Ein erklärtes Milleniums-Entwicklungsziel der Vereinten Nationen war es, bis 2015 die Ausbreitung der sexuell übertragbaren Auto-Immunkrankheit Aids zum Stillstand zu bringen. Und während diverse Aufklärungskampagnen besonders in den Ländern des globalen Nordens tatsächlich zu sinkenden Ansteckungsraten geführt hat, ist die Lage besonders in Süd- und Ostafrika nach wie vor fatal. Mehr als zwei Drittel der weltweiten HIV-Neuinfektionen entfallen auf Subsahara-Afrika – am häufigsten betroffen sind junge Frauen unter 30 Jahren.
Was ist der Grund für die ungehinderte Ausbreitung von HIV in dieser Region? Die Gründe – und somit auch die Gegenmaßnahmen – sind vielfältig:
- Besonders in entlegenen Regionen fehlt es nach wie vor an Aufklärung über den Schutz vor Aids beispielsweise durch Kondome.
- Es fehlt das Geld für die zuverlässige Beschaffung von Kondomen.
- HIV ist durch ein Stigma belegt – Träger der Krankheit verheimlichen die Infektion und stecken weitere Menschen an.
- Hohe Ansteckung durch Vergewaltigungen: Südafrika ist einer der Länder mit den höchsten Vergewaltigungsquoten.
- Promiskuität und Poligamie: In vielen Regionen haben Männer mehrere Sexualpartnerinnen und geben bei einer Ansteckung das Virus an viele Frauen weiter.
- Patriarchat und fehlender Wille zur Verhütung: Schutz vor Ansteckungen bieten bisher vor allem Kondome. Frauen haben keine eigene Möglichkeit, sich ohne Mithilfe des Mannes vor Aids zu schützen.
Ein in den vergangenen Jahren von der International Partnership for Microbicides (IPM) entwickelter Vaginalring soll Frauen nun endlich die Möglichkeit bieten, sich diskret und ohne Nebenwirkungen vor Aids-Ansteckungen zu schützen.
Ansteckungsgefahr um bis zum 75 Prozent reduziert
Der Hoffnungsträger im Kampf gegen Aids ist ein Silikonring, der von Frauen eigenständig ein- und ausgesetzt werden kann und sukzessive das antiretrovirale Medikament Dapivirin an den Organismus abgibt. Dapivirin blockiert ein Schlüsselenzym, welches zur Vermehrung des HI-Virus benötigt wird.
Mehrere Studien zur Wirksamkeit des Vaginalrings beweisen, dass der Ring – vorausgesetzt er wird regelmäßig getragen – das Risiko für die Ansteckung mit Aids um bis zu 75 Prozent verringert. Die Feldversuche mit dem neuen Medikament zeigen außerdem, dass sich die Bereitschaft der Frauen, den Ring tatsächlich regelmäßig zu tragen, erhöht, wenn sie wissen, dass der Ring sicher und wirksam ist. Weitere Studien zur Untermauerung dieser Erkenntnisse sind geplant.
Dr. Zeda Rosenberg, Gründungsdirektor von IPM, zu den Ergebnissen: „Wir sind ermutigt durch diese Zwischenergebnisse, denn Frauen haben mehr als 35 Jahre seit Ausbruch der Epidemie noch immer nicht die Auswahl an praktischen Möglichkeiten, um sich vor HIV zu schützen.“
Rosenberg hat IPM im Jahr 2002 mit dem Ziel gegründet, neue Methoden der HIV- Prävention sowie der Sexual- und Reproduktionsmedizin für Frauen zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass diese in den sogenannten Entwicklungsländern zugänglich sind. Mit dem Vaginalring, mit dem sich Frauen eigenständig gegen den HIV-Virus schützen können, ist die NGO ihrem Gründungsziel ein großes Stück näher gekommen.
Derzeit wartet IPM auf die Zulassung des Produkts bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA. Noch in diesem Jahr soll die Entscheidung vorliegen – danach könnte der Ring eine wichtige Säule im Kampf gegen die andauernde Aids-Epidemie in Südsahara-Afrika werden.
Mehr Informationen zum Projekt gibt dieses Video von IPM zum Welt-Aids-Tag 2016: