Energiespeichersysteme: Der Dreh- und Angelpunkt der Energiewende

Lässt sich mit erneuerbaren Energien allein eine Versorgungssicherheit für Deutschland schaffen? Ja, das geht! Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien sind effiziente Speichertechnologien eine wichtige Stellschraube.

Autor*in Lena Strauß, 27.06.22

Übersetzung Christian Nathler:

Bis 2030 sollen 65 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energiequellen fließen, so lautet das erklärte Ziel der Energiewende in Deutschland. Ein überambitionierter Plan? Für die dringend nötige massive Senkung unserer CO2-Emissionen keinesfalls! Dennoch halten einige eine Abkehr von den fossilen Energieträgern für riskant. Kritiker*innen bemängeln vor allem die schwankende Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energiequellen.

Dass viele erneuerbare Energien Schwankungen unterliegen, ist klar und lässt sich gut anhand der Sonnenenergie nachvollziehen: Die Produktion von Solarstrom ist insbesondere in den Mittagsstunden des Sommerhalbjahres hoch, in den Abendstunden des Winterhalbjahres dagegen sehr gering – also genau dann, wenn der Strombedarf der Bevölkerung am höchsten ist. Von solchen Schwankungen sind neben der Photovoltaik auch die Solarthermie, die Wind– sowie die Wellenenergie betroffen. Die höchste Verfügbarkeit innerhalb der regenerativen Energiequellen haben dagegen Biomasse, Geothermie und Wasserkraft.

Dennoch kann mit erneuerbaren Energiequellen eine zuverlässige Stromversorgung gewährleistet werden, und zwar unter folgenden Voraussetzungen:

  1. Unser Energieversorgungssystem wird flexibler. Wenn die Energiegewinnung aus Sonne und Wind beispielsweise nicht ausreicht, schaffen erneuerbare Energiequellen mit hoher Verfügbarkeit einen Ausgleich. Flexibilisierte Biogasanlagen könnten solche Engpässe überbrücken.
  2. Energiespeichersysteme kommen zum Einsatz. Überschüssige Energie wird dann für eine spätere Nutzung gespeichert, nämlich für den Moment, an dem der Bedarf die aktuelle Produktion übersteigt.
  3. Unverzichtbar bei der Flexibilisierung der Netze ist die Digitalisierung, denn intelligente Netze (Smart Grid) erleichtern die Interaktionen zwischen Produzierenden, Verbrauchenden und Speichern auf einem komplexer werdenden, dezentralen Strommarkt.

Energiespeicherung: Ein Problem mit vielen Lösungsansätzen

Tatsächlich gibt es im Bereich Energiespeicherung schon etliche Lösungen.

  1. Grundsätzlich wird zwischen Kurz- und Langzeitspeichern unterschieden. Die Spannbreite reicht dabei von Subsekunden bis hin zu ganzen Jahren.
  2. Weitere Charakteristika sind die Speicherkapazität – wie viele Kilowattstunden in einem Kilogramm des Speichermediums stecken – sowie der Wirkungsgrad – wie viel der gespeicherten Energie schlussendlich als elektrische Energie verfügbar ist. Speicherdauer, Speicherkapazität und Wirkungsgrad hängen wesentlich von der Art des Speichersystems ab: elektrisch, chemisch bzw. elektrochemisch, mechanisch oder thermisch.
  3. Eine ultimative Superlösung gibt es bislang nicht, aber für eine flexiblere Energieversorgung, die auf verschiedenen Quellen aufbaut, sind auch unterschiedliche Technologien gefragt. Elektrische Energiespeicher sind zum Beispiel Kondensatoren, die Energie zwar nur für ein sehr kurzes Zeitfenster speichern können, dafür aber äußerst effizient sind. Für die Speicherung von erneuerbaren Energien haben elektrochemische Speicher wie Batterien (zum Beispiel Lithium-Ionen-Akkus) bereits eine höhere Relevanz, denn sie können Tagesschwankungen ausgleichen.

Pumpspeicher nach wie vor Nummer eins

In Deutschland, aber auch global, sind Pumpspeicherkraftwerke als bewährte Speicher nach wie vor am weitesten verbreitet, da sie vergleichsweise kostengünstig und bislang die einzige Möglichkeit sind, Strom im großen Maßstab zu speichern. Pumpspeicher zählen neben Druckluft- und Hubspeichern zu den mechanischen Energiespeichern, die mit insgesamt 90 Prozent den größten Marktanteil unter den Energiespeichersystemen haben.

