Klärschlamm und Brennstoffzelle: Energie aus Abwasser

Klärwerke könnten bald zu autarken Energielieferanten werden: Forscher arbeiten an einer effizienteren, stromgewinnenden Abwasserklärung. 

Autor*in Felix Dunkl, 22.03.18

Rund 120 bis 123 Liter Trinkwasser verbraucht jeder Bundesbürger täglich. Zwar ist die Tendenz der letzten 15 Jahre rückläufig und vergleichsweise mit anderen Industriestaaten gering, dennoch fließen jeden Tag unzählige Liter Abwassersud mit mindestens 300 verschiedenen Bakterienarten durch unsere Kanalisation, die in unterschiedlichen Formen genutzt werden könnten.

Bereits seit den 60er Jahren interessieren sich Wissenschaftler für die Energierückgewinnung aus menschlichen Abfällen und Fäkalien. Insbesondere die Nasa erforschte in diesem Zeitraum, wie mit Brennstoffzellen Ausscheidungen von Astronauten in Energie umgewandelt werden kann. Knapp 60 Jahre später ist der Traum der Nasa Alltag: Vereinzelte Klärwerke können mit dem Faulgas von Klärschlamm mit speziellen Turbinen Strom und Wärme erzeugen und so zu einem eigenständigen Kraftwerk werden, das sich selbst oder darüber hinaus noch die Nachbarschaft mit Strom versorgt. Allerdings sind sich selbstversorgende Klärwerke bisher eher die Ausnahme; aufgrund der enormen Energiemenge, die der Faulprozess benötigt, zählen solche Anlagen oftmals zu den kostspieligsten Aktivitäten einer Kommune. Doch sind Forscher der Vision, Abwasser ökonomisch, effizient und dabei stromgewinnend zu reinigen, ein großes Stück näher gekommen!

Das Klärwerk der Zukunft wird autark

Experten der Technischen Universität Clausthal etwickelten einen Ansatz, der den Klärprozess beschleunigt und zugleich Strom erzeugt. Der Einsatz einer biochemischen Brennstoffzelle zeigte sowohl in Labortests als auch in der praktischen Generalprobe, dass Abwasser zukünftig ohne den Faulprozess gereinigt werden könnte. Die Forscher nutzen dafür den Umstand, dass die Bakterien im Abwasser durchgehend organische Stoffe ableiten und somit Energie freisetzen. Mittels einer Brennstoffzelle gelang es, die bakterielle Aktivität in Elektronen umzuwandeln und auf einer Elektrode zu speichern. Der Praxistest in einer Kläranlage in Goslar im Harz war bereits so vielversprechend, dass er der Forschergruppe um Uwe Schröder zum Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2018 verhalf. Dennoch wird es noch eine Weile dauern, bis sich der Ansatz flächendeckend verbreitet: Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften der einzelnen Klärreaktoren kann die Prototyp-Lösung noch nicht vollständig auf alle Anlagen übertragen werden. 

Dünger und Energie aus Abwässern

Auch das Schweizer Startup TreaTech, das unter anderem eng mit der Universität Lausanne zusammen arbeitet, forscht an einem nachhaltigen und schnelleren Prozess der Wasserreinigung. Ein Filter, der das Abwasser sofort enorm erhitzt und unter Druck setzt, soll für eine schnelle Reinigung sorgen, die den konventionellen langwierigen und energiefressenden Faulprozess überflüssig machen könnte. Aufgrund der hohen Temperatur und dem belastenden Druck wird die die feuchte Biomasse von Abwasser in ihre gasförmigen Produkte wie Methan, Kohlendioxid oder Wasser diversifiziert – und kristallisiert zudem Nährstoffe wie Phosphor oder Stickstoff heraus. Diese kostbaren Nährstoffe könnten so aus dem Abwasser zurückgewonnen und beispielsweise in der Landwirtschaft als Düngemittel verwendet werden.

Da zudem der Schwefel aus dem Biogas herausgefiltert werden soll, entsteht ein methanhaltiges Biogas, mit einem Gehalt von mindestens 70 Prozent, das direkt von der Anlage ins Energienetz eingespeist werden könnte. So könnten sowohl das Klärwerk autark arbeiten als auch die umliegenden Stromquellen gespeist werden. Versehen mit einem Algorithmus, der anhand einer Abwasserprobe individuell auf das jeweilige Abwasser eingestellt wird, soll ein Einsatz in allen gängigen Kläranlagen garantiert werden. Der in der Schweiz vielumjubelte Ansatz wurde bisher allerdings noch nicht unter realen Bedingungen getestet, sondern bisher nur als Prototyp im Labor. Bis das erste Klärwerk autark ohne Faulprozess im Einsatz ist, wird es also wohl noch eine Weile dauern.

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