formen, in die bestimmte Mini-Strukturen passen“, erklärt die Biologin. Werden die Bakteriophagen nun mit einer Terbium-Verbindung zusammengebracht, die an einer festen Oberfläche hängt, bleiben beim Abwaschen nur die Bakteriophagen hängen, in deren Peptid-Tasche die Terbium-Verbindung passt. Dann wird der Abschnitt im Erbgut dieser Bakteriophagen untersucht, der die Bauanleitung für das Peptid enthält. In einem nächsten Schritt können dann die passenden Peptide für die Terbium-Verbindung nach dieser Bauanleitung angefertigt werden.

Mischt man diese Teilchen nun mit dem Leuchtpulver von Energiesparlampen in einer Brühe, dann angeln sie sich dort die enthaltenen Terbium-Verbindungen. Die Partikel werden dann zusammen mit den Seltenen Erden wieder herausgefischt. „Mit dieser Methode können wir spezifische Peptide für unterschiedliche Seltene Erden, aber auch für wichtige Metalle wie Kupfer, Gold oder verschiedene Platin-Metalle gewinnen und mit ihnen die jeweiligen Substanzen aus sehr verdünnten und komplexen Gemischen extrahieren“, erklärt Franziska Lederer. Die Peptid-Teilchen können wieder eingesetzt werden, nachdem die Rohstoff-Partikel entfernt wurden.

Bisher wurde die Phagen-Methode nur für biologische Verfahren wie der Herstellung von Antikörpern verwendet. Diese für das Recyclen von Matallen einzusetzen, ist echte Pionierarbeit. Die Erfinder dieser Phagen-Display-Methode wurden daher auch kürzlich mit dem Nobelpreis für Chemie 2018 geehrt.

„Vielleicht können wir auch Peptide isolieren, die spezifisch bestimmte Kunststoffe binden“, so Franziska Lederer. Das wäre spannend für das Recycling von Kunststoffen, denn bisher können Plastik-Abfälle nur schwer recycelt werden, da sie ein Gemisch verschiedener Kunststoffe enthalten. Aber vielleicht können die Peptide der HZDR-Gruppe in Zukunft auch diese Abfall-Mischungen sortieren und so ein echtes Recycling ermöglichen. „Unsere Forschung steht noch am Anfang und eine praktische Anwendung wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Unser Ziel ist es, mit unserer innovativen Technologieplattform das Recycling erheblich zu verbessern.“

Elektroschrott: Was passiert mit unseren Geräten, nachdem sie nicht mehr gebraucht werden?

Der Durchschnittscomputer hat eine Halbwertszeit von wenigen Monaten. Dann muss ein Neuer mit mehr Arbeitsspeicher oder "coolerem" Design her. Das gleiche gilt für Smartphones und andere technische Geräte. Doch was passiert mit dem Elektroschrott?

Elektroschrott – Zu wertvoll für die Tonne!

Unser Konsum an Elektrogeräten lässt ganze Gebirge aus Elektroschrott entstehen - jeden Tag, weltweit! Die Folgen für Mensch und Umwelt sind fatal. Mit der richtigen Entsorgung kannst du einen wichtigen Beitrag leisten.

Nachhaltigkeit bei Smartphones? Fehlanzeige! Aber es gibt Ausnahmen.

Alle zwei Jahre ein neues Smartphone? Mittlerweile Standard. Aber das macht was – nämlich enorme Schrottberge. Dabei ließe sich da einiges drehen für mehr Pluspunkte auf der Nachhaltigkeitsskala. In einer neuen Studie hat sich die Deutsche Umwelthilfe die Sache genauer angeschaut und gibt Empfehlungen.

Gegen Elektroschrott: Ein Linux fürs Smartphone

Viele Hersteller von Smartphones stellen schon nach zwei bis drei Jahren den Support eines Modells ein, postmarketOS will dann die Alternative sein.

Was tun mit Elektroschrott? Ab in den Briefkasten!

Elektrogeräte gehören nicht in den Hausmüll. Aber wohin mit ihnen, wenn sie ausgedient haben oder kaputt sind? Mit dem Dienst Electroreturn der Deutschen Post kann man sie einfach und bequem recyceln lassen.

bildschirmfoto_2014-12-10_um_15
©
Indien hat einen Daniel Düsentrieb für Elektroschrott

Der Ingenieur und Garagenerfinder Peethambaram Parthasarathy hat den ersten Recyclingbetrieb Indiens aufgebaut, der ausgediente Elektrogeräte ohne Gefahr für Menschen und Umwelt recycelt. Wer hier arbeitet, hat großes Glück: Die Mitarbeiter werden nicht nur gut bezahlt, sondern auch rundum umsorgt. Klingt zu schön um wahr zu sein? Ist es aber!