Die Funktionsweise von Pumpspeichern ist im Prinzip sehr einfach: Pumpspeicher befördern Wasser mithilfe der überschüssigen Energie aus regenerativen Quellen einen Hang hinauf in einen Stausee hinein. Bei Bedarf lässt man das Wasser durch die Schwerkraft wieder nach unten fließen, wodurch über Turbinen Energie erzeugt wird.

Luftaufnahme eines Pumpspeicherkraftwerks in Kiew.

Bislang ging man davon aus, dass das Ausbaupotenzial der Technologie aufgrund ihrer speziellen Erfordernisse begrenzt ist. Australische Forschende sind dagegen zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen: Mit Hilfe einer Analyse des geografischen Informationssystems (GIS) haben sie weltweit 616.000 potenziell geeignete Standorte gefunden, die zusammen etwa hundertmal mehr Energie speichern könnten, als für ein rein erneuerbares Stromsystem erforderlich wäre. Brachliegende Standorte – bestehende Stauseen, alte Bergbaustandorte – wurden dabei noch nicht miteinbezogen.

Auch wenn es demnach noch geeignete Orte für neue Pumpspeicherkraftwerke gibt, sollte der Neubau dieser Speichertechnologie aus ökologischer Perspektive gut abgewogen werden. Jede Anlage ist ein erheblicher Eingriff in die Natur und die Ökosysteme. Wasserläufe werden aufgestaut und umgeleitet und die Speicherbecken sind teilweise betoniert oder asphaltiert, um der regelmäßigen Beanspruchung und Erosion durch die wechselnden Wasserstände standhalten zu können. Brachliegende Orte umzunutzen könnte dagegen ökologisch verträglicher sein.

Hoffnung kommt auch von neuen, weniger invasiven Ansätzen: Das Fraunhofer-Institut hat vor wenigen Jahren ein Pumpspeichersystem getestet, bei dem riesige Betonkugeln am Meeresgrund zum Einsatz kommen. Das Projekt, das zunächst am Bodensee durchgeführt wurde, ist mittlerweile ausgelaufen und müsste nun unter realen Bedingungen, sprich im Ozean, erprobt werden.

Batterien – wohin führt die Reise?

Batteriespeicher wie Lithium-Ionen-Akkus, Blei-Säure-Batterien und Redox-Flow-Batterien zählen zu den elektrochemischen Speichern. Insbesondere Lithium-Ionen Batterien sind heute weit verbreitet, kaum ein Smartphone, Laptop oder E-Auto kommt ohne sie aus. Die Batteriespeicher werden aber auch zur Speicherung von Strom aus Solar- und Windanlagen eingesetzt, bisher jedoch vor allem in kleiner ausgelegten Stromsystemen wie Ein- und Zweifamilienhäusern.

Die Gesamtkosten für diese Energiespeicher sind noch relativ hoch, da mit ihnen nur eine begrenzte Zahl an Ladezyklen möglich ist. Zudem verringert sich die Speicherkapazität wegen des häufigen Be- und Entladens relativ schnell, was die Einsatzmöglichkeiten erheblich einschränkt.

Nichtsdestotrotz werden Batteriespeicher zunehmend auch in größerem Stil, wie zum Beispiel in Quartieren, erprobt. Bei einem solchen „Quartiersspeicher“ werden eine Vielzahl an dezentralen Energiequellen und Haushalten über ein Smart Grid zusammengeschlossen, die die Batterie gemeinsam als regionalen Puffer nutzen. Das Fraunhofer ISE untersucht beispielsweise die Möglichkeiten von Quartiersspeichern in verschiedenen Forschungsprojekten.

In Zukunft könnten auch die Batterien von Elektroautos als temporäre Speicher genutzt werden. Bei der sogenannten Vehicle-to-Grid-Lösung wird überschüssige Energie in den Batterien von Elektroautos gespeichert und bei Bedarf wieder eingespeist.

Eine solche Lösung verfolgt zum Beispiel das Münchner Unternehmen The Mobility House. Über bidirektionale Wallboxen können Besitzer*innen von Solaranlagen die Autobatterie als riesige Powerbank nutzen und den überschüssigen Strom vom heimischen Dach in ihr E-Auto einspeisen und bei Bedarf wieder ins Hausnetz abgeben. Damit Autobatterien jedoch als „Schwarmspeicher“ funktionieren, die Stromüberschüsse in größerem Stil aus dem Energienetz aufnehmen können, muss noch eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden – und natürlich die Zahl der Elektroautos deutlich ansteigen.

