Telefone, Tablets, ausgediente Energiesparlampen – alle unsere schlauen Geräte enthalten kostbare Metalle und seltene Erden. Doch diese sind endlich, teuer und werden unter teilweise unwürdigen Arbeitsbedingungen gewonnen. Doch nach wie vor sind die meisten Produzenten darauf angewiesen, die nötigen Zutaten zu importieren, da das Recycling schwierig ist: Die Rohstoffe sind in Kleinstmengen fest verbaut.
Doch das könnte sich bald ändern: Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg haben herausgefunden, dass sich mit Eiweiß-Bruchstücken Kleinstmengen an Kupfer oder seltenen Erden wie Terbium, Yttrium oder Lanthan aus elektrischen Geräten „angeln“ lassen.
„Allein 25.000 Tonnen Leuchtpulver der ausgedienten Energiesparlampen dürften daher in der Europäischen Union bis zum Jahr 2020 gesammelt werden“, berichtet die Biologin Dr. Franziska Lederer vom HZDR, Leiterin der Nachwuchsgruppe „BioKollekt“. Darin enthalten sind Spuren von Terbium, Cer, Europium und anderen Seltenen Erden, ohne die kein Plasmabildschirm zum Leuchten gebracht würde und auch Generatoren von Windkraftanlagen oder Elektromotoren nicht betrieben werden könnten.
Die Bioangel für Elektroschrott-Recycling
Inspiriert ist die Rohstoff-Angel von Viren, die auf Bakterien spezialisiert sind. Die Hülle dieser winzigen „Bakteriophagen“ besteht aus rund 4.000 Proteinen, an die mit molekularbiologischen Methoden kurze Protein-Bruchstücke geheftet werden. Von diesen Peptiden gibt es viele unterschiedliche Formen. „Die Peptide können kleine Taschen formen, in die bestimmte Mini-Strukturen passen“, erklärt die Biologin. Werden die Bakteriophagen nun mit einer Terbium-Verbindung zusammengebracht, die an einer festen Oberfläche hängt, bleiben beim Abwaschen nur die Bakteriophagen hängen, in deren Peptid-Tasche die Terbium-Verbindung passt. Dann wird der Abschnitt im Erbgut dieser Bakteriophagen untersucht, der die Bauanleitung für das Peptid enthält. In einem nächsten Schritt können dann die passenden Peptide für die Terbium-Verbindung nach dieser Bauanleitung angefertigt werden.
Mischt man diese Teilchen nun mit dem Leuchtpulver von Energiesparlampen in einer Brühe, dann angeln sie sich dort die enthaltenen Terbium-Verbindungen. Die Partikel werden dann zusammen mit den Seltenen Erden wieder herausgefischt. „Mit dieser Methode können wir spezifische Peptide für unterschiedliche Seltene Erden, aber auch für wichtige Metalle wie Kupfer, Gold oder verschiedene Platin-Metalle gewinnen und mit ihnen die jeweiligen Substanzen aus sehr verdünnten und komplexen Gemischen extrahieren“, erklärt Franziska Lederer. Die Peptid-Teilchen können wieder eingesetzt werden, nachdem die Rohstoff-Partikel entfernt wurden.
Bisher wurde die Phagen-Methode nur für biologische Verfahren wie der Herstellung von Antikörpern verwendet. Diese für das Recyclen von Matallen einzusetzen, ist echte Pionierarbeit. Die Erfinder dieser Phagen-Display-Methode wurden daher auch kürzlich mit dem Nobelpreis für Chemie 2018 geehrt.
„Vielleicht können wir auch Peptide isolieren, die spezifisch bestimmte Kunststoffe binden“, so Franziska Lederer. Das wäre spannend für das Recycling von Kunststoffen, denn bisher können Plastik-Abfälle nur schwer recycelt werden, da sie ein Gemisch verschiedener Kunststoffe enthalten. Aber vielleicht können die Peptide der HZDR-Gruppe in Zukunft auch diese Abfall-Mischungen sortieren und so ein echtes Recycling ermöglichen. „Unsere Forschung steht noch am Anfang und eine praktische Anwendung wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Unser Ziel ist es, mit unserer innovativen Technologieplattform das Recycling erheblich zu verbessern.“