Fischklingel in Utrecht: Warum tausende Menschen im Internet auf Fische warten

Dank einer Fischklingel leben Fische in Utrecht sicherer. Das Projekt hilft nicht nur Wasserbewohnern auf ihrer Wanderung, es weist auch auf die Gefahren menschlicher Infrastruktur hin.

Autor*in Benjamin Lucks, 06.05.24

Übersetzung Kezia Rice:

Rund um die Uhr schauen hunderte Menschen im Internet einen Live-Stream, in dem kaum etwas passiert! Die gezeigten Bilder stammen von einer Unterwasserkamera, die an der Weerdsluis-Schleuse im niederländischen Utrecht platziert ist. Die Liveschalte aus dem Kanal gehört zu dem Projekt “De visdeurbel”, das unter anderem von der Stadt Utrecht selbst ins Leben gerufen wurde.

Tauchen Fische vor der Linse der Webcam auf, können Zuschauer:innen eine Benachrichtigung an den oder die Schleusenwärter:in des Kanals senden. Und das hat einen weniger unterhaltsamen Grund.

Worum geht es bei der Fischklingel?

Mit ihrer Fischklingel versuchen die Ökolog:innen Anne Nijs und Mark van Heukelum auf ein Problem aufmerksam zu machen. Für Fische ist der Kanal durch Utrecht eine wichtige Wanderroute, um flussaufwärts zu ihren Laichplätzen zu kommen. Da die 300 Jahre alte Schleuse allerdings für einige Monate im Jahr geschlossen wird, stellt sie für passierende Fische eine Gefahr dar.

Besonders in den Abendstunden warten Fische vor der Webcam der Fischklingel

Während die Fische auf die nächste Öffnung warten, sind sie Fressfeinden wie Hechten, Haubentauchern und Kormoranen ausgeliefert. Darüber hinaus verlieren sie Energie, die sie für ihre Wanderrouten, die teilweise bis nach Deutschland reichen, benötigen. Die Klingel weist die Schleusenwärter also darauf hin, dass Fische passieren müssen. Und diese können den Weg bei genügend Bedarf frei machen.

Mit ihrem Projekt wollen die Erfinder:innen dabei aber auch auf die Vielfalt in den Kanälen Utrechts aufmerksam machen.

“Wir wollen zeigen, wie viel Leben es in den Kanälen gibt”

Neben einem Live-Stream bietet die Homepage der Fischklingel Informationen zur jeweiligen Spezies und zur Anzahl der Fische, die die Schleuse durchqueren. Auch eine Bildergalerie mit den schönsten Aufnahmen der Unterwasserkamera gibt es hier. Mit diesen Informationen und der großen Aufmerksamkeit, die das Projekt im Internet generiert, wollen Nijs und Heukelum auf die Vielfalt der Lebewesen in den künstlich angelegten Kanälen aufmerksam machen. Gleichzeitig, so heißt es auf der Homepage der Fischklingel, würden die Informationen ihnen dabei helfen, die Lebensqualität von Fischen und anderen aquatischen Tieren zu verbessern.

Nachdem das Projekt vorerst nur durch Flugblätter an Universitäten beworben wurde, verbreitete sich die originelle Idee schnell im Internet. Durch die hohe mediale Aufmerksamkeit – auch in internationalen Nachrichtenagenturen – funktioniert die Fischklingel an der Weerdsluis-Schleuse aktuell sehr gut. Es ist allerdings fraglich, ob die Aufmerksamkeit auch langfristig hoch genug sein wird, um Fischen eine sichere Durchquerung des Kanals zu gewährleisten.

Wanderrouten sollten bei der Stadtplanung mitbedacht werden

Somit weist das Projekt auch darauf hin, dass Wanderrouten von Tieren bei der Stadtplanung mitgedacht werden müssen. Der Einsatz von Fischtreppen, Aufstiegshilfen oder sonstigen Systemen sollte bei der Planung von Schleusen mitgedacht werden. Genau wie der Aufbau von Wildbrücken über Autobahnen, die Wildtieren ein sicheres Überqueren an Land ermöglichen.

Die geschlossene Schleuse stellt eine Bedrohung für die Fische dar.

Dass die Stadt Utrecht die 300 Jahre alte Schleuse mit einer Fischtreppe ausstattet, ist aber wohl eher unwahrscheinlich. Wer den Fischen in Utrecht auf ihrer Wanderung daher helfen möchte, der hat dazu aktuell wieder die Möglichkeit. Seit Anfang März ist die Fischklingel wieder aktiv und zieht auch in diesem Jahr wieder tausende Helfer:innen an.

© Frisch Gefischt / Wim Jansen
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