Deutschland ist weltweit bekannt für seine „Energiewende“ und ist eines der Vorzeigeländer, wenn es um die Produktion der erneuerbarer Energien geht – bereits mehr als 29 Prozent des hiesigen Energiemixes werden durch Wind- und Solarenergie bereit gestellt. Tatsächlich wird in vor allem in Norddeutschland bereits so viel regenerative Energie produziert, dass sich die Wissenschaft mit einem neuen Problem konfrontiert sieht: die Energie zu speichern. Denn die Produktion der Erneuerbaren Energien variiert je nach Intensität von Sonnenschein und Windstärke stark und entspricht nicht immer der aktuellen Nachfrage. Wegen unzureichender Speicherkapazitäten kann die in Spitzenzeiten überschüssig erzeugte Energie nicht für die Zeiten mit weniger Ertrag eingespart werden. In diesen Situationen muss das Netz auf nicht-erneuerbare Energiequellen (wie Kohle) zurückgreifen, um Engpässe in der Energieversorgung zu vermeiden.
Tests des Fraunhofer-Institut für Windenergie- und Energiesystemtechnik am Bodensee zufolge könnten riesige Hohlkugeln aus Beton die Lösung für dieses Problem sein. Diese „Meeres-Eier“ werden auf den Meeresboden versenkt und mit Windparks verbunden. Das physikalische Funktionsprinzip dieser Tiefseespeicher gleicht dem Prinzip herkömmlicher Pumpspeicherkraftwerke: Wenn beispielsweise Windenergieanlagen überschüssigen Strom erzeugen, wird über eine Turbine Wasser aus der Kugel gepumpt und die Energie gespeichert. Wird die gespeicherte Energie wieder im Netz benötigt wird (z. B. wenn kein Wind vorhanden ist), fließt das Wasser in der Kugel durch die Turbine zurück und setzt dabei Energie frei, die mit einem Generator in Elektrizität umgewandelt werden kann.
„Mit heutiger standardisierter und verfügbarer Technik sehen wir bei der Speicherkapazität von 20 MWh pro Kugel eine weltweite elektrische Gesamtspeicherkapazität von 893.000 MWh. Damit ließen sich kostengünstig wichtige Ausgleichsbeiträge für die schwankende Erzeugung aus Wind und Sonne leisten“, so Jochen Bard, Bereichsleiter des IWES (Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik).
Die erfolgreichen Tests im Bodensee motivieren das Institut zu weiteren Versuchsreihen: Auf der Grundlage der Ergebnisse möchte das Projektteam jetzt ähnliche Experimente in Norwegen und im Mittelmeer durchführen. Da eine große Anzahl neuer Windparks auf dem Wasser oder in der Nähe davon gebaut werden, wäre dies eine gute Möglichkeit, Energie direkt dort zu speichern, wo sie produziert wird, um lange Transferstrecken zu vermeiden.
Das Fraunhofer-Institut für Windenergie- und Energiesystemtechnik (Fraunhofer IWES) entwickelte dieses neue Energiespeichersystem mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das Projekt basiert auf einer Erfindung von Professor Horst Schmidt-Böcking (Goethe-Universität Frankfurt) und Dr. Gerhard Luther (Universität des Saarlandes).