Die Ökobilanz von Batterien verbessern

Insbesondere Lithium-Ionen-Batterien sind aus Nachhaltigkeitsperspektive nicht unumstritten. Sowohl der Abbau der für eine Batterie nötigen Rohstoffe als auch die Entsorgung sind umweltbelastend und ethisch bedenklich.

Eine Lösung, die Ökobilanz der Batterien zu verbessern, ist ihnen ein „zweites Leben“ einzuhauchen. Akkus, die nicht mehr die für den Einsatz im Elektroauto erforderliche Leistung bringen, besitzen immer noch mehr als 70 bis 80 Prozent Energieinhalt und können in stationäre Stromspeicher umgewandelt werden. Im Amsterdamer Fußballstadion, der Johan-Cruyff-Arena, fängt ein solcher „Second-Life-Speicher“ zum Beispiel die Energielastspitzen bei Großveranstaltungen auf.

Das größte Potenzial, um die Nachhaltigkeit von Batterien zu erhöhen, liegt laut einer Studie des VDE jedoch in den Materialien. Dabei gelten Festkörperbatterien, in denen anstelle eines flüssigen Elektrolyts ein Elektrolyt aus festem Material verwendet wird, als die wahrscheinlichste Alternative zu Lithium-Metall-Batterien. Im Labormaßstab haben sich Batterien aus festen Elektrolyten schon bewährt, wie zum Beispiel die Lithium-Schwefel-Batterie. Ihre Vorteile: Der Rohstoff Schwefel ist preiswert und als industrielles Abfallprodukt in großen Mengen vorhanden. Zudem sind die Rohstoffkosten einer Metall-Schwefel-Batterie bei gleicher Kapazität geringer als bei einem vergleichbaren Lithium-Ionen-System.

Das 1,5-Grad-Ziel ist ohne eine echte Transformation unseres Energiesystems unerreichbar. Aber wie kann sie gelingen? Was sind die Energiequellen der Zukunft? Welche digitalen Lösungen stehen bereit und wo sind Innovationen gefragt? Und wie kann die Transformation vorangetrieben werden?

Das RESET-Greenbook „Energiewende- Die Zukunft ist vernetzt“ stellt digitale, innovative Lösungen vor und beleuchtet die Hintergründe.

Auch Lithium lässt sich ersetzen, eine Alternative sind Natrium-Ionen-Batterien. In den Ozeanen und auch in der Erdkruste ist reichlich Natrium vorhanden und das Material kann kostengünstiger und umweltfreundlicher gewonnen werden als Lithium. Zudem kommen die Batterien ohne Cobalt, Kupfer und Nickel aus und die bereits etablierten Fertigungsmethoden können genauso für die Produktion verwendet werden. Allerdings haben Natrium-Ionen-Batterien aktuell eine geringere Energiedichte als Lithium-Ionen-Batterien. Damit sind Natrium-Ionen-Batterien überall dort eine vielversprechende Alternative, wo es nicht auf das Gewicht und die Größe ankommt – also als potenzielle Kandidaten für stationäre Batterie-Speicherkraftwerke für Windenergie und Solarenergie.

Was das Speichermaterial anbelangt, kommen Forschende auch auf ungewöhnliche Ideen; Eierschalen, die normalerweise im Biomüll landen, eignen sich beispielsweise hervorragend für die Herstellung von kostengünstigen Lithium-Ionen-Kondensatoren.

Weitere Möglichkeiten, den ökologischen Fußabdruck von Batterien zu verkleinern, sind eine Produktion, die sich aus erneuerbaren Energien speist, aber auch eine Circular Economy für Batterien mit einem intensiven Recycling.

Power-to-X – Die Umwandlung von Energie

Die Umwandlung von Strom zu verschiedenen Produkten (Power-to-X) nimmt seit einigen Jahren an Fahrt auf. „Power“ steht hier für Stromüberschüsse, die in verschiedene andere Energieformen („X“) umgewandelt werden, zum Beispiel Power-to-Gas (Erzeugung von Gas aus Strom) oder Power-to-Heat (Erzeugung von Wärme aus Strom).

