Der größte Anteil der nachhaltigen Stromgewinnung in der Europäischen Union geht auf die Windenergie zurück. Im vergangenen Jahr wurde in den 28 EU-Ländern mit Windenergie eine Gesamtleistung von knapp 170.000 Megawatt erzeugt, was einer Stromabdeckung von rund zwölf Prozent entspricht. Alleine in Deutschland wurden zwischen November 2016 und Oktober 2017 fast 1.800 neue Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von über 5.000 Megawatt neu gebaut. Und die Tendenz ist steigend.
Dennoch ist bei der Effizienz der Windenergiegewinnung noch sprichwörtlich Luft nach oben. Unstetige Windgeschwindigkeiten und ein hoher Materialeinsatz veranlassen Wissenschaftler zu Gedankenspielen und Konzerne wie Google oder Eon zu Millioneninvestitionen. Im Fokus der Forschung steht dabei die Erzeugung von Energie in höheren Sphären, in denen ein konstanter und stärkerer Wind herrscht. Drohnen oder andere Leichtfluggeräte könnten eine Lösung darstellen.
Der Windpark der Zukunft lernt fliegen
Aktuell greifen Windkraftwerke Winde bis in knapp 200 Metern Höhe ab. Bereits ab einer Höhe zwischen 300 und 400 Metern herrschen konstant stärkere Winde, die eine massive Leistungssteigerung garantieren würden. Schon eine Verdopplung der Windgeschwindigkeit reicht aus um die Energiegewinnung um das Achtfache zu steigern. Mit Drohnen und Leichtfluggeräten könnte der stärkere Höhenwind technisch erreichbar sein, der mit konventionellen Windrädern aufgrund ihrer Stabilität unzugänglich bleibt. Der Ersatz eines Windrades durch ein Flugkraftwerk würde einer Materialeinsparung von rund 95 Prozent entsprechen, da der Stamm, die Narben und ähnliche Elemente des Windrades wegfallen würden. Somit könnten sich Drohnen und Leichtflugobjekte zu einem konstanten Energieträger mit geringem Materialeinsatz entwickeln.
Der Strom wird dabei am Boden oder direkt in der Luft erzeugt. Ersteres praktiziert bereits die brandenburgische Firma Enerkite, die mit einer Prototyp- Flugwindkraftanlage in den angepeilten Sphären unterwegs ist. Verbunden mit einer Seilwinde und einem Generator fliegt die Mischung aus Kite-Gleitschirm und Segelflugzeug periodische Figuren, nutzt dafür den Aufwind und erzeugt über die Abwicklung der Trommel durch die entgegenwirkende Zugkraft Strom.
Den direkten Ansatz in der Luft Energie zu erzeugen, wählt das amerikanische Startup Makani, hinter dem seit 2013 Google steht und das der Internetgigant jedes Jahr schätzungsweise mit rund 40 Millionen Dollar fördert. Ähnlich dem Windradprinzip sind auf der Drohne Rotoren und ein Generator installiert, der direkt in der Luft Strom erzeugt und diesen mittels einer Kohlefaserleiter zum Boden transportiert. Sowohl die amerikanische als auch die brandenburgische Flugwindkraftanlage sind mobil einsetzbar und könnte somit auch Strom in schwer zugänglichen Regionen erzeugen.
Probleme der Flugwindkraftanlagen
Bis Flugwindkraftanlagen die konventionellen Windparks verdrängen, wird es allerdings noch dauern. Trotz eines immer weiter wachsenden Wettkampfs, in dem auch die Nasa oder verschiedene Universitäten mitmischen, sind die Systeme noch nicht ausgereift und erzeugen bisher nur geringe Mengen an Strom. Zudem kommt es immer wieder zu Abstürzen der Prototypen und die Vereisung in der Höhe sowie die stärkere Kraft des Windes sorgen für starken Materialverschleiß. Darüber hinaus bereiten Stürme den Flugobjekten noch Start- und Landeschwierigkeiten und Blitze können bisher nicht vollständig abgeleitet werden. Logistisch müssten zudem Flugverbotszonen eingerichtet werden, da die Gefahr einer Kollision mit anderen Luftfahrzeugen besteht. Experten schätzen, dass frühesten in fünf bis zehn Jahren die Systeme so weit entwickelt sind, dass eine massentaugliche Herstellung möglich ist. Dann aber könnten Windpark-ähnliche Felder entstehen, über denen zahlreiche Drohnen eine Art Lufttanz zelebrieren und dabei enorm kostengünstigen grünen Strom erzeugen.