Eine KI soll Mangelernährung bei Kindern erkennen

© Sandeep dewal

Ein digitales Diagnose-Tool zur Bekämpfung von Mangelernährung bei Kindern – das ist das Ziel der Welthungerhilfe. Aktuell testet die Organisation ihren Child Growth Monitor in Indien. 

Autor*in RESET , 09.05.19

Laut Welthungerhilfe leiden aktuell mehr als 821 Millionen Menschen weltweit an chronischem Hunger, darunter 200 Millionen Kinder. Die Feststellung von Unterernährung bei Kindern ist jedoch schwierig, mit bloßem Auge ist eine Diagnose nicht möglich. Denn oftmals spielt die Menge der aufgenommenen Kalorien dabei keine so große Rolle, sondern vielmehr eine nährstoffarme Ernährung. Um Mangelernährung mithilfe anthropometrischer Messungen korrekt diagnostizieren zu können, braucht es verschiedene Kennzahlen, nämlich Geschlecht, Alter, Körpergröße, Gewicht und den mittleren Oberarm-Umfang – und vor allem Expertenwissen, um diese Kennzahlen zueinander in Beziehung setzen zu können. Bei der Messung, Diagnose und Dokumentation unterlaufen jedoch oft Fehler; aufgrund fehlenden Fachwissens und auch wegen unzuverlässiger Hardware wird Unterernährung bei Kindern in sehr vielen Fällen nicht erkannt. Die Folgen für betroffene Kinder können jedoch verheerend sein, diese können nicht wiedergutzumachende Schäden der physischen oder der geistigen Entwicklung davontragen.

Um diese Probleme bei der Diagnose zu beheben, arbeitet die Welthungerhilfe an einer digitalen Lösung. „Der Child Growth Monitor ist eine App zur korrekten Diagnose der Ernährungssituation von Kindern“, so Markus Pohl, Consultant bei der Hilfsorganisation, gegenüber RESET. „Mit Hilfe von Augmented Reality und Künstlicher Intelligenz kann der Child Growth Monitor Größe und Gewicht von Kindern prognostizieren, um so Unterernährung zuverlässig feststellen und bekämpfen zu können.“

Die App, die sich vor allem an lokale Gesundheitsexperten richtet, soll laut Welthungerhilfe leicht bedienbar sein und korrekte Daten ermitteln. Alter und Geschlecht des Kindes werden manuell eingegeben, die anderen Kennzahlen ermittelt die App per Bilddaten. Die Daten werden anschließend mithilfe eines Algorithmus ausgewertet und automatisch an Nichtregierungsorganisationen oder die Regierung übermittelt. In Indien, wo die App derzeit getestet wird, gibt es ein klares Procedere, welche Schritte anschließend erfolgen sollen, wenn bei Kindern eine leichte oder schwere Unterernährung festgestellt wird. Die Welthungerhilfe stellt nach eigenen Angaben sicher, dass sich die Partner, mit denen sie vor Ort zusammenarbeitet, an diese Anweisungen halten.

Langfristig soll die App, die derzeit noch ein Prototyp ist, zu einem digitalen Diagnosetool werden, mit dem selbst Eltern, die nicht lesen können, eine schnelle, günstige und zuverlässige Diagnose stellen können.

Das Pilotprojekt in Indien befindet sich derzeit noch in der Testphase. Es wurden dabei mehr als 10.000 Messungen vorgenommen. In einem weiteren Schritt sollen in Zusammenarbeit mit drei lokalen indischen NGOs weitere 75.000 Messungen stattfinden, sodass der Algorithmus lernen und sich verbessern kann. Laut Welthungerhilfe könnten mithilfe der App, wenn sie einmal als Branchenstandard etabliert wäre, viele Millionen Kinderleben gerettet werden.

„Das Ziel von Child Growth Monitor ist es, dieses eine Glied in der Kette – die Diagnose von Unterernährung – zu optimieren und zu digitalisieren. Der unmittelbar darauffolgende Schritt ist, dass Kinder, die als moderat oder schwerwiegend mangel- bzw. unterernährt diagnostiziert wurden, die Hilfe bekommen, die sie benötigen“, so Markus Pohl. „Die Identifizierung von Unterernährung ist nur ein erster wichtiger Schritt in der langen Kette auf dem Weg zu Zero Hunger.“

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