Unter den Power-to-Gas-Verfahren gewinnt vor allem die Herstellung von Wasserstoff enorm an Bedeutung. Wasserstoff wird mittels einer Wasserelektrolyse und unter Einsatz elektrischen Stroms hergestellt. Durch eine chemische Umwandlung kann das Gas auch noch in Chemikalien und Kraftstoffe wie Ammoniak und Methanol umgewandelt werden. Dieses Verfahren ist unter Power-to-Liquid bekannt. Egal ob als Gas oder Flüssigkeit, beides ermöglicht die Umwandlung von Strom in Produkte mit hohen Energiedichten, in denen erneuerbarer Strom auch über längere Zeitabschnitte gespeichert und über weite Strecken transportiert werden kann.

Das Ziel von Power-to-Heat ist es, Strom aus erneuerbaren Energien in den Wärmesektor zu integrieren. Dazu sollen beispielsweise großtechnische Durchlauferhitzer oder elektrische Industrieöfen und Elektrodenkessel, aber auch Stromdirekt- und Speicherheizungen sowie elektrische Wärmepumpen mit erneuerbarem Strom angetrieben werden. So würden sich nicht nur einzelne Gebäude, sondern auch ganze Stadtteile mit Wärme und Warmwasser erneuerbar versorgen lassen. Wirtschaftlich ist das bisher allerdings noch nicht realisierbar.

Auch Power-to-Gas-Verfahren sind in den meisten Fällen noch nicht wirtschaftlich genug und nur dann CO2-arm – und damit nachhaltig-, wenn zur Gewinnung Strom aus erneuerbaren Energien verwendet wird (vgl. Fraunhofer ISE). Daher ist davon auszugehen, dass diese Technologien erst dann ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar sind, wenn der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix bei mindestens 60, wenn nicht sogar 80 Prozent liegt. Bis dahin ist es effektiver, mit überschüssigem erneuerbaren Strom Wärmepumpenheizungen und Elektroautos zu speisen, Smart Grids weiter auszubauen und Kurzfristspeicher wie Batterie- und Pumpspeicherkraftwerke einzusetzen. Das aktuell noch kostbare Gut Wasserstoff empfehlen Expert*innen industriellen Verfahren vorzubehalten, in denen hohe Temperaturen nötig sind, die nicht mit elektrischer Energie erreicht werden können.

Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder auch technologische Durchbrüche, die einen wettbewerbsfähigen, erneuerbaren Wasserstoff in greifbare Nähe rücken.

Neueste Innovationen

Wie die bisher genannten Technologien zeigen, steht bei Energiespeichersystemen die Wirtschaftlichkeit meist im Vordergrund und aus Nachhaltigkeitsperspektive deren ökologischer und sozialer Fußabdruck. Immer neue Innovationen im Bereich Energiespeicherung zeigen, dass Bewegung in der Sache ist.

Back to basics: Die Carnot-Batterie speichert Energie in Salz und Steinen

Eine Methode, um erneuerbare Energien für die spätere Nutzung parat zu haben, ist deren Speicherung in Form von Wärmeenergie. Bei den sogenannten Carnot-Batterien wird Strom in einem Hochtemperaturspeicher in Wärme umgewandelt, die dann in Flüssigsalz, Steinen oder Flüssigmetallen nahezu verlustfrei gespeichert werden kann.

Ein spannender Ansatz ist die Speicherung der Wärmeenergie in geschmolzenem Salz. Dieses Konzept existiert seit Jahrzehnten in Salzschmelzen, wurde nun aber weiterentwickelt: Mithilfe der überschüssigen Energie aus erneuerbaren Quellen wird eine Temperaturdifferenz geschaffen. Die Wärme wird dabei in geschmolzenem Salz und die Kälte in einer frostschutzähnlichen Flüssigkeit gespeichert. Bei Bedarf wird die thermische Energie in elektrische Energie zurückverwandelt.

Salzfeld in Tainan, Taiwan.

Auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das europäische CHESTER-Konsortium haben einen Prototypen der Carnot-Batterie auf Basis von Dampfkraft-Prozessen gebaut. Mittels einer elektrischen Wärmepumpe wandelt die Batterie überschüssigen, erneuerbaren Strom in Wärme um. Diese wird in einem kostengünstigen Medium – wie Wasser oder Flüssigsalz – zwischengespeichert und bei Bedarf über eine Wärmekraftmaschine wieder in Strom umgewandelt.
„Carnot-Batterien haben das Potenzial, ein wichtiger Baustein für die Energiewende zu werden“, erläutert Prof. André Thess, Direktor des Instituts für Technische Thermodynamik. „Denn solche Wärmespeicher lassen sich gezielt in die Netze und Energiesysteme von morgen einbinden, um die zeitlich und örtlich schwankende Stromgewinnung aus Sonnen- und Windenergie auszugleichen sowie Lastspitzen abzudecken.“ Carnot-Batterien besitzen Speicherkapazitäten von bis zu tausend Megawattstunden elektrischer Energie und könnten damit eine Stadt wie Stuttgart stabil mit Strom versorgen. Ein weiterer großer Pluspunkt: Aufgrund der verwendeten Materialien sind Carnot-Batterien umweltfreundlicher als konventionelle Batterien.

In den nächsten Jahren wollen die Wissenschaftler*innen des DLR und des CHESTER-Konsortiums das Konzept in größerem Maßstab testen.

Molekulares Potenzial für Solarkraft

Ein anderer Ansatz stammt von einem Forscherteam der schwedischen Technischen Hochschule Chalmers, genannt Molecular Solar Thermal Energy Storage (MOST). Hier wird ein eigens konzipiertes Molekül, bestehend aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff, zu einem energiereichen Isomer, sobald es mit Sonnenenergie bestrahlt wird. Das Isomer befindet sich also in der Solarzelle selbst und kann in einem kreisförmigen Prozess vom Dach an die Heizungsanlage des Hauses weitergegeben werden. Die Energie ist in dieser Form theoretisch bis zu 18 Jahre lang speicherbar.

Die netzstabilisierende Wirkung von Schwungmasse

Auch unter den sogenannten Schwungmassenspeichern gibt es neuartige Ansätze. Diese Systeme speichern elektrische Energie als Rotationsenergie. Das Prinzip ist einfach: Die überschüssige Energie speist einen Motor, der ein Schwungrad in Bewegung bringt oder seine Drehzahl erhöht, wobei Energie gespeichert wird. Wird dann die gespeicherte Bewegungsenergie benötigt, wandelt ein Generator sie in elektrische Energie um.

Nach diesem Prinzip hat die Firma Adaptive Balancing Power zum Beispiel das Adaptive Flywheel entwickelt. Aufgrund seiner Bauform kann es an die jeweilige Anwendung angepasst und dennoch unter Serienbedingungen gefertigt werden. Der Wirkungsgrad von Schwungradspeichern liegt bei 95 Prozent, allerdings kann diese Art von Speicher die Energie nur für ein paar Minuten speichern, da die Ruheverluste sehr hoch sind. Daher sind Schwungrad-Speicher vor allem für den Ausgleich von Netzschwankungen von Bedeutung.

Doch auch hier stehen die Entwicklungen nicht still: Wissenschaftler*innen der TU Dresden haben kürzlich einen Schwungrad-Speicher entwickelt, der enorm hohe Kapazitäten aufweist. „Ziel war es, einen langlebigen, dynamischen und hocheffizienten Energiespeicher zu entwickeln, der direkt neben einem Windrad, also dort wo der Strom erzeugt und mit geringen Verlusten übertragen wird, errichtet werden kann“, so Dr. Thomas Breitenbach von der projektleitenden Stiftungsprofessur für Baumaschinen.

Bestehende Strukturen und ihr „zweites Leben“

Und was passiert eigentlich mit der ganzen Infrastruktur für fossile Energien, wenn diese bald nicht mehr sind? Tatsächlich gibt es bereits Ansätze, den überholten Strukturen ein neues, nachhaltigeres Leben als Speichertechnologie einzuhauchen. Auf diese Weise lassen sich Kosten und Ressourcen sparen. So beschäftigt sich ein Startup in Schottland damit, stillgelegte Bergwerke als mechanische Energiespeicher nutzbar zu machen. In den alten Minenschächten werden Gewichte mittels Energie an Seilen nach oben bewegt und im Bedarfsfall zur Energieumwandlung wieder nach unten gelassen.

In Deutschland forscht das Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) außerdem daran, in wieweit sich alte Kohlekraftwerke eignen, um erneuerbare Energien thermisch zu speichern.

Welche Hindernisse sind noch zu überwinden?

Der Mythos, dass eine vollständige Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen nicht möglich sei, kann mittlerweile getrost begraben werden. Es gibt bereits sowohl die entsprechenden Energiequellen, als auch eine Menge effizienter Speichertechnologien, die die Energiewende entscheidend vorantreiben könnten.

