Aus Elektroschrott statt Erz: „REEcover“ will seltene Erden endlich recycelbar machen

© REEcover

Weniger als 1 Prozent der seltenen Erden werden in der Schweiz aus dem Recycling von Elektroschrott gewonnen. Das Startup "REEcover" hat ein Verfahren entwickelt, mit dem die Rückgewinnung der Rohstoffe einfacher, wirtschaftlicher und nachhaltiger wird.

Autor*in Benjamin Lucks, 15.07.24

Übersetzung Kezia Rice:

Europaweit fallen jährlich etwa 4,7 Millionen Tonnen an Elektroschrott an – im Vergleich zum Jahr 2010 bedeutet das einen Anstieg um 82 Prozent. Und noch immer steigt die Nachfrage an neuer Elektronik in der digitaler werdenden Welt weiter an. Um die Elektronikindustrie nachhaltiger zu machen, ist eine konsequente Kreislaufwirtschaft daher umso wichtiger. Und mit einem neuen Verfahren möchte das Schweizer Startup „REEcover“ eine besonders kritische Wertstoff-Kategorie recycelbar machen.

Die Forscherin Marie Perrin in einem Labor
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Im neuen Verfahren wird Europium aus Energiesparlampen extrahiert.

Denn: In der Schweiz werden weniger als 1 Prozent der seltenen Erden aufbereitet und für die Produktion neuer Elektronik wiederverwendet. Dabei kommen Materialien wie Neodym, Scandium oder Europium zwar häufiger vor, als ihr Name es vermuten lässt. Ihre Gewinnung ist aber aufwendig und stellt eine große Umweltbelastung dar. Seltene Erden kommen in der Natur in gemischten Erzen vor und müssen von chemisch sehr ähnlichen Stoffen getrennt werden. Das Recycling seltener Erden effizienter und dadurch für Elektronikhersteller interessanter zu machen, ist daher eine interessante Chance.

Erste Studie verspricht überraschend hohe Ausbeute

Gegründet wurde das Startup „REEcover“ von einer Gruppe Forschender der ETH Zürich. In einer Studie aus 2024 stellen sie das neue Verfahren für die Trennung von Europium aus Verbindungen vor, wie sie etwa in Leuchtstofflampen zu finden sind.

Genauer beschreibt Marie Perrin, Doktorandin und Erstautorin der Studie, die Effektivität des neuen Verfahrens in einem Artikel der ETH Zürich. So erhielten die Forschenden etwa 50 mal größere Mengen des Materials als bei herkömmlichen Trennverfahren. Inspiriert wurde das Team dabei von Proteinen. In natürlichen Enzymen dienen Tetrathiometallate als Bindungsstellen für Metalle. Und im neuen Trennverfahren werden diese Stoffe eben als Liganden für Europium eingesetzt. Liganden sind Moleküle, die vereinfacht gesagt andere Stoffe an sich binden können. Durch das Beiführen der Metallate können die Forschenden das Europium leichter von anderen Seltenerdmetallen trennen. Dementsprechend können sie das Material anschließend einfacher extrahieren.

Victor Mougel, der Leiter der Forschungsgruppe an der ETH Zürich, beschreibt diesen Prozess als „deutlich umweltfreundlicher als alle herkömmlichen Methoden zur Gewinnung von Seltenerdmetallen aus Mineralerzen“. Und dadurch ist das Recycling der seltenen Erde effizienter als die Neugewinnung aus der Natur.

Neue Methode von REEcover könnte weitere Recycling-Erfolge anstoßen

Die Entdeckung des neuen Recycling-Verfahrens fand zu einem spannenden Zeitpunkt statt. Denn sowohl in der Industrie als auch im Haushalt werden Leuchtstofflampen inzwischen flächendeckend von effizienteren LED-Leuchtmitteln ersetzt. Da die Nachfrage an Leuchtstoffmitteln dadurch sinkt, war ein Recycling über herkömmliche Verfahren für die meisten Unternehmen bisher nicht wirtschaftlich.

Eric Schelter, ein US-amerikanischer Professor für Chemie, sieht im neuen Verfahren einen weiteren Vorteil. Denn die Ergebnisse der Studie könnten Forschende zu neuen Ansätzen im Recycling von Seltenerdmetallen inspirieren. Das Team von REEcover arbeitet inzwischen daran, auch weitere Seltenerdmetalle über ähnliche Trennverfahren zu recyceln. Dabei versuchen sie Neodym rückzugewinnen, das unter anderem in Kopfhörern, Lautsprechern und Mikrofonen eingesetzt wird.

Das Recycling von Europium über Tetrathiometallate zeigt insgesamt, dass die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft deutlich effizienter sein kann als die Neugewinnung von Rohstoffen aus der Natur – mit großen Entlastungen für Umwelt und Klima.

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