Trotz der vorhandenen Lösungen muss aber noch einiges passieren, damit die Sache richtig in Fahrt kommt. Das größte Problem sind vermutlich die fehlenden Anreize. Fossile Energien werden in Deutschland und der Welt weiterhin stark subventioniert. Jedes Jahr geben Regierungen weltweit rund eine halbe Billion US-Dollar aus – und halten so den Preis für fossile Brennstoffe künstlich niedrig. Das ist schätzungsweise mehr als dreimal so viel, wie in Subventionen in erneuerbare Energien und Speichertechnologien gesteckt wird. Außerdem erhalten diejenigen, die erneuerbare Energien ins Stromnetz einspeisen, eine bedarfsunabhängige, feste Vergütung. Damit sehen zum Beispiel Windkraftbetreibende keinen ausreichenden Nutzen darin, direkt in Speichertechnologien zu investieren.

Wie die genannten Beispiele zeigen, befinden sich viele Innovationen zudem noch in der Testphase. Mehr Unterstützung wäre nötig, um den Übergang solcher Entwicklungen in die Praxis zu beschleunigen. Da die Bereiche Energieerzeugung, Wärmeversorgung und Verkehrswesen aber zunehmend zusammenwachsen, dürfte das Thema Energiespeicherung künftig bedeutender werden denn je. Das Stichwort lautet hier „Sektorenkopplung“ und verstärkte Aufbau eines Smart Grids. Auch eine verstärkte Zusammenarbeit auf internationaler Ebene wäre im Energiesektor vonnöten.

Vor allem der Politik kommt daher eine tragende Rolle zu. Sie kann die richtigen Hebel und Gelder in Bewegung setzen, damit sinnvolle Maßnahmen und Förderungen die Energiewende voranbringen.

Autorin: Lena Strauß, RESET-Redaktion (Juni 2019). Letztes Update: Sarah-Indra Jungblut, RESET-Redaktion (Juni 2022)

dbu-logo

Dieser Artikel gehört zum Dossier „Energiewende – Die Zukunft ist vernetzt“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.

Mehr Informationen hier.

Ein Energiespeicher aus tausend Tonnen heißer Steine

Im Hamburger Hafen wird ein neuer Energiespeicher erprobt. Zum Einsatz kommen dabei große Mengen Gestein.

Batterie aus Bioabfall: Eierschalen werden zum Stromspeicher

Wissenschaftler des Helmholtz-Instituts Ulm testeten erfolgreich eine wiederaufladbare Batterie aus Eierschalen.

CO2: Vom Klimakiller zum Wertstoff?

Es gibt viele Ansätze, der Atmosphäre durch Abscheidung und Speicherung oder die Verarbeitung bei industriellen Prozessen CO2 zu entziehen. So sollen der Treibhaus-Effekt und die Erhitzung der Erde gebremst werden.

So wird das Amsterdamer Fußballstadion zum smarten Energiemanager

In der Amsterdam Arena steckt ein riesiges Energiespeichersystem. Das soll künftig Netzschwankungen ausgleichen und Dieselgeneratoren überflüssig machen.

thomas-kelley-74096
©
Ein schlauer Speicher gegen Schwankungen im Stromnetz

Eine der größten Herausforderungen erneuerbarer Energien sind Schwankungen im Stromnetz, denn die Sonne scheint nicht immer und auch der Wind weht nicht durchgängig. Daher müssen innovative Lösungen her.

Vehicle-to-Grid: So wird das E-Auto zum temporären Energiespeicher

Wenn E-Autos nicht auf den Straßen unterwegs sind, könnten sie schon bald als Zwischenspeicher für Wind- und Sonnenenergie zum Einsatz kommen und so das Stromnetz stabilisieren. Das Münchner Unternehmen The Mobility House hat eine Lösung für Vehicle-to-Grid entwickelt.

Erneuerbare Energien: Sonnenenergie

Theoretisch könnte der weltweite Energiebedarf durch die Nutzung von Sonnenenergie auf einer 700 km2 großen Fläche in der Sahara gedeckt werden. Das Problem hierbei sind vor allem die weiten Transportwege. Aber auch wenn man das bei einem Blick aus dem Fenster an manchen Tagen nicht vermuten würde: sogar in Deutschland kann Sonnenenergie zur Gewinnung von Wärme und Strom genutzt werden.